Donaueschinger Musiktage | Werke des Jahres 2021

Andile Khumalo: The Broken Mirrors of Time

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Werkkommentar von Scott Gleason

Mit The Broken Mirrors of Time reflektiert der südafrikanische Komponist Andile Khumalo lokale und globale Themen, von der Familie bis zum Staat, sowie gegenwärtige und vergangene Traumata, die alle in einzelnen Momenten komprimiert sind, die dem Zuhörer zur musikalischen, klanglichen und kritischen Reflexion vor Augen gehalten werden. Durch die Erzählung dieser genauen Untersuchungen zoomt das Stück in gegenwärtige Momente, die durch verschiedene musikalische Parameter definiert werden, wobei sich das musikalische Objekt durch Selbstkritik in oder nach jedem Moment verändert.

Khumalo präsentiert den Zuhörer*innen zunächst einen harmonischen Fokus. Nachdem sich die anfänglichen verschränkten Quinten, die durch Halbtonschritte und Tritoni (Es, E, B, B) getrennt sind, zeitlich ausgedehnt haben, werden reichere harmonische Spektren durch Klangfarben hörbar, die lange genug gehalten werden, damit das Bewusstsein die Gegenwart einholen kann. Diese Konzentration auf "Klang" wächst zu einer choralartigen Einheit im gesamten Ensemble. Während Einheiten die Vergangenheit absorbieren, indem sie die Gegenwart ausfüllen, versprechen sie utopische Zukünfte und geraten als solche in den folgenden Abschnitten des Stücks unter Druck. Der Hauptteil des Stücks wiederum zerstört dieses choralartige Objekt. Jede Stimme im Orchester wird ein bestimmter Prozess zugewiesen, den sie ausführen muss, um dies zu tun. Wir hören Punkte im Raum. Die Klänge sind kurz, verdichtet, aber gerade durch diese Momente beginnen wir, erkennbare melodische Strukturen zu hören. Damit das Ganze zum Klingen kommt, hat jeder Spieler eine bestimmte Rolle zu spielen. So legt Khumalo jeden Instrumentalpart auf einen erkennbaren afrikanischen Rhythmus fest, der bis zum Ende des Stücks bestehen bleibt.

Dennoch gerät die Aufmerksamkeit unter Druck. Das musikalische Objekt lenkt sich selbst ab. Es zerstört sich selbst von innen heraus, um sich für die äußere Präsentation zu erneuern. Während The Broken Mirrors of Time der Zukunft überdrüssig wird, indem es ihre (zeitlichen) Momente befragt, vertritt es die Überzeugung, dass die schenkende Natur der Zeit gerade durch diese Untersuchung von Vergangenheit und Gegenwart, diese Externalisierung ihrer Tiefen, das Soziale offenbaren kann.

English

Andile Khumalo's chamber orchestra piece, The Broken Mirrors of Time reflects on local and global issues – from the family to the state, as well as current and past traumas – all of which are compressed into individual moments which are held up to listeners for musical, sonic, and critical reflection. By narrating these close examinations the piece zooms into present moments, which are defined by the various musical parameters, with the musical object changing via self-critique in or after each moment.

Khumalo first presents listeners with a harmonic focus. After the initial interlaced fifths separated by half-steps and tritones (E-flat, E, B-flat, B) expand temporally, we begin to hear richer harmonic spectra, via sonorities held long enough for consciousness to catch up to the present. This focus on "sound” grows to a kind of a chorale-like unity throughout the whole ensemble. While unities absorb the past by filling out the present, they promise utopian futures, and as such come under pressure in the piece's subsequent sections. The main section of the piece is obligated to destroy this chorale-like object. Each voice or orchestral family is given a particular process to enact in order that it may do so. We hear points in space. The sounds are short, condensed, but it is through these moments that we begin to hear recognizable melodic structures. In order for the whole to sound, each player has a specific role to play. Khumalo thus fixes each instrumental part to a recognizable African rhythm which persists until the end of the piece.

Nonetheless, attention comes under pressure. The musical object distracts itself. It destroys itself from within to renew itself for external presentation. While The Broken Mirrors of Time becomes weary of the future by interrogating its (temporal) moments, it holds the conviction that, through precisely this examination of the past and present, this externalization of its depths, the gift-giving nature of time can reveal the social.

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Autor/in
SWR