Donaueschinger Musiktage 2010 | Werkbeschreibung

Werke des Jahres 2010: "Ohne Ort und Jahr"

Stand
Autor/in
Oswald Egger

Das Hörstück ereignet sich-in-sich: als geraumes Ineinander von Vorgängen Wort für Wort: Gegenwarten ohne worteigene Begebenheit, welche – ebenbildlich nicht in einzelne Rollen isoliert – gleich und zugleich: trennen, teilen, Part für Part abspalten aber – Hand aufs Wort beides, unverursacht und unverhandelt – sich in sich verunsilben quasi und ins Offene verlieren.

Eine Reihe von Vorstellungen, unzusammen, d.i.: ununterbrochen, welche man über beide Ohren in Folge folglich bringen müsse, wenn endlich ein selbstordnendes Scharnier gefunden ist, ein ataktierendes, außerordentliches Prinzip fast, worum sich die Wortsätze wie Satzworte wechselständig (undurchdringend) um- und umtunneln: aber weniger, um der inneren Metrik des Amorphen zu gehorchen, als ihre impliziten Formen zu uneinsilbig zu verhören (d.i. verbindlich zu formulieren übers Ohr: ihre Ligaturen von Wort zu Wort).

Zwei Stimmen teilen sich einen Text, wobei dieser beinahe willkürlich zergliedert und neu zusammengestückt wirkt; in Wirklichkeit durchdringen sich beide: Anfang und Ende wechselständig (intermittierend), d.h. in jedem Zeitpunkt interferieren und untertunneln sich Wort für Wort und heben sich ungegenständlich auf (und wiegen sich) unumständlich, so dass zuletzt beide Sprechrollen den gesamten Text ganz gesprochen haben werden.

Das Stück gleicht mithin selbst eherhin einem Aggregat von Einwürfen und Zustandsformen als den direktiven Fäden eines strikten Geschehens. Die Partitur zum Text ist so beschaffen, dass vom einzelnen Part abgesehen werden kann bzw. lediglich "Herde" der Rede angegeben sind, dass beide Rollen partout zugeteilt oder eben auch von mehreren, je nach Maßgabe der Möglichkeiten, ausgesprochen werden konnten, dass eine Rolle auch in eine oder mehrere Sprecher aufgetrennt, zerstückelt wird oder mehrere Sprecher einen Part teilten in beständiger Partition, die mithin gesplittet oder auch mosaiziert wirkt.

Ob Monolog oder Dialog, ob Chor oder Rezitativ – man mag und wird die Sätze in Teile – einzelne Silben oder ganze Sentenzen – parzellieren, diese auch neu zusammenfügen, die Stücke in anderer Reihung, Wiederholung und Variation arrangieren, ich präzisiere: diese stetige Unfertigkeit spielt im Spiel zwischen Wort und Wort, allenthalben aber, wo auf ein offenes ein weiteres Wort schließt, diese Iliade von Silben: ein Wortsatz von Satzwörtern erzählt keine Handlung, sondern tut sie, Wörter, die dann (in sich bezirkt) fokussieren eine Stille, welche sich-in-sich versagt (aber anhält) und bleibte – irgendwie innenwändig – und verstummt.

Stand
Autor/in
Oswald Egger