Das Phänomen Barenboim
Daniel Barenboim ist Weltbürger und Pianist, Dirigent und Tangospieler, Vernetzer und Friedensstifter, Großvater, Lehrer, Philosoph, Genussmensch – kurz: ein Wunder. Geboren in Buenos Aires, zieht er mit 10 Jahren nach Israel und gilt da schon als Wunderkind am Klavier.
Er war das Glück für Chicago, London, Paris oder Bayreuth und er ist es seit über 30 Jahren für Berlin, seiner letzten Station wie er immer sagt.
Im Südwesten der Stadt wohnt er in einer eher unauffälligen Villa mit seiner Frau Elena Baschkirowa, einer Pianistin. Er hat zwei Söhne und Enkelkinder. In einen kleinen holzgetäfelten Raum mit Partituren an den Wänden zieht er sich zurück zum Studium, zum Zigarre-Rauchen und zum Nachdenken über Musik.
Unermüdlicher Initiator
Daniel Barenboims Beethoveneinspielungen sind so legendär wie seine Bruckner- und Mahlerzyklen, wie die Schubertsinfonien oder Klavierwerke, wie Brahms- oder Boulez-Dirigate und Einspielungen und viele andere.
Aber alle sind sich einig: Musiker*innen, Kritiker*innen, Expert*innen oder Weggefährt*innen, sie alle landen irgendwann bei einem Werk: Richard Wagners Tristan. Wagner und Barenboim: Sein Ring in Bayreuth, eine Offenbarung – sein Parsifal in Berlin bleibt unerreicht.
Barenboim und das West Eastern Divan Orchestra
Daniel Barenboim hat einige Jahre in Israel gelebt, er ist dem Land verbunden, aber er kritisiert die politischen Umstände im Umgang mit den Palästinensern.
Barenboim ist ein politischer Mensch. Da sitzt er oft zwischen den Stühlen. Auch deshalb hat er das West Eastern Divan Orchestra gegründet, in dem Araber und Israelis gemeinsam spielen. Ein Friedensprojekt, das weltweit bewundert wird.
Regelmäßig reist Barenboim mit dem WEDO, so die Abkürzung, durch die Welt. In der Berliner Waldbühne wird das West Eastern Divan Orchestra jedes Jahr im Sommer von 20.000 Fans gefeiert.
Kein Geburtstags-Dirigat
Aus gesundheitlichen Gründen kann er an seinem Geburtstag nicht in der Staatsoper musizieren. Daniel Barenboim ist zu krank, um aufzutreten. Er gibt zwar hin und wieder Masterclasses in der Barenboim-Said-Akademie, besucht auch mal eine Probe, aber neurologische Probleme quälen ihn. Die Ärzte haben ihm verboten, zu dirigieren. Somit konnte er sein Geburtstagsgeschenk nicht einlösen, Richard Wagners Ring des Nibelungen zu leiten.
In den vergangenen Jahren haben sich Musiker*innen über Barenboim in den Medien beschwert, er sei unduldsam und in der Führung manchmal unerträglich. Ein Sturm der medialen Entrüstung brach über Barenboim herein. Das hat ihm zugesetzt – Geschont hat er sich nie.
Aber dennoch: Freude hatte und hat er sehr oft. Er wird mit Familie und Freunden am 15. November seinen 80. Geburtstag feiern.