Noch bevor das neue Rammstein-Album auf dem Markt war, hatte es für einen Eklat gesorgt. Im Video zur Single-Auskopplung „Deutschland“ waren die Musiker als KZ-Häftlinge zu sehen, die auf ihre Hinrichtung warten. Es folgten wütende Proteste von Politikern und Verbänden und damit wohl genau das, was die Band mit dieser kalkuliert geschmacklosen Provokation bewirken wollte.
Geschmacklose Provokationen, aber keine Faschisten
Der Vorwurf, ob Rammstein eine rechte Band ist, ist so alt wie die Gruppe selbst. Und er zielt ins Leere. Die fünf Musiker pflegten optisch mitunter eine Ästhetik, die den Faschismus zitiert, aber das taten auch schon Punk- oder Heavy Metal-Bands. Sänger Till Lindemann hantierte in der Vergangenheit mit Reizworten wie „Blitzkrieg“ und „Heil“, allerdings nicht ohne das eine mit dem Fleischgewehr zu verbinden und das andere als „Waidmanns Heil“ aufzulösen. Das ist unbestritten künstlerische Freiheit.
Dass Rechte diese Band gut finden könnten, steht auf einem anderen Blatt. Rammstein selbst distanzieren sich nicht, sie erklären nichts, sie genügen sich als lärmende Provokationskünstler.
Das Video zum Lied „Deutschland“: Ein kalkulierter Eklat
Auch auf ihrem siebten Album wimmelt es wieder von solchen Ambivalenzen.
Der Song zum anstößigen Video etwa ist ein Exkurs durch die deutsche Geschichte. Und auch wenn das Wort Deutschland so skandiert wird, dass man unwillkürlich an rechte Randalierer denkt, macht sich Lindemann im Refrain eben nicht mit diesen gemein. Auf „Deutschland, Deine Liebe ist Fluch und Segen“ folgt die Zeile „Deutschland, meine Liebe kann ich Dir nicht geben“.
Überraschend klare kritische Positionen
Auch an anderer Stelle wird Lindemann ungewohnt konkret und kritisch. In „Zeig Dich“ singt er über die Macht der Kirche: „Verhütung – verboten! Vergnügen – verpönt!“ Und über deren Verfehlungen: „Aus Versehen - sich an Kindern vergehen“. Natürlich ist auch das brachial, aber damit typisch Rammstein.
Nach zehn Jahren Studiopause hat sich diese Band also nicht neu erfunden, sondern lediglich das bekannte Spiel mit den Zeichen erweitert und verfeinert.
Der Sound: Gewaltig, aber weniger brachial
Das Klangbild ist durchscheinender als früher, das Gitarrengeballer zurückhaltender, und Keyboarder Flake bekommt akustisch mehr Raum. Till Lindemann legt in seine trotz fortschreitendem Alter immer noch gewaltige Stimme erstaunlich viele Nuancen. Wenn er im Lied „Puppe“ mit überkippendem Diskant schreit: „Und dann reiß ich der Puppe denn Kopf ab“, dann ist das markerschütternd, aber eben auch: zum Schreien komisch.