Er ist jung und schwarz und er rebelliert gegen eine Gesellschaft, die ihm keine Chance lassen will. Wanja Mues liest James Baldwins aufwühlenden Erstlingsroman „Von dieser Welt“.
Es ist März 1935 und Johns vierzehnter Geburtstag. Ein Tag, der sein Leben von Grund auf erschüttern wird. Bei einer Messerstecherei wird sein jüngerer Bruder Roy schwer verletzt.
In der Reaktion der verzweifelten Eltern zeigt sich die Zerrissenheit der Familie in schonungsloser Klarheit. Mit einer Hellsichtigkeit, die einem religiösen Erweckungserlebnis gleicht, begreift John, dass er dem Schicksal, das ihm als Schwarzem Jungen in Harlem und Stiefsohn eines engstirnigen Baptistenpredigers nur die Wahl zwischen Bandenkrieg und religiösem Fanatismus lässt, entkommen muss, um zu überleben. In einer zutiefst rassistischen Gesellschaft kämpft er darum, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen.
Ein bedeutender amerikanischer Schriftstelller
James Baldwin, der 1924 in Harlem, New York, geboren wurde und 1987 in Südfrankreich starb, gelang mit seinem 1953 in den USA erschienenen Roman der literarische Durchbruch.
Heute gilt er als einer der bedeutendsten amerikanischen Schriftsteller.
Wie sein gesamtes Werk erzählt schon Baldwins Debüt davon, was es heißt, als Afroamerikaner in einer absoluten Diaspora zu leben, in der keine Heimat mehr existiert, weil die Herkunftslinien durchtrennt sind.
„Sein Werk lässt erahnen, wie es sich als Mensch lebt, der in der Zuschreibung anderer, die sich ihm überlegen wähnen, eine Abweichung darstellt – weil seine Haut schwarz ist statt weiß. Schwarz wie das Böse gegenüber einem weißhäutigen Gott“, schreibt Miriam Mandelkow, die Baldwins Roman ins Deutsche übersetzt hat.
Der richtige Ton für den ersten Roman
Baldwin hat lange um den richtigen Ton für seinen ersten Roman gerungen. Erst in Europa, in Distanz zu seiner Herkunftswelt, ist es ihm gelungen.
Seine Sprache entfaltet einen Rhythmus, der an ein Lied erinnert und einen ganz eigenen Sog entwickelt. Sie beinhaltet aber auch bewusst gesetzte rassistische Formulierungen, die Miriam Mandelkow in ihrer Übersetzung beibehalten hat, um dem Originaltext gerecht zu werden.
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Rezension von Alexander Wasner