Mode ohne Wegwerfen

Slow Fashion: Junge Modedesigner aus Rheinland-Pfalz setzen auf Nachhaltigkeit

Stand
Autor/in
Hannegret Kullmann
Hannegret  Kullmann, Autorin bei SWR Kultur
Onlinefassung
Dominic Konrad

Nicht nur zur Berliner Fashion Week: Wer in der Modebranche erfolgreich sein will, brandet sein Label als „nachhaltig“. Aber was steckt wirklich dahinter? Die Wiederverwertung von Materialien, langlebige Textilien und Schnitte oder faire Arbeitsbedingungen? Zwei junge Modedesigner aus Rheinland-Pfalz machen nachhaltige Mode mit ganz unterschiedlichen Ansätzen.

Nils Hauser bei der Preisverleihung des Redress-Award 2023 in Hongkong
Modedesign-Student Nils Hauser bei der Preisverleihung des Redress-Award 2023 in Hongkong. Der Preis zeichnet nachhaltige Design-Ideen aus.

Überraschungserfolg für Jungdesigner Nils Hauser

Als der angehende Modedesigner Nils Hauser im vergangenen Herbst den Redress Design Award 2023 gewann, konnte er es selbst kaum glauben. Der internationale Preis wird von einer NGO in Hongkong vergeben und zeichnet vielversprechende Talente im Bereich nachhaltiges Design aus. Ziel des Wettbewerbs ist es, das Recycling-Denken bereits im kreativen Prozess zu verankern.

Der 22-Jährige aus dem pfälzischen Kandel studiert am Fashion Design Institut in Düsseldorf. Er bekam den Award für seine Kollektion „Ex Voto“, für die er Upcycling-Materialien benutzt hat: etwa alte Sofabezüge und ein in die Jahre gekommenes Familienzelt. Schon als Schüler habe er Vintage-Kleidung selbst bemalt, sagt Nils Hauser. Dadurch sei er letztlich auf die Idee gekommen, Modedesign zu studieren.

Der Trierer Modedesign-Professor Dirk Wolfes über nachhaltige Mode:

Neue Quellen für wiederverwertbare Stoffe finden

Vom ersten Ausbildungstag an verfolgt Nils Hauser den Gedanken der Nachhaltigkeit. Momentan geschieht das noch im kleinen Stil, wenn er seine im Studium entworfenen Kollektionen an der Maschine näht und dafür Vintage-Stoffe wiederverwertet.

Nils Hauser bei der Preisverleihung des Redress-Award 2023 in Hongkong
(Noch) nicht massentauglich: Modedesign-Student Nils Hauser näht seine Kollektionen bislang selbst aus Upcycling-Materialien.

Doch Nils Hauser überlegt bereits, wie er künftig auch im größeren Stil an Recycling-Materialien herankommen könnte. Er denkt beispielsweise an die vielen Zelte, die nach Open-Air-Festivals achtlos zurückgelassen werden – in seinen Augen kein Abfall, sondern wertvolles Material.

Einen Job als Designer in der Modeindustrie kann sich Student Nils Hauser nicht vorstellen. Er träumt davon, nach dem Studium ein eigenes Label für nachhaltige Mode zu gründen. Dass man ökologisch und fair produzierte Kleidung bislang nicht preisgünstig herstellen und verkaufen kann, ist ihm bewusst. Ein großes Problem seien die verzerrten Preise auf dem Modemarkt, sagt er. Die Kundinnen und Kunden der großen Ketten hätten sich seit langem an die Billigware gewöhnt.

Modedesigner Nils Hauser zu Gast in der Landesschau Rheinland-Pfalz

Nachhaltiges Design ist für Daniela Johanni grundlegend

Die Modedesignerin Daniela Johanni hat die Idee vom eigenen nachhaltigen Label bereits umgesetzt. „NNI Studio“ heißt ihre Marke, unter der sie ihre Eigenkreationen produziert. Seit 2018 hat sie ein Atelier in Trier, wo sie Modedesign an der Hochschule studiert hat.

Nachhaltigkeit hat für sie viele Facetten. Der wichtigste Aspekt aber sei für sie das Design der Kleidung, sagt sie. Ihre Stücke sind deshalb klassisch geschnitten, unifarben und vielfältig kombinierbar.

Modedesignerin Daniela Johanni (Mitte) lässt ihre Kleidung ausschließlich in Deutschland fertigen
Modedesignerin Daniela Johanni (Mitte) lässt ihre Kleidung ausschließlich in Deutschland fertigen. Mit den Preisen der großen Modeketten kann sie nicht konkurrieren.

Daniela Johanni möchte, dass ihre Mode möglichst lange getragen wird, deshalb bietet sie einen Reparatur-Service an. Auch bei der Materialbeschaffung denkt die 34-Jährige nachhaltig: Um der Wegwerf-Mentalität in der Mode-Industrie entgegenzuwirken, kauft sie teilweise Stoffrollen aus Überhangproduktionen, auch wenn sie dafür manchmal Kompromisse beim Design eingehen muss.

Nachvollziehbarer Herstellungsprozess

Daniela Johanni legt Wert auf einen transparenten Produktionsprozess, über den sie ihre Kundinnen und Kunden auf ihrer Website informiert. Alle Teile ihrer Kollektion lässt sie in Deutschland fertigen, ihre Materialien stammen aus Europa.

Die Garne für ihre Strickwaren etwa kauft sie in Italien und lässt sie dann in einer Strickerei in der Nähe von Köln weiterverarbeiten. Alle Strickwaren sind nahtlos. Dadurch entfällt der Verschnitt beim Zuschneiden, so dass alle Garne komplett verstrickt werden.

Mode von Daniela Johanni
Langlebige, gut kombinierbare Kleidung ist für Daniela Johanni der wichtigste Aspekt der Nachhaltigkeit.

Seit 2019 hat Daniela Johanni neben ihrem Atelier auch einen eigenen Showroom in Trier. Vor allem in der Anfangszeit erhielt sie Unterstützung von ihrer Mutter, die Textildesignerin ist. Was als Ein-Frau-Betrieb begonnen hat, ist stetig gewachsen: Mittlerweile hat Daniela Johanni neun Angestellte. Dass dadurch auch finanzieller Druck entsteht, gibt sie offen zu. Doch nach wie vor ist sie überzeugt von ihrer Mission: Sie will einen Beitrag leisten zum dringend notwendigen Wandel in der Modeindustrie.

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