In der politischen Landschaft der USA ist Kamala Harris eine absolute Ausnahmeerscheinung: Sie ist „Person of Color“ mit indischen und jamaikanischen Wurzeln und hat sich als erste schwarze Frau bis an die Spitze der Nation hochgearbeitet. Ihre Eltern, beide renommierte Wissenschaftler, waren in die Staaten eingewandert.
Von der Anwaltsassistentin zur Vizepräsidentin
Dabei war die Karriere von Harris lange nichts besonderes: Nach ihrem Jurastudium – zuvor studierte Harris auch Wirtschafts- und Politikwissenschaften – arbeitet sie ab 1990 zehn Jahre lang als Assistentin zweier kalifornischer Bezirksanwälte, dann drei Jahre derselbe Job für den kalifornischen Staatsanwalt.
Erst 2003 kommt Harris‘ Karriere in Bewegung, als sie die Wahl zur Bezirksstaatsanwältin gewinnt und dann 2010 ohne echte Gegner die Staatsanwältin Kaliforniens wird. 2016 kandidiert die Demokratin dann mit Erfolg für den Senat und bewirbt sich 2020 als Präsidentschaftskandidatin.
Eine makellose Karriere, von Kalkül geprägt
Kamala Harris hat, das darf so festgehalten werden, das politische System der USA als gleich mehrfache Außenseiterin erfolgreich durchgespielt. Sie hat dabei oft klug taktiert und sich von ihren früheren Entscheidungen und Gesetzen distanziert, wenn die ihr gefährlich werden konnten.
Nur ob das bei dieser Wahl ausreicht? Harris steht als Liberale nicht nur für Chancengleichheit, Frauenrechte, Umweltschutz und Fortschritt – also alles, was den MAGA-Anhängern unter Trump als politisch korrekt, unheilig und zutiefst verabscheuungswürdig gilt.
Eine Anwältin, welcher der Ruf einer Karrieristin anhängt
Harris steht auch für das gebildete Amerika: für eine Elite, deren Machtanspruch sich schon allein aus ihrer intellektuellen Überlegenheit ergibt. Sie konnte in ihrer Amtszeit als Vizepräsidentin bisher kaum an Profil gewinnen, Gegner sprechen ihr die Menschlichkeit ab.
Ihre Fans dagegen feiern gerade jetzt wieder den wohl menschlichsten Moment der Kamala Harris – ihr Coconut-Tree-Zitat aus dem vergangenen Jahr:
Harris hatte dabei ihre Mutter zitiert und dabei auf sehr natürliche Art gelacht. Und solche Momente werden im Wahlkampf für sie jetzt die wichtigsten sein.
Sie ist keine Frau des Volkes
Es gibt von ihr wenig „Frau-des-Volkes“-Bilder. Keine Bilder vom Streetballturnier auf dem Kiez, keine eigenen Kinder, die zu ihrer Mutter aufschauen (was an sich natürlich auch keine Rolle spielen sollte). Wer sucht, findet einen einsamen Besuch bei einem College-Footballspiel und vor allem: Keine Bilder vom prachtvollen Gemüsegarten.
Michelle Obamas langer Schatten
Und beim Thema Gemüsegarten wird es Zeit, auf den Schatten von Kamala Harris zu kommen: Michelle Obama. Auch eine schwarze Frau, auch Anwältin. Beide Jahrgang 1964, Obama ist ein halbes Jahr älter als Harris und hat den Abschluss ein Jahr vor ihr gemacht.
Die Vergleiche liegen also nahe und werden dann auch schnell unfair, vor allem wenn Harris die Kinderlosigkeit zum Karriere-Vorwurf gemacht wird.
Falls Harris die Kandidatin der Demokraten werden sollte, wird sie also immer an den traumhaften Umfragewerten der ehemaligen First Lady gemessen werden: 50 Prozent hatte Obama bei einer Umfrage noch Anfang Juli 2024 erreicht.
Zum Vergleich: Harris liegt aktuell bei ca. 42 Prozent der potentiellen Wählerstimmen und damit etwa drei Punkte hinter Donald Trump. Es gilt also noch viele Sympathie-Punkte zu gewinnen bis zur Wahl am 5. November.
Und dafür muss sich Kamala Harris vielleicht nicht unbedingt der breiten amerikanischen (Sub-)Kultur der berüchtigten, wahlentscheidenden Swing-States anbiedern, in denen es übrigens wirtschaftlich immer noch düster aussieht und in denen Juristen gerne als Feindbilder dienen. Ganz um eine Charmeoffensive wird sie dort jedoch sicher nicht herumkommen.
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