Die UNESCO berät über einen Antrag, das Hebammenwesen zum immateriellen Weltkulturerbe zu erklären. Der Beruf müsse zurecht geschützt werden, erklärt Marita Metz-Becker, Kulturwissenschaftlerin und Autorin eines Buches zum „Wandel der Gebärkultur in Deutschland“. Freiberufliche Hebammen könnten die gestiegenen Versicherungsprämien nicht mehr zahlen. Es bestehe die „große Befürchtung, dass die außerklinische Geburtshilfe Schaden erleidet.“
Die Hebamme hatte traditionell ein hohes Ansehen
Der Beruf der Hebamme gründe sich auf Wissen, das über Jahrtausende weiter getragen wurde. „Früher ging eine junge Hebamme mit einer erfahrenen Hebamme mit – oft über fünf Jahre und mehr“. Der Beruf habe hohes Ansehen genossen, so Metz-Becker: „Die hatten einen eigenen Sitz in der Kirche, wie der Dorfvorsteher und der Pfarrer."
Hohe Versicherungsprämien bereiten Probleme
Aktuell ist der Hebammen-Beruf trotz einer Akademisierung stark durch hohe Versicherungsprämien, die freiberufliche Hebammen zahlen müssen, bedroht. Denn bei den Versicherungen in Vorleistung zu gehen, das könnten sich viele der Frauen nicht leisten.
Jedes dritte Kind kommt per Kaiserschnitt zur Welt
Den Wandel der Gebärkultur zeige die Tatsache, dass bis in die 1960er Jahre Hausgeburten die Regel waren. Aktuell kommt dagegen in Deutschland jedes dritte Kind per Kaiserschnitt zur Welt. „Exorbitant", nennt Metz – Becker diesen Trend und fragt: „Was ist das für eine Geburtskultur - wie können wir da wieder gegensteuern?"
Gegenbewegung der „sanften Geburt“ nur bedingt erfolgreich
Aus ihrer Sicht werde der Hebammen-Beruf so kaputt gespart. Die Kliniken hätten aufgerüstet, damit es persönlicher und heimeliger bei Krankenhaus-Geburten zugeht. Aber die Gegenbewegung der sanften Geburt, die vor allem aus Frankreich und England zu uns gekommen sei, habe nur einen Teilerfolg gebracht. „Es ist im Grunde nie diese alte Form zurückgekehrt", bilanziert Metz-Becker im Rückblick.
Marita Metz-Becker ist Professorin am Institut für Europäische Ethnologie und Kulturwissenschaft an der Philipps-Universität Marburg. Sie ist Autorin von „3 Generationen Hebammenalltag. Wandel der Gebärkultur in Deutschland.“