Am Donnerstagabend hat in Mandern das rheinland-pfälzische Umweltministerium über die Nachweise von Wölfen informiert. Möglicherweise gibt es ein Rudel in der Verbandsgemeinde Saarburg-Kell. Wir haben vorab mit dem zuständigen Referenten Peter Sound gesprochen:
SWR Aktuell: Herr Sound, wenn ich "Rudel" höre, denke ich an viele Tiere. Von wie vielen Wölfen sprechen wir derzeit im Hunsrück?
Peter Sound: Zunächst einmal haben wir drei Welpen nachgewiesen auf einem Video-Beleg. Das lässt mutmaßlich auf ein neues Rudel dort im Hunsrück zurückschließen. Also bewiesen ist das noch nicht. Wo Welpen sind, sind auch Elterntiere. Ein Wolfsrudel nennen wir das in dem Moment, wo ein Elternpaar Welpen hat.
Wolf fotografiert Wolf im Hunsrück gesichtet
Am Wochenende wurde ein Wolf im Nationalpark Hunsrück-Hochwald fotografiert. Es ist der erste Nachweis eines Wolfes im Nationalpark seit zwei Jahren.
SWR Aktuell: Was bedeutet das jetzt für mich, wenn ich dort z.B. Schafe halte?
Sound: Dann würde ich Ihnen raten, das KLUWO anzurufen, das Kompetenzzentrum Luchs und Wolf in Trippstadt. Und mich dort beraten zu lassen. Die Kolleginnen und Kollegen dort kommen auch gerne raus und zeigen, welche Maßnahmen durchgeführt werden müssen, damit ein Zaun wolfsabweisend ist. Zum Beispiel, dass er mindestens 90 Zentimeter hoch ist, besser noch 120 Zentimeter.
SWR Aktuell: Viele Tierhalter sind aufgebracht, wenn es um den Wolf geht. Niemand findet gerne gerissene und verletzte Tiere in seinem Gehege.
Sound: Also wir beobachten seit Jahren eine stark emotionalisierte Debatte. Wir versuchen dort vonseiten des Landes, aber auch von den Mitarbeitern, die draußen sind, immer auf strikte Sachlichkeit zu achten. Natürlich versuchen wir auf die Tierhalter einzugehen. So ein Übergriff (durch einen Wolf) ist schon etwas sehr Traumatisches. Andererseits haben wir natürlich aber auch den Schutzstatus des Wolfes im Blick. Und müssen das umsetzen.
SWR Aktuell: Wie kann es gelingen, die Bedürfnisse der Tierhalter und diesen Schutz überein zu bekommen?
Sound: Wenn Sie sich die Statistik angucken: 98,4 Prozent aller Übergriffe oder auch Ereignisse rund um den Wolf sind Wildtierrisse. Das heißt, bei nur 1,6 Prozent aller Risse, die nachgewiesen werden konnten, sind Nutztiere betroffen.
In meisten Fällen hält sich der Wolf an Rehwild, Wildschweine, Fallwild. Also auch Wild nach Verkehrsunfällen, was es zuhauf gibt. Insofern ist das Wild-Vorkommen in Deutschland gar kein Problem. Übergriffe auf Nutztiere sind eher Zufallsereignisse, die meistens sozusagen per Unfall passieren. Oder der Wolf kommt an einem ungeschützten Nutztier-Gatter vorbei und macht dann dementsprechend den Übergriff.
SWR Aktuell: Aber die Akzeptanz ist nicht überall da. Es gibt auch schon Forderungen nach Abschüssen.
Sound: Eine sachliche Debatte hilft. Der Wolf sucht sich immer die leichteste Beute. Und wir haben, um es mal ganz klar zu sagen, eine gigantische Überpopulation an Rehwild, und das kann er leicht erbeuten. Und auch der Wolf sucht den einfachen Weg. Er ist sozusagen Nahrungsopportunist. In Rumänien gibt es Untersuchungen, dass Wölfe sich auf Müllhalden aufhalten und sich dort ernähren, an fast leeren Dosen von z.B. Fertiggerichten bedienen. Er nimmt halt einfach das, was gerade da ist.
SWR Aktuell: Und dennoch hat die EU ja signalisiert, den Schutzstatus senken zu wollen.
Sound: Der Wolf wird perspektivisch gesehen ein Teil unserer Biodiversität bleiben. Das heißt, das Auseinandersetzen mit dem Herdenschutz ist alternativlos. Und auch solche Forderungen oder auch solche Hoffnungen, die mit einer EU-Statusänderung verbunden sind. Das ist eine Statusänderung, die nichts an der Tatsache ändern wird, dass der Wolf bleiben wird.
SWR Aktuell: Wie viele Wölfe sind nach Ihren Dokumentationen in Rheinland-Pfalz heimisch?
Sound: Die Welpen werden im ersten Jahr auf keinen Fall gezählt, weil die Sterblichkeit enorm hoch ist. Sie liegt weit über 50 Prozent. Außerdem werden die Welpen nach dem ersten Jahr von den Elterntieren verstoßen und sind dann quasi in ganz Europa unterwegs.
Schutz statt Schuss Mehr Wölfe in RLP: Kosten für Wolfsmanagement stark gestiegen
Seit 2012 gibt es in Rheinland-Pfalz wieder Wölfe. Der Erfolg für den Naturschutz ist zugleich eine Gefahr für Landwirte. Das Wolfsmanagement des Landes soll da helfen, wird aber immer teurer.
Wir haben in Rheinland-Pfalz bisher zwei nachgewiesene Rudel im Westerwald. Und wenn sich das dann bestätigt, im Hunsrück ein weiteres Rudel rund um den Nationalpark an der Grenze zum Saarland. Dementsprechend haben wir dann sechs residente Wölfe in Rheinland-Pfalz, also auch keine große Anzahl. Dazu kommen aber immer wieder durchziehende Wölfe. Davon haben wir in diesem Frühjahr mehrere Meldungen gehabt: Entweder waren es Nutztier-Übergriffe oder aber Nachweise an Wildtier-Rissen. Teilweise sind diese Wölfe nur ein einziges Mal festgestellt worden. Wo die verblieben sind, weiß kein Mensch.
Die Fragen stellte SWR-Redakteurin Dunja v. Morzé.