Die Trierer Künstlerin Coremy macht Musik-Comedy und besingt dabei mit viel Sarkasmus unrealistische Erwartungen an Frauen und Mädchen.

Weltfrauentag

Coremy: Mit Humor und Musik gegen Sexismus und Homophobie

Stand
Autor/in
Lena Bathge

Sie trägt ein Bandana im Haar, bunte Hemden und vor allem: Oberlippenbart. Die Trierer Musik-Comedy-Künstlerin Coremy nimmt kein Blatt vor den Mund.

Das Bandana ist weiß, das Hemd, das Coremy zu unserem Interview trägt, rosa mit einem Einhorn drauf. Die bunten Hemden sind ihr Markenzeichen. Der Oberlippenbart ist kein echter Schnauzer. Er ist vielmehr ein politisches Statement.

"Wir haben ein sehr wenig diverses Frauenbild in unserer Gesellschaft. Es werden Sachen propagiert, die einfach nicht real sind", erzählt die 23-Jährige. "Niemand hat die perfekte Haut oder die perfekte Figur. Und ich finde es ätzend, dass Frauen immer noch vorgegaukelt wird, dass das unser Ziel im Leben sein sollte."

"Meine Beine zu rasieren, ist mir viel zu viel Arbeit"

Auch in ihren Songs nimmt Coremy mit viel Witz und Sarkasmus den gesellschaftlichen Zwang zum Rasieren der Beine auseinander. "Ich kann mich damit überhaupt nicht identifizieren", sagt sie und grinst dann breit. "Und außerdem ist es mir viel zu viel Arbeit." Von Männern erwarte niemand glatte, makellose Beine, warum also von ihr?

Es ist aber nicht nur das Aufbrechen vollkommen unrealistischer Erwartungen an Frauen und Mädchen, das ihr wichtig ist. Sie setzt sich auch für die queere Gemeinschaft ein. In den Sozialen Medien, auf Instagram und TikTok macht sie keinen Hehl aus ihrer eigenen sexuellen Orientierung.

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Coming Out als Teenager

"Die Bilder und Stereotype, die einem eine heteronormative Gesellschaft beigebracht hat, wieder loszuwerden, das ist eine ganz schöne Hirnleistung", sagt Coremy über ihr Coming Out. Zwangsläufig setzt sie sich zu dieser Zeit mit dem gesellschaftlichen Frauenbild auseinander. Sie fragt sich, ob es da noch einen anderen Weg gibt.

"Ich will mit dem, was ich heute mache, jüngeren Menschen zeigen, dass es vollkommen in Ordnung ist, nicht hetero zu sein.

Früher gab es noch nicht so viele Informationen online, die mir gesagt hätten: Es ist okay, lesbisch zu sein", meint Coremy rückblickend. Das will sie ändern. "Ich will mit dem, was ich heute mache, jüngeren Menschen zeigen, dass es vollkommen in Ordnung ist, nicht hetero zu sein.

Coremy ist queer, laut und sichtbar im Internet

Ihre Inhalte und ihre Botschaft verbreitet sie hauptsächlich in den Sozialen Medien. "Erst kommt die Idee und dann kommt das Format", meint Coremy. Nicht immer sei Musik das richtige Format. "Ich mache auch viele Sketche auf meinem TikTok-Account. Ich folge da der Idee und schaue dann, welches Format dazu passt.

Musikalische Frühförderung im Mutterleib

Meine Mutter ist auch Musikerin und hat während der Schwangerschaft immer gesungen", erzählt Coremy. Ihre Mutter nimmt sie und ihren Bruder später mit zu den Chorproben, die sie leitet. "So hat sie sich einen Babysitter gespart", meint Coremy lachend. Beide Kinder erlernen Instrumente. Musikproduktion bringt sie sich als Teenager allerdings selbst bei - auf einem alten Laptop, den sie von ihrem Opa geerbt hat.

Kein Plan nach dem Abitur

Coremy wird in Trier geboren, wächst aber in München auf. Nach dem Abitur wusste sie nicht, was sie machen sollte.: "Meine Mutter meinte dann irgendwann, wenn du eh nicht weißt, was du machen willst, kannst du dann nicht nach Trier ziehen und dort nicht wissen, was du willst?" Zu dieser Zeit planten ihre Eltern selbst auch zurück an die Mosel zu ziehen, fügt Coremy mit einem Schmunzeln hinzu. In Trier habe sie dann einen Studiengang an der Hochschule entdeckt, der sie interessiert habe und damit sei es vorbei gewesen mit dem Nichtstun.

Bewerbung für den Eurovision Song Contest

Von Nichtstun kann auch in den letzten Wochen und Monaten keine Rede gewesen sein, denn Coremy hat sich mit einem Song beim deutschen Vorentscheid für den Eurovision Song Contest beworben. Natürlich durften dabei die für sie typische Selbstironie und der beißende Sarkasmus nicht fehlen. "Ich habe mich einfach gefragt: Was macht Deutschland beim ESC aus?", so die 23-Jährige. Auf ihrem Gesicht breitet sich ein Grinsen aus, der Schalk sitzt ihr im Nacken. "Und das Ergebnis war: Dass wir einfach immer verlieren. Also habe ich mir gedacht, warum stehen wir nicht einfach dazu?"

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"Wir werden Letzter" reicht nicht für den Vorentscheid

So entstand ihr Song "Wir werden Letzter", dessen Strophen und Refrain "zero points for Germany" einfordern. Für den Vorentscheid hat es am Ende nicht gereicht. Ist Deutschland einfach zu verstaubt, für so viel Selbstironie, will ich wissen. "Es wird den Deutschen ja nachgesagt, dass wir nicht lustig wären. Aber das glaube ich nicht", meint Coremy. Der Beweis dafür: Die Internetgemeinschaft feiert ihren Song. Es ist dann doch eher das ESC-Gremium, das ein bisschen angestaubt ist, vermutet die 23-Jährige.

"Ich mache Kunst und manche Menschen verstehen das einfach nicht."

Angestaubt, das sind auch manche Reaktionen auf ihre Botschaft. "Ich mache Kunst und manche Menschen verstehen das einfach nicht", erklärt Coremy. Kritik an ihren Songs oder an ihrer Person sei zwar im Augenblick noch selten, komme aber vor. "Im Netz hat man es nochmal direkt vor Augen, was Leute sagen. Manches geht dagegen, dass ich eine Frau bin. Für manche ist es nicht cool, dass ich lesbisch bin. Für andere sind es meine Körperhaare."

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Sind ihre Selbstironie und ihr Sarkasmus dahingehend nicht auch eine Art Rüstung gegen Hasskommentare? "In gewisser Weise schon. Niemand lässt sich gern belehren. Aber mit dieser Selbstinronie, dieser Überspitzung amüsiert es mich und im bestem Fall auch die anderen Menschen. Ich finde, Humor ist ein guter Weg, um mit solchen Stereotypen aufzuräumen, ohne mit dem Finger auf jemanden zu zeigen."

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