Die Diskussion im Stadtrat war teils kontrovers. Während ein Sprecher der Linken von einem längst überfälligen Schritt sprach, nannte ein AfD-Vertreter die Vorlage einen "ersten Schritt in Richtung Sozialismus". Aber auch die CDU im Stadtrat führte aus, dass die Beschlüsse zu weit führten. Sie wollte die Vorlage in den Ausschuss verweisen. Allerdings sprach sich die Mehrheit von Grünen und SPD für die Vorlage aus und so kam die Satzung, die "Zweckentfremdung" von Wohnraum ab nächstem Jahr untersagen soll, mit 28 Ja- und 20 Neinstimmen durch.
Vermieter sehen Beschluss kritisch
Wolfgang Göbel vermietet seit zwanzig Jahren Ferienwohnungen in Trier. Unzählige Touristen haben sich in seinen neun Appartements in der Innenstadt die Klinke in die Hand gegeben. Gestört hat das lange niemanden. Doch der Wind hat sich gedreht.
Seit Wohnraum in Trier knapp und teuer geworden ist, sind Ferienwohnungen zum Politikum geworden. Der Stadtrat hat am Donnerstag dagegen gestimmt, dass noch weitere Wohnungen als Ferienwohnungen an Urlauber vermietet werden dürfen. Zumindest dürfen diese nicht mehr als 12 Wochen im Jahr als solche genutzt werden.
Wer seine Ferienwohnungen angemeldet hat, hat nichts zu befürchten. Ein Wohnhaus in ein neues Urlaubsdomizil zu verwandeln, wäre aber künftig tabu. Da der Rat die vorgeschlagene Zweckentfremdungssatzung beschlossen hat, müssen Eigentümer unter anderem damit rechnen, dass die Bauaufsicht anklopft. Bei Verstößen könnten Geldstrafen bis 50.000 Euro fällig werden.
Vermieter sehen sich in Freiheit eingeschränkt
Vermieter Wolfgang Göbel hat dafür wenig Verständnis. Natürlich sei der Wohnraum in Trier umkämpft. Dennoch ärgert es den Mann aus Weiskirchen im Saarland, "dass da über die Köpfe der Leute hinweg über deren Besitz entschieden wird."
Hauseigentümer kritisieren Verbot als Symbolpolitik
Ähnlich sieht es Ralf Glandien. Der Rechtsanwalt ist Vorsitzender des Trierer Vereins Haus & Grund, in dem rund 5.000 Wohnungs- und Hauseigentümer organisiert sind. Er hat eine klare Meinung zu der Satzung: "Wir halten von diesem Eingriff ins Privateigentum nichts."
Glandien glaubt zudem, dass es sich bei dem Verbot neuer Ferienwohnungen um Symbolpolitik handelt. Die Wohnungsnot in Trier werde die Satzung nicht lösen, ist sich der Anwalt sicher: "Ich glaube nicht, dass das in Trier das große Thema ist."
Statt mit Verboten zu hantieren, sollte die Stadt seiner Meinung nach lieber den Bau neuer Wohnungen fördern. Potential sieht er zum Beispiel in der Fußgängerzone, wo immer mehr Geschäfte leerstehen.
Straßenzüge werden zu Touristenmeilen
Auch Städte wie Mainz, Tübingen und Mannheim gehen inzwischen gegen Ferienwohnungen vor. Rechtssicherheit geben ein Landesgesetz und ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes.
Der Hintergrund ist der Boom von Portalen wie Airbnb in den bei Touristen beliebten Großstädten wie Barcelona oder Venedig. Dort sind inzwischen ganze Straßenzüge zu Urlaubsmeilen geworden.
Während auf Portalen für Immobilien immer weniger Wohnungen auftauchen, kommen ständig neue Inserate auf Reiseplattformen hinzu. Die Folge sind steigende Mieten, das belegt eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Auch in Trier sind seit 2016 die Mieten um mehr als ein Drittel gestiegen. Das macht die Moselstadt nach Mainz zur zweitteuersten in Rheinland-Pfalz.
Mehrheit für die Satzung im Stadtrat
Die Nähe zu Luxemburg verschärft die Situation, das weiß auch die Politik. "Die Satzung allein wird uns nicht retten. Aber die Zweckentfremdung einzuschränken, ist zumindest ein Baustein, um die Wohnungsnot zu bekämpfen", sagt Monika Berger, sozialpolitische Sprecherin der Trierer SPD.
Die Sozialdemokraten haben das Thema schon vor eineinhalb Jahren auf die Agenda des Stadtrats gesetzt. Solange hat die Verwaltung gebraucht, um eine rechtssichere Satzung zu erarbeiten. Berger verteidigt diese im Stadtrat. Denn die Wohnungsnot habe sich in Trier weiter verschärft.
Hohe Strafen bei Zweckentfremdung
Wolfgang Göbel muss dennoch nicht um seine Ferienwohnungen in der Innenstadt bangen. Denn bestehende Appartements berührt die Satzung nicht. Und Göbel will sich mit seinen mehr als 60 Jahren ohnehin bald zur Ruhe setzen. Auch wegen der Politik, die die Geschäfte nicht leichter mache, wie er sagt.
Mit einer Zweckentfremdungssatzung habe sich der Saarländer bereits in Berlin auseinandersetzen müssen, erzählt er: "Die sind richtig rabiat vorgegangen, haben auch horrende Strafen angedroht." Noch einmal erleben will er das nicht.