Die Stadtbürgermeisterin von Hermeskeil, Lena Weber, wird regelmäßig im Internet beleidigt.

Anfeindungen und Hetze

Hass gegen Politiker: Wie die Hermeskeiler Stadtbürgermeisterin beleidigt wird

Stand

Die Stadtbürgermeisterin von Hermeskeil, Lena Weber (SPD), bekommt immer wieder Anfeindungen im Internet. Im SWR-Interview erzählt sie, wie sie damit umgeht.

SWR Aktuell: Kommunalpolitikerinnen und -politiker haben es oft nicht leicht. Jeder Zweite gibt an, schon einmal bedroht, beleidigt oder sogar angegriffen worden zu sein. Frau Weber, was haben Sie schon alles erlebt?

Lena Weber: Die Palette wird jede Woche etwas größer. Das fängt natürlich an bei den Kommentaren im Netz, denen man da ausgesetzt ist.

Oder auch unter Beiträgen, die man nicht direkt sieht. Die sind dann nochmal mit einem ganz anderen Ton versehen. Beispielsweise während der Corona-Pandemie: "Die soll doch an dem Impfstoff verrecken" oder "Die brauchen wir doch nicht." Und noch mehr solcher Sachen.

"Da kommt sowas wie: Du hast doch keine Ahnung. Du bist doch viel zu jung."

Das ist das eine und das andere ist, wenn ich dann morgens auf dem Weg zur Arbeit feststellen muss, dass der Reifen meines Autos platt ist. Das ist leider schon häufiger passiert.

Die 28-jährige Lena Weber (SPD) ist in Hermeskeil zur Stadtbürgermeisterin gewählt worden
Lena Weber (31) ist seit drei Jahren Stadtbürgermeisterin in Hermeskeil.

Eingeworfene Scheibe am Auto

SWR Aktuell: Wie gehen Sie damit um? Rufen Sie die Polizei?

Weber: Anfangs habe ich das noch gemacht. Irgendwann ist das aber nur noch müßig, weil es findet sich dann ja auch keiner. Ich hatte auch mal eine eingeworfene Scheibe am Auto oder den Scheibenwischer abgebrochen. Das sind dann immer so ärgerliche Dinge. Aber was dagegen machen kann ich auch nicht.

SWR Aktuell: Das Landeskriminalamt hat vor einigen Jahren eine Telefonhotline für Mandatsträger eingerichtet und eine Broschüre mit Sicherheitstipps veröffentlicht. Hat Ihnen das geholfen?

Weber: Diese Hotline habe ich noch nicht genutzt. Mein erster Ansprechpartner ist da das Netzwerk "Junge BürgermeisterInnen". Das ist ein bundesweites Netzwerk, auch parteiübergreifend. Dort kennt man sich und tauscht sich mit den Kolleginnen und Kollegen aus.

Man muss leider feststellen, was da bei vielen schon etwas vorgefallen ist. Da kann man nur den Kopf schütteln, was da in so manchem Bürger oder so mancher Bürgerin vorgeht, zu solchen Mitteln zu greifen.

SWR2 Forum Beschimpft, bedroht, beleidigt - Wer schützt uns vor dem Hass im Netz?

Es diskutieren:
Jagoda Marinic, Schriftstellerin, Heidelberg
Prof. Dr. Bernhard Pörksen, Medienwissenschaftler, Universität Tübingen
Dr. Jan Christian Sahl, Jurist und Mitbegründer von "HateAid", Berlin
Gesprächsleitung: Doris Maull

SWR2 Forum SWR2

SWR Aktuell: Aber mit Kopfschütteln ist es da doch irgendwie nicht getan. Müsste da nicht mal was passieren?

Lena Weber: Ja, gut, was soll denn passieren? Irgendwann wird man dann auch müde. Und man ärgert sich halt.

"Irgendwann ist es dann auch was Normales, was man dann irgendwie annimmt."

Viel schlimmer ist es für die eigene Familie, wenn die mitbekommt, dass da bei Facebook gestänkert wurde. Es bekommen auch viele Bürgerinnen und Bürger mit. Und da wird man dann auf der Straße angesprochen: "Guck mal Lena, da wird wieder diskutiert." Ich denke mir dann: Es ist ja schön, dass du mitliest, aber du könntest dich ja mal dazu äußern.

Mehr Unterstützung von Bürgerinnen und Bürgern gefordert

SWR Aktuell: Würden Sie sich wünschen, dass die Bürgerinnen und Bürger, die nicht solche Kommentare schreiben, sich im Umkehrschluss für Sie und die anderen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister einsetzen?

Weber: Ja, denn die breite Masse der Bürgerinnen und Bürger ist relativ zufrieden mit dem, was man macht. Aber die sind halt auch sehr ruhig. Obwohl ich mittlerweile auch feststellen muss, dass sich der ein oder andere mal zu Wort meldet und mir den Rücken stärkt.

Das ist schon ein Trend, den ich jetzt zunehmend verspüre, dass da immer mehr Leute auch mal Gegenrede halten bei diesen Hassnachrichten.

SWR Aktuell: Wenn nun jemand auf Sie zukommt und sagt, er oder sie würde sich auch gerne als Bürgermeisterin aufstellen lassen. Würden Sie zu- oder abraten?

Weber: Prinzipiell freue ich mich über jeden, der sich da einbringen und engagieren möchte, weil der Nachwuchs wächst nicht auf den Bäumen. Aber ich würde da vorher noch das ein oder andere Gespräch führen, um da dem- oder derjenigen klarzumachen, was man damit einkauft, wenn man so ein Amt bekleidet. Ich glaube, vielen ist gar nicht bewusst, was da alles mit dazugehört.

Ich habe mir mittlerweile ein Teflon-Cape angelegt, wo das ein oder andere mittlerweile ganz charmant abperlt. Aber es ist halt nicht immer so einfach. Man ist auch ständig unter Beobachtung. Man ist immer präsent und man wird immer gesehen. Das muss man wissen. Man ist 24 Stunden am Tag Bürgermeisterin.

"Aber ich bin gerne Bürgermeisterin. Denn ich bin Vollblut-Hermeskeilerin. Und ich bin auch stolz darauf, dass ich das Vertrauen von den Bürgerinnen und Bürgern bekomme."

Stand
Autor/in
SWR