Immer mehr Menschen von Obdachlosigkeit bedroht

Obdachlosenhilfe in Trier am Limit

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Autor/in
Frederik Herrmann

Die Plätze in den Notunterkünften in Trier sind bereits seit dem Sommer voll belegt. Experten erwarten, dass in den kommenden Wochen der Bedarf nach Hilfe weiter steigt.

Spätfolgen der Corona-Pandemie, Inflation und steigende Energiepreise: Verschiedene Krisen werfen immer mehr Menschen aus der Bahn. Wer gar nichts mehr hat, findet zumindest in einer der Notunterkünfte in Trier ein Dach über dem Kopf. Doch die Kapazitäten sind bereits jetzt schon ausgeschöpft. Die Lage könnte sich noch weiter zuspitzen.

Die Auswirkungen von Nebenkostenabrechnungen und nicht gezahlten Mieten zeigen sich erst im Frühjahr

Der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) hilft Frauen in Not. Regina Bergmann, die Leiterin der Einrichtung befürchtet, dass der Bedarf an Beratung und Unterstützung im Frühjahr noch einmal dramatisch ansteigen könnte. Hohe Energiekosten seien gerade ein großes Thema. Nach den Nebenkostenabrechnungen im Frühjahr könnten viele Menschen in finanzielle Schwierigkeiten geraten, so Bergmann. Sie befürchtet, dass dies bei manchen auch in der Obdachlosigkeit enden könnte.

Sie erzählt von einer jungen Frau mit der sie schon länger in Kontakt ist. Ihre Eltern haben sie als Jugendliche vor die Türe gesetzt, fortan lebte sie auf der Straße und kämpft mit psychischen Problemen. Über den SkF fand sie eine Unterkunft in einer Wohngruppe für obdachlose Frauen. Irgendwann schaffte sie den Sprung raus, fand eine eigene Wohnung, heiratete und bekam Kinder. Jetzt ist sie wieder auf die Beratung von Regina Bergmann und ihrem Team angewiesen, die ihr bei finanziellen Fragen sowie dem Ausfüllen von Anträgen helfen. Denn durch die hohen Energiepreise droht ihr jetzt wieder die Wohnungslosigkeit.

Die Plätze in den Notunterkünften in Trier sind bereits seit dem Sommer voll

Vier Einzelzimmer mit jeweils einem Bett stehen in der Notunterkunft des SkF für obdachlose Frauen bereit. Dort können sie übernachten, für einen dauerhaften Aufenthalt ist die Notunterkunft nicht gedacht. Oft werden aber noch zusätzliche Betten aufgestellt. Derzeit sei es so, dass meist 6-8 Frauen die Notunterkunft nutzen. Daneben gibt es in dem Gebäude zwei Bäder und einen kleinen Aufenthaltsraum mit Küche - keine Luxusunterkunft, meint Regina Bergmann, aber für die aktuelle Zahl der Besucherinnen sei es noch ganz angenehm.

"Wir haben immer mehr obdachlose Frauen, die Hilfe brauchen, unseren Rat suchen oder die Unterkunft beanspruchen. Das ist eine Entwicklung die lässt sich nicht zurückdrehen und darauf müssen wir jetzt reagieren."

Betten Notunterkunft SkF
Wenn alle Betten belegt sind, werden zusätzliche Betten in den Zimmern oder im Aufenthaltsraum der Notunterkunft aufgestellt. Bild in Detailansicht öffnen
Notunterkunft SkF
Die Notunterkunft des Skf wurde 2019 frisch saniert. Sie befindet sich direkt neben dem Verwaltungsgebäude des Skf. Viele der Frauen mussten Gewalterfahrungen machen, deshalb ist es wichtig ihnen hier einen sicheren und geschützten Raum zu bieten, so Regina Bergmann - Geschäftsführerin des SkF. Bild in Detailansicht öffnen
Einzelzimmer der Notunterkunft
Vier Einzelzimmer mit je einem Bett bietet die Notunterkunft des SkF. Privatsphäre kann sie trotzdem selten bieten. Derzeit kommen täglich 6-8 Frauen. Dann müssen sich die Frauen ein Zimmer teilen. Bild in Detailansicht öffnen
Notunterkunft SkF
Küche und Aufenthaltsraum der Notunterkunft. Unter normalen Umständigen sei dies hier wie eine kleine WG. Hier können die Frauen auch mal etwas kochen oder zum Plaudern zusammenkommen. Bild in Detailansicht öffnen

Schwierig werde es aber, wenn mehr Frauen untergebracht werden müssen. Dann wird es eng. Für die kommenden Monate erwartet Bergmann einen Anstieg der Zahlen. Sie rechnet damit, 10-12 Frauen pro Nacht versorgen zu müssen.

Mit einer ähnlichen Situation hat auch Martin Hintz, Leiter des Benedikt-Labre-Hauses zu kämpfen. Dass gerade im Winter mehr Männer die Obdachloseneinrichtung besuchen, sei nicht ungewöhnlich. In diesem Jahr ist es jedoch so, dass bereits seit dem Sommer alle Plätze in der Notunterkunft täglich belegt sind, so Martin Hintz. Immer wieder betont Hintz, dass Gründe und Ursachen für Obdachlosigkeit sehr komplex seien.

Das Bendikt-Labre-Haus ist eigentlich seit dem Sommer von der Belegung her voll. (...) Die 23 Plätze, die wir haben, reichen im Moment gerade noch so aus. Wir befürchten aber eine weitere Zunahme an Menschen, die bei uns nach Obdach fragen in den nächsten Wochen und Monaten."

Seit einigen Jahren steige nämlich die Zahl psychischer Probleme, manche Menschen schaffen es dann nicht mehr, ihren Alltag zu strukturieren. Suchtproblematiken können auch eine Rolle spielen. Ob psychische Probleme und Sucht ausschlaggebend für die Obdachlosigkeit sind, könne so aber nicht gesagt werden, meint Hintz. Viel mehr handele es sich um eine Abwärtsspirale in der sich verschiedene Faktoren gegenseitig beeinflussen. Regina Bergmann sagt dazu, dass sie aktuell in der Beratung mit vielen sozialen Problemen jongliere und an manchen Tagen gar nicht mehr wisse, wo sie zuerst agieren solle.

Soziale Einrichtungen bauen ihre Aufnahmekapazitäten aus

Damit auch in den kommenden Wochen und Monaten, wenn noch mehr Menschen in die Notunterkünfte kommen, ausreichend Plätze vorhanden sind, sollen jetzt auf dem Gelände des SkF Container aufgestellt werden.

Zwei Container für jeweils zwei Personen mit Fenstern und fließend warmen und kaltem Wasser sowie Toilette sollen kommen. Der erste soll so schnell wie möglich aufgebaut werden, sagt Regina Bergmann. Ende Dezember könnte er schon stehen und die ersten Frauen könnten die zusätzliche Notunterkunft dann nutzen. Bei Bedarf soll ein weiterer Container angemietet werden. Die Menschen sollen hier nämlich menschenwürdig untergebracht werden, betont Bergmann. Die Kosten für das Projekt wären für den SkF alleine nicht zu stemmen. Man habe deshalb schon früh bei der Stadt nach Unterstützung gefragt. Die Signale sind positiv, so Bergmann, man versuche aber parallel dazu auch Spenden zu sammeln.

Baupläne für die Container-Notunterkunft auf dem gelände des SkF in Trier.
Die Container sollen direkt auf das Gelände des SkF kommen. Neben der Notunterkunft wurde dafür eine Baugenehmigung beantragt. Die Bebauungspläne liegen schon vor. Regina Bergmann hofft, dass es bald los gehen kann.

Auch das Benedikt-Labre-Haus muss dringend seine Kapazitäten erweitern. Um der hohen Nachfrage gerecht zu werden, sieht sich Hintz gezwungen, das Heim umzustrukturieren und mehr Plätze im Haus zu schaffen. Zudem wurden in der Vergangenheit immer wieder Notlager eingerichtet. Das sei aber nicht zufriedenstellend. So ein Notlager bedeutet nämlich nichts mehr als eine dünne Schaumstoffmatratze auf dem Boden. "Das ist nicht die Art und Weise wie wir Menschen versorgen wollen", so Hintz.

"Wir brauchen dringend weitere Ausweichplätze, in denen wir Menschen versorgen können, die wir im Hause nicht mehr beherbergen können. Wir sind da bereits in einem engen Austausch mit der Kommune Trier und hoffen, dass die Plätze, die wir da gemeinsam ins Auge gefasst haben in den nächsten Tagen bereit stehen."

Über Container habe man sich im Benedikt-Labre-Haus auch schon Gedanken gemacht. Leider fehle direkt auf dem Gelände des Benedikt-Labre-Hauses der Platz, um sie aufzustellen. Man suche deshalb gemeinsam mit der Stadt nach einem geeigneten Ort. Auch andere Ideen werden diskutiert. Da würden auch nur noch Kleinigkeiten fehlen, dann könnten vier Wohnungen für obdachlose Menschen bereitgestellt werden. Wann genau diese kommen, kann Hintz jedoch noch nicht sagen. Er hofft: "So schnell wie möglich." Ob das ausreicht, um die Obdachloseneinrichtung ausreichend zu entlasten, um alle Menschen, die diesen Winter eine Notunterkunft suchen, zu versorgen, kann er nicht sagen. Rheinhold Bittner von der Caritas ist aber zuversichtlich. Er sagt: "Wir haben den Eindruck, alle versorgen zu können, sofern das mit den Containern klappt."

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Das Leben auf der Straße ist mühsam, gefährlich, bietet kaum Perspektiven für junge Wohnungslose. Oft kommt die richtige Hilfe nicht an. Mit 18 Jahren fallen viele durchs Raster. Von Sonja Ernst und Christine Werner (SWR 2022)

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