Leuchtend gelbe Blüten und sattgrüne, herzförmige Blätter – so sieht die durchwachsene Silphie-Pflanze im Sommer aus. Bis zu drei Meter hoch ist sie auch auf der über 100 Hektar großen Fläche der Landwirte Edwin und Hermann Kesseler in Lutzerath gewachsen. Mitte September wurde die Silphie geerntet. Schon seit rund vier Jahren setzen die Brüder aus der Eifel auf die Energiepflanze. Damit sich der Anbau aber auch wirtschaftlich lohnt, nutzen sie die Silphie nicht nur zur Biogasgewinnung.
Silphie-Faser als Torfersatz
Denn nach dem Einsatz in der Biogasanlage kann die Pflanze sogar noch einmal verwertet werden. Aus den Fasern der Pflanze stellen die Kesselers einen umweltfreundlichen Torfersatz her. Dieser wird als Boden zur Züchtung anderer Pflanzen verkauft.
Bisher würde sich der Anbau finanziell nur mit dieser Zweitverwertung lohnen, sagt Edwin Kesseler. Das liegt daran, dass im Mais mehr Energie steckt als in der durchwachsenen Silphie. Denn sie liefert im Vergleich zu Mais rund 30 Prozent weniger Gas. Um den gleichen Energiegehalt wie mit Mais zu erzeugen, bräuchte es also eine größere Fläche für die durchwachsene Silphie.
Ein Grund, warum viele Landwirte der Silphie noch keine Chance geben, sagt Herbert Netter, Sprecher des Bauern- und Winzerverbandes RLP-Nassau: "Ich brauche eine größere Fläche, um die gleiche Energie zu gewinnen und das ist natürlich ein gewaltiger Nachteil, weil das direkt im Geldbeutel zu spüren ist."
Silphie trotzt Trockenheit
Einen weiteren Vorteil sieht Edwin Kesseler darin, dass die Pflanze so robust ist und sie mit den Auswirkungen des Klimawandels besser klarkommt als der Mais.
Lange Trockenperioden, wie zum Beispiel in diesem Sommer, schaden dem Mais. Anders ist das bei der Silphie, sagt Kesseler. Durch das große Wurzelwerk speichere sie Nährstoffe und Wasser, sodass sie längere Zeit bei Trockenperioden auskommt.
Noch wenig verbreitet, aber zukunftsweisend
Der Maisanbau war lange Zeit auch in Rheinland-Pfalz wichtig und ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen. Das wird sich wohl ändern, denn ab 2026 darf Mais gemäß dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) nur noch zu 30 Prozent für die Produktion von Biogas verwendet werden. Daher sind die Landwirte auf der Suche nach Alternativen. Eine solche Alternative könnte die durchwachsene Silphie sein.
Bisher wird die durchwachsene Silphie nach Angaben des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau nur von wenigen Landwirten angebaut. Es handele sich um eine noch relativ neue Kultur, die sich in der Landwirtschaft erst noch etablieren müsse. Zudem gebe es derzeit kaum Förderprogramme, die den Anbau der Kultur erleichtern würden. Im Jahr der Aussaat ist die Pflanze sehr teuer. Ein finanzieller Vorteil ergibt sich erst nach mehreren Jahren. Einmal gepflanzt, wächst sie bis zu 15 Jahre ohne weitere Aussaat. Im Gegensatz zu Mais, der jedes Jahr neu ausgesät und aufwändig gepflegt werden muss, bleibt die Silphie stabil und benötigt nur eine minimale Bodenbearbeitung.
Pionierarbeit in der Region
Als einer der ersten Landwirte in der Region hat Rene Blum in Niederbettingen die durchwachsene Silphie für seine Biogasanlage angebaut. Sechs Jahre lang hat er eine Fläche von elf Hektar mit der Dauerkultur bepflanzt. Doch weil sein Verpächter starb und die Fläche an einen anderen Landwirt verkauft wurde, konnte er die Silphie nicht weiter kultivieren. Im nächsten Jahr will Rene Blum die Silphie aber wieder an anderer Stelle in der Region anbauen.
Silphie fördert Biodiversität
Die Kesselers möchten in Zukunft mehr Silphie anbauen - um daraus Biogas zu gewinnen und auch Torfersatz herzustellen, damit es sich auch wirtschaftlich lohnt. Aber die Brüder sehen noch einen anderen großen Vorteil. Stichwort: Artenvielfalt. Denn ihre gelben Blüten locken zahlreiche Insekten wie Bienen und Schwebfliegen, Spinnenarten und Schmetterlinge an. Und in ihrem Boden fühlen sich vor allem Regenwürmer wohl.
Noch ist die durchwachsene Silphie eine Nischenpflanze. Aber sie wird weiter gezüchtet, um in Zukunft mehr Energie aus ihr zu gewinnen. Da sie ressourcenschonend und nachhaltig ist, könnte sie nach Ansicht von Experten mit der Zeit eine immer wichtigere Rolle in der Landwirtschaft spielen.