"Wir meinen, dass der Scharteberg kein Naturdenkmal ist", das waren die letzten Worte der Vorsitzenden Richterin am Dienstag am Oberverwaltungsgericht Koblenz, bevor sie die Verhandlung einer bergrechtlichen Berufung schloss. Ein Urteil wird in ein paar Wochen schriftlich nachgereicht, die Tendenz war damit aber klar.
Naturdenkmal auf der Kippe Lava-Abbau: Streit und Sorge um den Scharteberg in der Vulkaneifel
Eine Bergbaufirma will den Scharteberg in Kirchweiler abbaggern. Wird das erlaubt, stehen alle Naturdenkmäler in der Vulkaneifel auf dem Spiel, sind sich NABU und Kreis sicher.
Geklagt hatte eine Abbaufirma, die schon am Fuß des Schartebergs Lavagestein gewinnt. Mit dem Gestein werden zum Beispiel Sportstätten gebaut. Das Landesamt für Geologie und Bergbau hatte der Firma untersagt, die beiden Gipfel des 600.000 Jahre alten Schlackenkegels abzubaggern.
Grund: Der Gipfel des Schartebergs ist seit 1938 - nach einem Gesetz aus der NS-Zeit - als Naturdenkmal geschützt. Er darf also nicht beschädigt oder zerstört werden. 1948 wurde das dadurch ergänzt, dass der Scharteberg ab einer Höhe von 640 Metern geschützt wird - damit sind beide Spitzen tabu.
Durfte der Scharteberg als Naturdenkmal eingestuft werden?
Die Abbaufirma zweifelt aber an, dass der Scharteberg damals nach dem Gesetz überhaupt als Naturdenkmal eingestuft werden durfte. Ihre erste Klage gegen die Nebenverordnung des Landesamtes hatte das Verwaltungsgericht Trier abgelehnt. Denn es sah in dem Berg eine "klar abgegrenzte Einzelschöpfung", was er laut Gesetz sein muss.
Dass auch heute noch das Gesetz aus der NS-Zeit für den Scharteberg maßgeblich ist, daran zweifelt niemand. Die Vorsitzende Richterin am OVG Koblenz aber sagte am Dienstag, das Verwaltungsgericht Trier habe sie mit seinem Urteil nicht überzeugt.
Im Vorfeld habe sich das Gericht Rechtsprechung und Kommentare zum Thema Naturdenkmal angesehen und dort seien sich alle einig in der Bewertung, was ein Naturdenkmal ist: Zum Beispiel dürfte es nicht selbst eine Landschaft bilden, sondern müsse als abgrenzbares Einzelgebilde erkennbar sein. Andere Naturdenkmäler in der Vulkaneifel aus der NS-Zeit seien alle viel kleinere Objekte als der Scharteberg.
Klägerin und Beklagte sind einer Meinung
Auch die drei Vertreter des beklagten Landesamtes sagten am Dienstag zwar, man habe nicht die Fachkompetenz wie sie in anderen Behörden vorhanden sei und man sehe sich in der ganzen Sache auch eher als neutral an. Dennoch zweifle auch das Landesamt an, dass der Scharteberg als Naturdenkmal eingestuft werden durfte. Dass Klägerin und Beklagter einer Meinung sind - das war auch in der Verhandlung in erster Instanz schon so.
Das Argument, bei dem sie sich auch mit der Richterin einig waren: Die Höhenlinie von 640 Metern, die 1948 die Verordnung zum Scharteberg als Naturdenkmal ergänzte, sei nicht abgrenzbar und in der Landschaft nicht erkennbar. So sagte die Richterin: "Der Scharteberg mag schützenswert sein, aber nicht als Naturdenkmal. Vielleicht ist es die falsche Schutzkategorie."
Vertreter des Kreises sind sprachlos
Für den Kreis Vulkaneifel, der beim Prozess beigeladen war, sind diese Argumente unverständlich. Erstens, so die Vertreter des Kreises vor Gericht, sei der Scharteberg sehr wohl klar abgegrenzt und von allen Seiten so zu erkennen. Nicht nur die beiden Spitzen, sondern auch die Scharte dazwischen, die einst aus Lava entstand und die beiden Gipfel verbindet, würden sich klar aus der Umgebung abheben.
"Aus Sicht des Naturschutzes sind wir da sprachlos. Insbesondere, weil es für uns nicht nachvollziehbar ist, warum ein Berg in der Landschaft nicht räumlich abgrenzbar sein soll", sagte Hendrik Albrecht von der Unteren Naturschutzbehörde des Kreises anschließend dem SWR. In der Verhandlung waren seine Fotos des Berges mit den beiden Spitzen gezeigt worden.
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Zweitens habe es in der NS-Zeit nur zwei Schutzkategorien gegeben, das Naturdenkmal und das Naturschutzgebiet. Letzteres passe aber für den Scharteberg nicht, weil er keine einzigartige Flora und Fauna wie beispielsweise der Ernstberg habe. Als Berg, der aus einem Vulkan entstanden ist und zwei Gipfel hat, ist er für den Kreis aber dennoch schützenswert.
Und drittens sei zwar die Höhenlinie von 640 Metern für den Normalbürger vielleicht nicht als solche zu erkennen - das, worauf Gericht, Klägerin und Beklagte abzielten. Das sei in der Verordnung aber auch nicht als maßgeblich für die abgegrenzte Einzelschöpfung eingetragen. Sondern lediglich, um eine Grenze anzugeben, ab der eben nicht abgebaggert werden darf.
Landesamt vertritt Interessen des Bergbaus
Das Landesamt für Geologie und Bergbau kann die Kritik des Kreises nicht verstehen. Schließlich hätten die Vertreter des Kreises als Beigeladene eigene Anträge, zum Beispiel für weitere Beweise, stellen können, sagte der Leiter des Amtes, Andreas Tschauder, dem SWR. Das haben sie nicht gemacht.
Das Landesamt musste demnach die Anträge der Abbaufirma, den Scharteberg abzubaggern, ablehnen, weil zuvor der Kreis als Untere Naturschutzbehörde diese abgelehnt hatte. Bei einem solchen vereinfachten Verfahren könne das Landesamt nicht nur seine bergrechtliche Entscheidung treffen, sondern müsse alle Interessen in Einklang bringen.
Das Landesamt, so Tschauder, vertrete aber die Interessen des Bergbaus: "Wir vertreten nicht die Belange des Naturschutzes." Es gebe ein öffentliches Interesse am Lavaabbau, da der sicherstelle, dass Rohstoffe verfügbar sind. Das Landesamt würde es daher auch begrüßen, wenn das OVG Koblenz zugunsten der Abbaufirma entscheidet.
Wie geht es weiter?
Sollte es wirklich so kommen, dass das Oberverwaltungsgericht der Klage der Abbaufirma stattgibt, ist es unwahrscheinlich, dass es noch einmal zur Berufung kommt. Schließlich waren Landesamt und Klägerin am Dienstag auf der gleichen Seite.
Ein Vertreter des Kreises sagte aber schon während der Verhandlung: "Der Kreis wird den Berg nicht so einfach aufgeben." Man wird nun prüfen, ob der Scharteberg noch durch andere Gesetze davor geschützt ist, komplett abgebaggert zu werden.