Vor der zentralen Notaufnahme im Klinikum Mutterhaus der Borromäerinnen in Trier warten jede Menge Patienten. Eine Frau hustet lautstark, ein Mann klagt nach einem Fahrradsturz über Schmerzen und bei einem anderen Patienten gibt es den Verdacht auf eine Blinddarmentzündung.
Rund 22 Menschen warten gerade auf einen Arzt. Daniel Stefka, der Ärztliche Leiter der Notaufnahme, ist trotzdem entspannt.
Notaufnahme Trier: Rund 120 Patienten pro Tag
Aktuell sei es noch ruhig, sagt er. Richtig voll sei es erst, wenn rund 50 Patienten in den Gängen warten. Doch das kommt nach Angaben der Klinik immer häufiger vor. Die Patientenzahlen in der Notaufnahme steigen seit Jahren.
Waren es vergangenes Jahr noch rund 26.000 Menschen, die dort behandelt wurden, erwartet das Klinikum bis Ende des Jahres rund 30.000 Patienten.
Stefka: Nicht alles Fälle für Notaufnahme
Der überwiegende Teil seien Menschen mit wirklichen ernsthaften medizinischen Problemen, sagt Daniel Stefka. Sie kämen beispielsweise mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder nach schweren Unfällen.
Rund 20 Prozent davon seien jedoch Fälle, die nicht in die Notaufnahme gehörten. So gebe es immer wieder Leute, die sich mit Husten, Schnupfen, Heiserkeit, Durchfall oder kleineren Prellungen vorstellten.
"Wir sehen aber auch einige Patienten, die kommen, weil sie beispielsweise keinen Hausarzt haben oder keinen Facharzttermin bekommen", erzählt der Arzt.
Patienten werden mit Pieper gerufen
Gekümmert wird sich im Mutterhaus um jeden. Egal ob Notfall oder nicht, bestätigt auch Geschäftsführer Christian Sprenger. Doch die immer steigende Anzahl an Patienten in der Notaufnahme werde für sein Klinikum zur Herausforderung. Gerade an Feiertagen und in den Ferien, wenn viele Hausarztpraxen geschlossen sind, sei kaum genug Platz, um alle Wartenden unterzubringen.
Der Klinikchef setzt dann auf kreative Lösungen: "Wir arbeiten teilweise mit einem Buzzer-System, wie Sie es aus Restaurants kennen. Die Patienten werden damit per Pieper gerufen."
Lange Wartezeiten sorgen für schlechte Stimmung
Dazu kommt: Je länger die Wartezeit, desto aufgeheizter wird bei manchen Leuten die Stimmung, sagt Christian Sprenger. Denn in der Notaufnahme wird nach Dringlichkeit behandelt. "Die Triage macht es für manche schwierig zu verstehen, warum jemand, der erst eine Viertelstunde da ist, plötzlich dran ist, während andere stundenlang warten."
Personal wir angepöbelt oder bespuckt
Nicht selten käme es dann vor, dass Situationen eskalieren. Von verbalem Gepöbel über Bespucken bis hin zu körperlicher Gewalt habe sein Personal schon einiges einstecken müssen. "Natürlich sehen wir da eine Zunahme, es hält sich aber noch in Grenzen. Es ist aber in keiner Weise akzeptabel, selbst wenn es nur einmal im Jahr wäre."
Hausärzte am Limit Hausärztin aus Bitburg: Die Stimmung bei den Hausärzten ist angespannt
Wer einen neuen Hausarzt sucht, hat oft schlechte Karten. Auch in der Region Trier sind viele Hausarztpraxen überlastet. Und die Lage verschärft sich immer weiter.
Um die Belegschaft vor Übergriffen zu schützen, werden die Mitarbeiter speziell geschult. "Wir machen Deeskalationstrainings und haben einen Sicherheitsdienst in der Klinik. Und wir stehen auch zu 100 Prozent hinter unseren Mitarbeitern, wenn sie verbal und körperlich angegriffen werden", sagt der Klinikchef.
Zu wenig niedergelassene Ärzte in der Fläche
Doch warum sind die Notaufnahmen in der Region Trier überhaupt so voll? Das hat für Christian Sprenger einen ganz einfachen Grund. Seiner Ansicht nach gibt es einfach zu wenige niedergelassene Ärzte auf dem Land. Allein im Eifelkreis Bitburg-Prüm seien mehr als zehn Arztsitze unbesetzt, oft bliebe den Patienten daher nichts anderes übrig, als mit ihren Beschwerden ins Krankenhaus zu kommen.
"Ich hatte mal einen chirurgischen Lehrer, der gesagt hat, keiner geht gerne ins Krankenhaus", sagt Sprenger. "Das heißt, für die Betroffenen gibt es ja auch einen Grund oder eine Motivation, in die Klinik zu gehen und dort möglicherweise stundenlang darauf zu warten, dass sie behandelt werden."
Ambulante Gesundheitsversorgung muss besser werden
Christian Sprenger hat deshalb durchaus Verständnis für jeden, der in der Notaufnahme Hilfe sucht: "Ich halte nichts von Patienten-Bashing." Gleichzeitig sei jedoch jeder Mensch, der wegen einer Bagatelle ins Krankenhaus komme, einer zu viel. Einen Ausweg aus dem Dilemma sieht der Mediziner deshalb im Ausbau der ambulanten Gesundheitsversorgung.
"Eigentlich hat ein Krankenhaus nichts mit der ambulanten Versorgung zu tun, aber wir sehen natürlich auch insbesondere im ländlichen Raum eine Verpflichtung für eine regionale ambulante Versorgung."
Medizinische Versorgungszentren als Lösung?
Um die zu verbessern, setzt das Mutterhaus nach eigenen Angaben auf mehrere Maßnahmen. So soll am Viehmarkt beispielsweise ein medizinisches Versorgungszentrum entstehen, in dem mehrere Fachbereiche untergebracht werden sollen.
Eine Überlegung sei es, dort auch eine Anlaufstelle für Notfallpatienten zu schaffen, um direkt vor Ort entscheiden zu können, ob ein Aufenthalt im Krankenhaus notwendig sei oder ob die Behandlung ambulant erfolgen könne.
Health Krankenhausreform: Weniger Krankenhäuser, mehr Qualität?
Der Bundestag hat die Krankenhausreform beschlossen. Mit der Reform sollen Krankenhäuser finanziell entlastet werden.
In Wittlich habe man bereits ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) für den Fachbereich HNO (Hals-Nasen-Ohren) errichtet. Etwas Ähnliches sei in Kooperation mit der Marienhausgruppe in Bitburg geplant. Auch in Hermeskeil gebe es bereits Gespräche, um ein ambulantes medizinisches Angebot zu schaffen.
Keine schnelle Lösung in Sicht
Solche ambulanten Gesundheitszentren seien zwar nichts, dass man schnell und unkompliziert umsetzen könne, dennoch sei es eine vielversprechende Strategie, um den Menschen auf dem Land eine gesundheitliche Versorgung zu bieten und damit auch die Notaufnahmen zu entlasten.
Umdenken der Menschen erforderlich
Arzt Daniel Stefka und sein Team werden dort dennoch weiter die Stellung halten und jeden behandeln, der zu ihnen kommt. Neben einem besser ausgestatteten Gesundheitssystem wünscht sich der Mediziner aber vor allem ein Umdenken bei der Bevölkerung.
"Wir sehen immer wieder Patienten, die am Freitagabend um 17 Uhr kommen, um den Fachspezialisten XY zu sehen, wegen der Beschwerden, die sie seit drei Monaten haben." Für solche Fälle hat er kaum Verständnis.
"Man muss sich schon immer fragen, ob es tatsächlich rund um die Uhr nötig ist, medizinische Leistungen in Anspruch zu nehmen. Ich denke da vor allem ans Wochenende und die Nacht. Viele Dinge können auch warten."
Job in der Notaufnahme bleibt Herausforderung
Der Job in der Notaufnahme bleibt für Ärzte und Pflegepersonal herausfordernd. Kaum einer kann morgens wissen, was ihn erwartet, ob es ein ruhiger oder ein besonders stressiger Tag wird. Doch genau diese Abwechslung und all die unterschiedlichen Fälle, die in der Notaufnahme warten, tragen dazu bei, dass Daniel Stefka seinen Job auch nach 20 Jahren noch gerne macht.
"Ich habe fast jeden Tag Geschichten, die ich so noch nicht erlebt habe. Vor ein paar Tagen hatte ich zum Beispiel einen Patienten, der sich seinen Blasenkatheter selbst legen wollte."