Sabin Khanal und Yubraj Sunuwar haben eine lange Reise und viel Visa-Bürokratie hinter sich. Mehr als 8000 Kilometer trennen Kathmandu, die Hauptstadt Nepals, und Trier voneinander. Trotzdem haben die beiden jungen Männer den Schritt gewagt und sich für eine Ausbildung in Deutschland beworben. Und es hat geklappt.
"Natürlich hatten wir auch ein bisschen Angst, weil alles neu ist und es auch viele kulturelle Unterschiede gibt", erzählt Sunuwar. "Aber wir wurden schon in Nepal sehr gut vorbereitet. Wir haben Sprachkurse gemacht, aber auch viel über das Leben in Deutschland gelernt." Dabei geholfen hat ihnen das Nepal Secretariat of Skills and Training, NSST in Kathmandu.
So konnten Khanal und Sunuwar bereits vor ihrer Ankunft in Deutschland ihre Prüfung für das Deutschniveau B2 ablegen, welches für den Besuch der Berufsschule in Trier wichtig ist. Auch mit Visa-Angelegenheiten hilft das NSST den Bewerberinnen und Bewerbern. Das NSST begleitet die jungen Menschen aber auch dann weiter, wenn diese bereits in ihren Ausbildungsbetrieben in Deutschland angekommen sind.
Vorbereitung auch für den Ausbildungsbetrieb
"Die beiden sind mit einer Liste hier angekommen, was sie nach ihrer Ankunft als erstes erledigen müssen", erzählt Achim Marx, Bereichsleiter für Telekommunikation und Ausbilder der beiden jungen Männer bei der Telenetwork AG, dem Ausbildungsbetrieb in Trier. "Da standen dann so Sachen drauf wie die Registrierung beim Einwohnermeldeamt." Das NSST kümmert sich aber nicht nur um die Azubis, auch Marx und seine Kollegen bei Telenetwork wurden auf die Ankunft ihrer neuen Schützlinge vorbereitet.
Keiner soll durchs Raster fallen Gen Z und Azubimangel: Dan kämpft um seine Chance am Arbeitsmarkt
Tausende junge Menschen in BW bleiben trotz Azubimangels lange ohne Berufsabschluss. Ein Projekt in Stuttgart gibt Jugendlichen wie Dan eine Perspektive - und tut damit auch etwas gegen den Fachkräftemangel in BW.
"Wir wurden zum Beispiel für wichtige nepalesische Feiertage sensibilisiert, sodass wir darauf eingehen können", erzählt Marx. Seit Ende August sind Khanal und Sunuwar nun bei dem Telekommunikationsunternehmen in Trier angestellt. Khanal macht dort seinen Fachinformatiker für Systemintegration, Sunuwar wird zum IT-Systemelektroniker ausgebildet.
Großes Interesse an Ausbildung in Deutschland bei jungen Nepalesen
"Wir orientieren uns immer an den Interessen der jungen Leute und informieren dementsprechend über Ausbildungen. Wir haben uns nicht auf bestimmte Berufszweige spezialisiert", erklärte Kathrin Junken, Geschäftsführerin des NSST, in einem Vortrag im September bei der Industrie- und Handelskammer in Trier. Im vergangenen Jahr konnte das NSST 46 Kandidatinnen und Kandidaten nach Deutschland vermitteln. Für das nächste Jahr stünden bereits rund 240 Bewerberinnen und Bewerber in den Startlöchern, so Junken.
Azubis wollen praktisch arbeiten, nicht nur Theorie lernen
Das hat seine Gründe: "In Nepal gab es für uns keine guten Perspektiven", erzählen Khanal und Sunuwar unabhängig voneinander. Da kam schon bald der Gedanke auf, sich etwas im Ausland zu suchen.
Doch ein Studium kam für die beiden nicht in Frage, sie wollten lieber etwas Praktisches lernen. "Und das machen wir jetzt auch. Es ist toll, wenn wir das Wissen, das wir in der Berufsschule erlernt haben, am nächsten Tag in der Firma in der Praxis umsetzen können", meint Khanal und hat dabei ein zufriedenes Grinsen im Gesicht.
IHK: Fachkräftemangel ist größtes Geschäftsrisiko
Die Kooperation der Industrie und Handelskammer, IHK Trier, mit dem NSST ist noch ganz neu, aber nicht die erste ihrer Art. Über ein Ausbildungsprojekt in Indonesion rekrutierte die IHK zuletzt 30 Auszubildende im Bereich Gastgewerbe für Betriebe in der Region. "Der Fachkräftemangel ist aktuell für Betriebe das größte Geschäftsrisiko", erklärte Ulrich Schneider, Leiter des Geschäftsbereichs Ausbildung bei der IHK Trier, bei einer Informationsveranstaltung im September. "In den nächsten Jahren öffnet sich eine Lücke von rund 500.000 Personen, weil sehr viele Fachkräfte in den Ruhestand gehen, aber nicht genügend aus den Schulen nachkommen. Diese Lücke müssen wir schließen, da lohnt sich der Blick ins Ausland."
Hilfe auch bei der Wohnungssuche
"Wir wurden hier sehr gut aufgenommen und haben mit Achim auch immer einen Ansprechpartner", erklärt Sunuwar. So hat Marx ihnen unter anderem bei der Wohnungssuche geholfen und sie an einen ehemaligen Berufsschullehrer vermittelt, der selbst viel durch Indien und Nepal gereist ist. Weil die beiden jungen Männer nur mit einigen Koffern in Deutschland angekommen sind, hat dieser ihnen die Wohnung vor ihrer Ankunft voll ausgestattet. Mit dem Bus sind sie von dort aus in einer halben Stunde im Büro.
Nicht nur für die beiden jungen Nepalesen ist die Ausbildung in Deutschland ein Glücksgriff, sondern auch für ihren Ausbildungsbetrieb Telenetwork AG. Denn der akute Fachkräftemangel in Deutschland macht sich auch hier bemerkbar.
Weitere Azubis sollen kommen
Achim Marx von Telenetwork ist deshalb zufrieden: "Die Zusammenarbeit mit dem NSST hat sehr gut funktioniert. Wir sind jetzt schon in Gesprächen, um auch im nächsten Jahr wieder Azubis aus Nepal zu rekrutieren. Und natürlich hoffen wir, dass Sabin und Yubraj nach ihrer Ausbildung auch bei uns im Betrieb bleiben." Die Chancen dafür stehen nicht schlecht, denn bisher fühlen Sunuwar und Khanal sich in Trier sehr wohl, nur das Essen gefällt ihnen noch nicht so gut: "In Nepal gibt es viel Curry mit vielen Gewürzen. In Deutschland ist das Essen etwas ohne Geschmack."
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