Der Fund einer Fotosammlung eines verstorbenen saarländischen Priesters, der jahrelang Jugendliche missbraucht haben soll, sorgt seit Tagen für heftige Diskussionen im Bistum Trier. Sein Neffe, Steffen Dillinger, hatte eigenen Angaben zufolge beim Ausräumen der Wohnung seines Onkels teils jugendpornografische Fotos gefunden, auf denen unbekleidete Heranwachsende zu sehen seien.
Missbrauchs-Aufklärer: Material vernichten oder es Behörde übergeben
Unter anderem steht jetzt der Vorsitzende der Aufarbeitungskommission von sexuellem Missbrauch im Bistum Trier, Gerhard Robbers, in der Kritik. Der Neffe des Priesters hatte sich mit dem Sprecher der Aufarbeitungskommission Anfang April getroffen. In einem SWR-Interview schilderte Dillinger das Gespräch mit Robbers: Der habe ihm erklärt, dass der Besitz und das Zeigen solcher Fotos strafbar sei.
Auf die Frage Dillingers, was er dann mit dem Material machen solle, habe Robbers geantwortet, dass er die Fotos am Besten verbrenne. Sonst könne er sich selbst strafbar machen.
MissBiT zeigt sich empört
Die Missbrauchs-Opfer-Vereinigung MissBiT hat Robbers zum Rücktritt aufgefordert. Vorstandsmitglied Jutta Lehnert sagte dem SWR, wenn das Material vernichtet worden wäre, hätten die Menschen auf den Fotos keine Chance mehr, als Opfer anerkannt zu werden. Die Opfer sexuellen Missbrauchs in der Kirche könnten Entschädigungszahlungen geltend machen.
Kritik kommt auch von der Grünen-Bundestagsabgeordneten Corinna Rüffer aus Trier. Dass ausgerechnet Gerhard Robbers als Chef der Trierer Aufarbeitungskommission geraten haben soll, belastendes Material zu verbrennen, sei so unglaublich, dass ihr die Worte fehlen, teilte Rüffer mit. "Wenn dieser Vorwurf zutrifft, darf er sein Amt nicht einen Tag länger ausüben und muss umgehend zurücktreten."
Auf SWR-Nachfrage erklärte Gerhard Robbers, dass er den Neffen des Priesters nicht aufgefordert habe die Fotos zu vernichten. Er habe auf zwei Möglichkeiten hingewiesen: Entweder übergebe er die Bilder einer Behörde oder er vernichte sie. Das belege auch der Audiomitschnitts des Gesprächs dem der Dillinger zugestimmt habe, teilte Robbers weiter mit. Die Aufarbeitungskommission wolle das Material jetzt im rechtlich möglichen Rahmen sichern, im Interesse der Aufklärung.
Bistum Trier will mutmaßlichen Missbrauchsfall untersuchen
Das Bistum Trier will sich jetzt selber um den Fall des saarländischen Priesters kümmern. Das teilte der Trierer Bischof Ackermann in einer Stellungnahme zu dem Fall mit. Der Bischof sagte, er habe zwar schon Anfang des Jahres im Gespräch mit dem Neffen des Priesters von dem Fall erfahren und sei erschüttert gewesen.
Allerdings sei dem Bistum erst nach der Medien-Berichterstattung der vergangenen Tage und den Reaktionen darauf deutlich geworden, dass die Befassung der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in diesem Fall nicht ausreichend sei. Am Wochenende seien Hinweise auf weitere Vorwürfe aus den 1960er und 1970er Jahren eingegangen. Es gebe auch Hinweise auf ein Doppelleben des Priesters unter falschem Namen in Afrika.
Es sei wichtig, dass alle vorhandenen und neuen Informationen zusammengetragen würden, um die Dimension des Falles wirklich zu erfassen und dann entsprechend aufzuarbeiten.
Bistum will Gespräch mit Robbers
Der Generalvikar des Bistums Trier, Ulrich Graf von Plettenberg, soll sich demnach jetzt um den Fall des saarländischen Priesters kümmern. Zur Kritik am Sprecher der Aufarbeitungskommsission, Gerhard Robbers, sagte Plettenberg: "Ich werde hierzu das Gespräch mit Herrn Prof. Robbers suchen, um eine Einordnung vornehmen zu können."
Priester schon früh aufgefallen
Der Priester aus dem Saarland war nach einem Bericht der "Rhein-Zeitung" bereits in den 1970er-Jahren aufgefallen. Ein anderer Priester habe einen Verdacht gehegt, dann Bilder aus der Kamera des Mannes entwickeln lassen und an den damaligen Bischof Bernhard Stein geschickt. Daraufhin sei der Beschuldigte versetzt worden.
Das Bistum Trier hatte dem Priester 2012 verboten, weiter Messen zu feiern. Auch der Umgang mit Kindern und Jugendlichen wurde ihm laut Bistum untersagt. In der Personalakte des Mannes seien "Hinweise auf sexuell übergriffiges Verhalten" gefunden worden. Eine kirchenrechtliche Voruntersuchung wurde demnach eingeleitet und die Staatsanwaltschaft Trier informiert. Diese habe ihre Ermittlungen aber wegen Verjährung eingestellt.