Menschen in Scheidchen in der Eifel fürchten, nicht länger Fernwärme aus einer Biogasanlage zu bekommen, weil deren Förderung ausläuft.

Biogasanlage soll abgeschaltet werden

Ein halbes Dorf in der Eifel könnte Ende des Jahres im Kalten sitzen

Stand

In Scheidchen bei Lauperath in der Eifel versorgt eine Biogasanlage das halbe Dorf mit Fernwärme. Noch. Denn die Anlage soll nach Ablauf ihrer Förderung abgeschaltet werden. Das trifft besonders das Gehöft der Familie Heyen.

Lukas Heyen und seine Eltern sitzen im Wohnzimmer zusammen und überlegen, wie es weitergehen soll. Noch haben sie es kuschelig warm. Doch Ende des Jahres läuft ihre Versorgung mit Fernwärme aus einer nahegelegenen Biogasanlage aus. Dann könnten Lukas, sein Bruder Johannes, die Eltern und die Großmutter in ihren Häusern im Kalten sitzen.

Fernwärme aus Biogasanlage versorgt 17 Haushalte

Vor 20 Jahren hatte die Großmutter von Lukas Heyen eine neue Heizungsanlage gebraucht. Da kam das Angebot der Fernwärme aus Biogas genau zur richtigen Zeit. Statt einer ganzen Heizungsanlage musste nur ein kleiner Wärmetauscher im Haus installiert werden. Auch die neuen Mietwohnungen von Familie Heyen wurden angeschlossen.

Insgesamt werden 17 Haushalte in dem kleinen Dorf im Eifelkreis Bitburg-Prüm von der Biogasanlage mit Fernwärme versorgt.

Lukas Heyen (links) und sein Bruder Johannes Heyen überlegen, wie es ohne Fernwärme weitergehen soll.
Lukas Heyen (links) und sein Bruder Johannes Heyen überlegen, wie es ohne Fernwärme weitergehen soll. Bild in Detailansicht öffnen
Das Gehöft von Familie Heyen besteht aus mehreren, voneinander getrennten Gebäuden. Alle sind von der Fernwärme abhängig, die die Biogas-Anlage liefert.
Das Gehöft von Familie Heyen besteht aus mehreren, voneinander getrennten Gebäuden. Alle sind von der Fernwärme abhängig, die die Biogasanlage liefert. Bild in Detailansicht öffnen
Die alte Ölheizung ist nicht mehr nutzbar, da es keine Ersatzteile mehr gibt. Die Fernwärmelieferung war so stabil, dass die Heizung nicht mehr benötigt wurde.
Die alte Ölheizung ist nicht mehr nutzbar, da es keine Ersatzteile mehr gibt. Die Fernwärmelieferung war so stabil, dass die Heizung nicht mehr benötigt wurde. Bild in Detailansicht öffnen
Dieser kleine Wärmetauscher im Haus ist alles, was bei der Fernwärme an Heizungsanlage benötigt wird.
Dieser kleine Wärmetauscher im Haus ist alles, was bei der Fernwärme an Heizungsanlage benötigt wird. Bild in Detailansicht öffnen
Biogas-Betreiber Daniel Eckertz möchte das Dorf gerne weiter mit seiner Fernwärme versorgen.
Biogas-Betreiber Daniel Eckertz möchte das Dorf gerne weiter mit seiner Fernwärme versorgen, doch die Förderung läuft Ende des Jahres aus. Bild in Detailansicht öffnen

Betreiber der Biogasanlage muss Anlage umrüsten

Daniel Eckertz betreibt die Biogasanlage. 20 Jahre war sein Strompreis durch die EEG-Umlage garantiert. Ende das Jahres läuft die Förderung planmäßig aus. Um erneut Fördergeld beantragen zu können, müsste er die Anlage auf die heutigen Anforderungen umrüsten.

Inzwischen haben sich die Anforderungen an Biogasanlagen verändert. Im Gegensatz zu Wind oder Sonne können Biogasanlagen rund um die Uhr laufen, dürfen es aber nach den neuesten Förderregeln nicht mehr. Sie sollen, wenn zu viel Strom ins Netz gespeist wird, abgeschaltet werden. Um dies zu gewährleisten, müssen die Anlagen flexibilisiert sein, also flexibel an- und ausgeschaltet werden.

Noch läuft die Biogasanlage von Daniel Eckertz.
Noch läuft die Biogasanlage von Daniel Eckertz. Doch nach 20 Jahren läuft die Förderung Endes des Jahres planmäßig aus.

Betreiber rechnet mit hohen Kosten

Diese Flexibilisierung kostet Daniel Eckertz nach eigenen Angaben viel Geld, da er einen neuen Gasspeicher bauen müsste. Und das ist nicht der einzige Kostenfaktor, den der Betreiber der Biogasanlage berücksichtigen muss.

Meine Rechnung geht nicht mehr auf.

"Die laufenden Kosten sind um bis zu 30 Prozent gestiegen - sei es bei den Landmaschinen oder bei den Gehältern der Mitarbeiter. Auch Saatgut und Dünger werden teurer." Wenn er das alles aufrechne und künftig weniger Fördergeld bekomme, gehe die Rechnung für ihn nicht mehr auf, so Eckertz.

Der Betreiber sucht derzeit nach Lösungen, wie er die Familien in dem kleinen Dorf Scheidchen weiterhin mit Wärme versorgen kann. Möglich sei eine große Hackschnitzel-Heizung. Allerdings würde sich dann wegen der nötigen Investitionen der Wärmepreis stark erhöhen. Da müssten auch die angeschlossenen Haushalte einverstanden sein.

Familien wollen auf erneuerbare Energien setzen

Was tun, wenn Ende des Jahres der Fernwärme-Hahn zugedreht wird? Lukas Heyen und seine Familie haben bereits unterschiedliche Wärmekonzepte durchgesprochen. Im Haus seiner Eltern steht zwar noch die alte Ölheizung im Keller. Ersatzteile, um die Anlage wieder zu aktivieren, gibt es aber keine mehr. Generell wollen sie auf erneuerbare Energien setzen. Eine Wärmepumpe scheidet aus, da die Häuser energetisch dafür nicht geeignet sind.  

Es denkt keiner darüber nach, dass es auch Haushalte gibt, die eine gemeinsame Lösung brauchen.

"Die Alternative für uns ist eigentlich nur eine Verbrennerheizung", so Heyen. In Frage käme eine Hackschnitzel-Heizung in Kombination mit Solarthermie. "Das ist in meinen Augen das nachhaltigste System und auch das langlebigste, denn von einem zentralen Punkt aus könnten alle Häuser versorgt werden."

Heyen würden dabei gerne die bestehenden Fernwärmeleitungen nutzen. An den Häusern müssten auch keine größeren Umbaumaßnahmen gemacht werden.

Keine Förderung für Sammelheizung

Das Problem für die Familie: Nach derzeitigem Stand erhählt sie für die Sammelheizung keine Förderung. Lukas Heyen ist frustriert: "Es denkt keiner darüber nach, dass es auch Haushalte gibt, die eine gemeinsame Lösung brauchen oder suchen. Sammellösungen sind anscheinend nicht so wirklich gewollt."

Am liebsten wäre Lukas Heyen, wenn die Wärme-Versorgung weiterhin über die nahegelegene Biogasanlage laufen könnte. Die Zeit drängt. Bis Ende des Jahres müssen die neuen Heizungen laufen. "Die alternativen Heizungssysteme haben ja auch Lieferzeiten, deswegen können wir nicht länger warten."

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