Deutschland soll nach den derzeitigen Vorhaben der Bundesregierung spätestens im Jahr 2045 klimaneutral sein. Klimaneutral bedeutet nach deutschem Recht eigentlich Treibhausgasneutral, also muss dann ein Gleichgewicht zwischen Treibhausgas-Ausstoß und -Abbau existieren. Übersetzt: Die gleiche Menge die freigegeben wird, muss durch Senken (also Wäldern, Moore, etc) oder Einsparungen an anderer Stelle gebunden werden. Festgehalten ist das seit Juni 2021 im Bundes-Klimaschutzgesetz. Ein Baustein auf dem Weg dorthin: eine sogenannte Wärmewende.
Ab dem 1. Januar 2024 soll möglichst jede neu eingebaute Heizung mit mindestens 65 Prozent Erneuerbarer Energien betrieben werden. Verbraucher müssen sich auf Umbauten einstellen. Wärmepumpen sind eine Alternative - oder eben auch Fernwärme.
225.600 Wohnungen in RLP in 2019 mit Fernwärme geheizt
In Deutschland insgesamt wurden einer Studie des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft zufolge im Jahr 2019 rund 5,64 Millionen Wohnungen mit Fernwärme geheizt. In Rheinland-Pfalz waren es laut der Studie 225.600.
Einen Überblick zum Thema Fernwärme bietet unser FAQ:
Wie funktioniert Fernwärme?
Mit der Fernwärmetechnik können Gebäude in naher und mittlerer Entfernung mit Wärme versorgt werden. Die Wärme wird in Heizkraftwerken erzeugt, derzeit vor allem noch durch fossile Energieträger wie Kohle, Gas und Öl. Aber auch Abwärme aus Industrie oder der Müllverwertung kann in das System integriert werden. Die gewonnene Wärme wird anschließend genutzt, um Wasser zu erhitzen.
Das Heißwasser fließt über ein meist unterirdisches Rohrsystem und Verteilerstationen bis zum Verbraucher. Dort folgt die Einspeisung der Wärme für Heizung und Warmwasser. Eine eigene Heizungsanlage benötigen die Gebäude, die Fernwärme nutzen, nicht.
Allerdings ist eine Anschlussstation im Haus notwendig, die als Übergabepunkt der Fernwärme vom Energieversorger zum Gebäude dient. Die Station steuert die Heizung und die Warmwasserbereitung. Die Warmwasserbereitung dient der Erwärmung des kalten Trinkwassers. Die Regelung der Vorlauftemperatur und der Leistung erfolgt in Abhängigkeit von der Außentemperatur. Zur Anschlussstation gehören unter anderem eine Zirkulationspumpe, eine Umwälzpumpe, Ventile und ein Warmwasserspeicher. Die Anlage im Haus sollte einmal jährlich von Fachleuten gewartet werden.
Woher stammt die Energie für Fernwärme?
Die Energie für Fernwärme stammt aktuell laut Fernwärme-Fachverband AGFW zu rund 70 Prozent aus fossilen Energieträgern wie Kohle, Gas und Öl. Die übrigen 30 Prozent entfallen auf Wärme aus der Verbrennung von Abfall (Bsp. in RLP: Gemeinschafts-Müllheizkraftwerk in Ludwigshafen) oder Biomasse (Bsp. in RLP: Heizkraftwerk Flohr Neuwied) sowie aus Geothermie (Bsp. in RLP: Landau/in Planung) und anderen erneuerbaren Quellen.
Wie klimafreundlich ist Fernwärme?
Die Umweltfreundlichkeit von Fernwärme hängt von verschiedenen Faktoren ab - also nicht allein davon, ob viele oder wenige klimaschädliche Brennstoffe verwendet werden. Ausschlaggebend ist auch die Effizienz der Erzeugung im Kraftwerk und das Ausmaß der Leitungsverluste - also, wie viel Wärme ungenutzt aus den Leitungen in die Umgebung abgegeben wird. Der Einsatz von Kraft-Wärme-Kopplung, bei der neben Wärme auch Strom erzeugt wird, bietet beispielsweise eine hohe Energieausbeute.
Was spricht für Heizen mit Fernwärme?
"Fernwärme punktet in Sachen Komfort", sagt die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Kunden benötigen keinen eigenen Heizkessel und keinen Raum zur Lagerung von Brennstoffen. Weiterer Vorteil: Verbraucher müssen sich nicht um den Brennstoffkauf oder den Schornsteinfeger kümmern.
Mehrere Stadtwerke und einzelne Kommunen fördern den Anschluss an das Fernwärmenetz mit Zuschüssen - von 500 bis 3.000 Euro, je nach Wärmebedarf des angeschlossenen Gebäudes.
Wie viel Fernwärmenetze gibt es in Deutschland bzw. in RLP?
Die AGFW gibt die Zahl der Fernwärmenetze in Deutschland mit rund 3.800 an. Sie würden von rund 500 Unternehmen betrieben.
Zahlen explizit zu RLP liegen nicht vor. Aber auch im Land gibt es einem Bericht der AGFW zufolge mehrere lokale Netze verschiedener Anbieter mit unterschiedlicher Größe. Im Jahr 2021 lag die Gesamtlänge demnach bei knapp 750 Kilometern.
Für wen eignet sich Fernwärme?
Fernwärme rechnet sich laut Verbraucherzentrale dann, wenn möglichst viele Nutzer an das Wärmenetz angeschlossen sind. "Denn die Verlegung der Netze und der Bau der Erzeugungsanlagen sind in der Regel mit erheblichen Kosten verbunden." Fernwärme eigne sich daher vor allem in dicht besiedelten (Neubau-) Gebieten. In diesem Zusammenhang weist der Landesverband der Energie- und Wasserwirtschaft Hessen/Rheinland-Pfalz, LDEW, auf SWR-Anfrage darauf hin, dass "vor dem Hintergrund der bundesgesetzlich geplanten kommunalen Wärmeplanung", Nahwärmekonzepte für einzelne Quartiere oder einzelne Orte bzw. Ortsteile künftig voraussichtlich häufiger umgesetzt würden.
Wie finde ich einen Fernwärmeanbieter in RLP?
Eine zentrale Erfassung oder ein Kataster, das alle Gebiete in Rheinland-Pfalz auflistet, in denen ein Fernwärmeanschluss möglich wäre, gibt es leider nicht, sagt Hans Weinreuter von der Verbraucherzentrale RLP. Es gebe derzeit einen Auftrag an die Energieagentur des Landes, ein solches zu erstellen. Das könne aber noch dauern. Jeden einzelnen Energieanbieter in der Region anzufragen - das müsse man als Verbraucher aber auch nicht. Für eine erste Anfrage empfiehlt Weinreuter, sich an die jeweiligen Stadtwerke oder an die kommunale Verwaltung zu wenden.
Kann ich den Fernwärme-Anbieter wechseln?
Nein, anders als bei Strom und Gas ist ein Wechsel des Fernwärme-Anbieters in der Regel nicht möglich. Die Entscheidung für einen Fernwärmeanschluss trifft man in der Regel für viele Jahre. Jedes Fernwärmenetz ist ein lokales Monopol, sagt auch die Verbraucherzentrale RLP. Der fehlende Wettbewerb ist damit ein klarer Nachteil für Fernwärme-Kunden, vor allem dann, wenn der Lieferant überdurchschnittlich teuer ist.