Erika Sorm war zehn Stunden lang verschüttet, als ein Hotel in Kröv an der Mosel einstürzte.

Interview mit einer Überlebenden des Hoteleinsturzes in Kröv

Zehn Stunden unter Trümmern: "Man betet und hofft"

Stand
Autor/in
Marc Steffgen

Begraben unter Schutt und Beton harrte Erika Sorm aus, nachdem ein Hotel in Kröv einstürzte. Im SWR-Interview erzählt sie, wie sie die zehn Stunden erlebt hat.

Vier Tage wollte Erika Sorm aus dem badischen Rheinau (Ortenaukreis) mit ihren Freundinnen und ihrem Hund Urlaub an der Mosel machen. Doch es kam ganz anders. Als ein Hotel in Kröv einstürzte wie ein Kartenhaus, wurde sie verschüttet. Zehn lange Stunden harrte sie aus gemeinsam mit einer jungen Niederländerin und deren zweijährigen Sohn. Unserem Reporter Marc Steffgen hat sie erzählt, wie sie das Unglück erlebt hat. Ihr Dank gilt vor allem den Einsatzkräften und Betreuern, nachdem sie das Krankenhaus ohne größere Blessuren verlassen konnte.

SWR Aktuell: Wie haben Sie diese Nacht erlebt?

Erika Sorm: Die Besitzerin des Hotels ist rauf gekommen, hat geklopft und gesagt, wir würden woanders untergebracht werden. Wir sollten rausgehen. Dann sind wir raus. Ich habe den Hund und die Tasche genommen. Im Flur ist dann alles zusammengebrochen. Dann bin ich Gott sei Dank unter einer Tür zum Liegen gekommen zusammen mit der holländischen Frau und dem Kind. Gott hat uns geholfen und hat uns gerettet. Wir haben gebetet.

SWR Aktuell: Wie war das, als es plötzlich krachte?

Erika Sorm: Das war schlimm. Es krachte und ich wurde zu Boden geschleudert und dann fällt was auf mich und dann denken Sie nur: Nehmt das weg! Nehmt das weg! Aber wenn man dann realisiert, dass man zumindest in Ordnung ist, dann kann man nur warten und hoffen, dass andere kommen, die einem helfen. Und dafür bin ich sehr, sehr dankbar. Die waren ganz toll.

SWR Aktuell: Was macht man dann? Es ist um einen herum dunkel.

Erika Sorm: Man betet und hofft. Das haben wir, die Niederländerin und ich, gemacht. Das hat uns geholfen. Das hat uns Kraft gegeben. Nach zehn Stunden sind wir dann auch gerettet worden.

SWR Aktuell: Zehn Stunden in der Enge - wie dürfen wir uns das vorstellen?

Erika Sorm: Ich bin auf der rechten Seite im flachen Teil unter der Tür gelegen und sie unter dem höheren und hatte ihr Kind im Arm. Dann haben wir uns da so eingerichtet, dass wir einigermaßen liegen konnten und dann ist alles gut gegangen. Nichts gebrochen, gar nichts. Alles gut.

SWR Aktuell: Hatten Sie Todesangst oder denkt man, die finden uns schon?

Erika Sorm: Ich bin gläubig und die Niederländerin war das auch. Durch unsere Gebete waren wir zuversichtlich, dass uns geholfen wird.

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SWR Aktuell: Wann war der erste Kontakt zu den Rettern?

Erika Sorm: Um halb elf ist das Haus zusammengestürzt und ich glaube, so gegen vier, fünf Uhr haben wir die richtig schaffen gehört - mit Sägen, Bohren und sie haben dann gerufen und nach unseren Namen gefragt und wie es uns geht. Dann konnten wir Licht sehen. Dann war es wieder weg. Dann war es wieder da und dann haben sie uns gefunden und raus gezogen und geholfen, dass wir nach oben kommen. Das war ganz toll.

SWR Aktuell: Was war das für ein Gefühl als Sie hörten, da sind Menschen, da passiert was?

Erika Sorm: Ein beruhigendes Gefühl. Sehr beruhigend. Und dann haben wir auch gesagt: "Jetzt werden wir gerettet. Jetzt kann nichts mehr passieren."

SWR Aktuell: Wie war es, als Sie Licht gesehen haben, einen anderen Menschen?

Erika Sorm: Das war, als wir raus gezogen wurden. Einfach nur befreiend. Ein schönes Gefühl und vor allem merkt man dann, was wichtig ist im Leben. Einfach nur, dass man lebt und jeden Tag dankbar dafür sein sollte.

SWR Aktuell: Was war ihre erste Sorge nach dem Unglück?

Erika Sorm: Die erste Sorge war meine Hündin. Die war nicht bei mir und dann sagte aber ein Mann hinter mir, ich habe einen Hund bei mir. Das war der ebenfalls verschüttete Holländer. Dann war ich froh und dankbar, dass sie lebt. Meine Hündin hat dann mehrfach in der Nacht versucht, sich zu mir durch zu graben. Dann habe ich sie beruhigt und dann war es wieder gut. Das war dann schön, als mir der Feuerwehrmann sagte: "Ihr Hund lebt."

SWR Aktuell: Wenn Sie an die Ursache des Einsturzes denken. Gab es Anzeichen, dass da was marode war?

Erika Sorm: Gar nichts. Ich hatte Bilder gemacht. Ich habe nichts gemerkt - auch im Zimmer nicht. Wir waren verwundert, als die Hotelbesitzerin geklopft hat und gesagt hat, wir sollten raus. Wir haben uns keine Gedanken darüber gemacht, dass was Schlimmes sein soll. Vor allem nicht, dass so was passieren könnte.

SWR Aktuell: Haben Sie mit der niederländischen Familie noch Kontakt? Sie waren ja stundenlang gemeinsam eingeschlossen.

Erika Sorm: Leider nicht. Ich möchte gerne eine Telefonnummer bekommen, damit ich mich mit der Familie noch mal unterhalten kann. Wir haben uns ja nicht gesehen - gar nicht. Wir haben uns nur gefühlt und besprochen.

SWR Aktuell: Sie sagen, sie haben keine Schmerzen, keine Verletzungen nichts. War das Schicksal?

Erika Sorm: Das war Gottes Fügung. Es war meine Zimmertür, die auf uns gefallen ist. Das hat sich nachher rausgestellt, dass es die Nummer 7 war und das war meine Zimmertür.

SWR Aktuell: Wie geht es jetzt weiter?

Erika Sorm: Wir sind jetzt in einem anderen Hotel untergebracht und genießen noch die Zeit. Die Wirtin ist so nett, dass wir auch noch mal wieder kommen und sie besuchen.

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