Leon Steinmetz kennt Trier schon seit seiner Kindheit. "Ich war hier oft in den Ferien", sagt der 27-Jährige aus Darmstadt. Denn seine Großeltern wohnen in der Nähe. Doch dort, wo Oma wohnt, zu leben - das war eigentlich nicht der Plan des Medizinstudenten. "Das war totaler Zufall, dass ich in Trier gelandet bin." In die Stadt hat ihn der Medizincampus geführt.
Viele Studierende bleiben an Trierer Krankenhäusern
2020 hat die Uni-Medizin in Mainz den Campus am Irminenfreihof eröffnet. Seitdem haben 45 angehende Ärzte dort zwei Semester ihres Studiums absolviert. Und von denen machen jetzt 24 - also mehr als die Hälfte - auch ihre Facharztausbildung in einem der beiden Trierer Krankenhäuser.
"Vor Start des Medizincampus war es wesentlich schwieriger, ärztlichen Nachwuchs zu finden", sagt Professor Tim Piepho vom Brüderkrankenhaus in Trier. Mittlerweile arbeiten 14 ehemalige Trierer Studenten als Assistenzärzte in der Klinik. Beim benachbarten Mutterhaus sind es ebenfalls zehn.
Studenten ärgern sich über schlechten ÖPNV in Trier
Auch für die Stadt und die Region ist das ein Gewinn. Denn es braucht dringend Nachwuchs in Praxen und Kliniken. Rund um Mosel, Eifel und Hunsrück sind 75 Arztstellen nicht besetzt. Tendenz steigend. Denn die Babyboomer gehen in Rente und die jungen Ärzte zieht es eher in die Metropolen.
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Nicht so Leon Steinmetz, dem es in Trier gefällt: "Die Stadt ist mega schön gelegen, ich finde es gemütlich." In der Umgebung kann er wandern, klettern oder abends eine Runde im Stadion laufen: "Das Sportangebot ist super und auch an die anderen Studenten kann man hier gut anknüpfen." Einziger Nachteil: der Öffentliche Nahverkehr. "Da hatte ich schon so meine Ausraster, wenn der Bus wieder nicht pünktlich kam oder ausgefallen ist." Was übrigens viele Studierende an Trier ärgere, wie es beim Medizincampus heißt.
Studium in Trier: "Familiärer und entspannter" als in Mainz
Was die Ausbildung angeht, bereut Steinmetz die Entscheidung für Trier aber nicht. Während an der Uni Mainz mehr als 200 Medizinstudenten in den Vorlesungen sitzen, sind es in Trier gerade einmal ein Dutzend. Man kennt sich. Es sei wie in einem großen Dorf, sagt Steinmetz: "Das macht die ganze Sache entspannter und familiärer. Auch zu den Dozenten hat man keine Distanz."
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Die Praktika in den Mainzer Kliniken liefen manchmal ab wie in US-amerikanischen Ärzte-Serien, sagt Steinmetz: "Da haben wir zu acht am Bett eines Patienten gestanden. Entweder wirst du dann vor der ganzen Gruppe runtergeputzt oder du kommst gar nicht zu Wort." In Trier hatten sie Studenten es maximal zu dritt mit einem Patienten zu tun und die Dozenten nähmen sich Zeit.
Vier Semester in Trier geplant
Auch an der Uni Mainz gilt der Trierer Medizincampus trotz Anlaufschwierigkeiten als Erfolg. Erst war es schwierig, Studenten in die Moselstadt zu locken. Seit sich das Angebot aber herumgesprochen hat, gibt es mehr Interessenten. Die Verantwortlichen wollen das Angebot im nächsten Jahr sogar ausbauen.
Ab 2025 soll es möglich sein, auch das siebte und achte Semester in Trier zu absolvieren, also insgesamt vier Semester in Trier zu studieren. "Das wird den Standort noch attraktiver machen", sagt Professor Piepho vom Brüderkrankenhaus. Zudem ist geplant, einen weiteren Medizincampus in Koblenz aufzubauen.
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Vernetzen und Verbundenheit zur Region
Das Ziel: Mehr Ärzte aufs Land locken. Wenn die Studenten länger in Trier bleiben - so die Hoffnung - ist die Chance größer, dass sie ein Gefühl der Verbundenheit zur Region entwickeln. Bei Praktika und Vorlesungen, Forschungsarbeiten und Nebenjobs könnten sich die Studenten vernetzen und so im Anschluss an ihr Studium einen guten Einstieg in die Facharztausbildung und den Beruf finden.
So sieht es auch Leon Steinmetz. Die Chancen, hier später einen guten Job zu finden, seien vielleicht höher als an den Unikliniken in den Metropolen. Dort ist es oft schwieriger, aus der Menge der Bewerber herauszustechen. Steinmetz will auf jeden Fall sein praktisches Studienjahr an einem Trierer Krankenhaus machen. Und danach? "Mal sehen", sagt er. Noch hat er zwei Jahre Zeit, sich das zu überlegen.