Aus Sicht des psychiatrischen Gutachters liegt keine krankhafte seelische Störung, also keine Psychose, bei dem Angeklagten vor. Er habe auch keine schwere Persönlichkeitsstörung. Am Tattag sei der 50-Jährige zwar alkoholisiert gewesen, so der Psychiater weiter, aber dadurch sei seine Steuerungsfähigkeit nicht vermindert gewesen.
Trotz Alkohol keine Ausfallerscheinungen
Zwar sei es möglich, dass der Angeklagte zur Tatzeit einen Alkoholwert von bis zu 2,5 Promille hatte, auf den Videoaufnahmen aus der Tankstelle seien aber keinerlei Ausfallerscheinungen festzustellen gewesen. Auch bei den Sprachnachrichten an seinen Schwager, die der Angeklagte nach der Tat aufgezeichnet hatte, höre man keine Sprachstörungen.
Keine Tat im Affekt
Auch eine Tat im Affekt schließt der Experte aus. Auf den Videoaufnahmen sei zu sehen, dass sich der Angeklagte in der Reihe vor der Kasse angestellt habe. Allein die Wartezeit dort spreche stark gegen eine Affekthandlung, so der psychiatrische Gutachter in seiner Aussage vor Gericht.
Mildere Strafe wegen Alkohol oder seelischer Störung? Schuldfähig oder nicht? Auf dieser Grundlage entscheiden Gerichte
Ob bei Mord, Raub oder Körperverletzung - für das Strafmaß ist die Frage nach der Schuld zentral. Wann können Straftäter mit einer Einstufung als vermindert schuldfähig oder schuldunfähig rechnen?
Psychologische Sitzungen während der Untersuchungshaft
Auch ein Gefängnispsychologe hat am Montag vor dem Bad Kreuznacher Landgericht ausgesagt. Er hatte in über 50 Sitzungen während der Untersuchungshaft mit dem Angeklagten gesprochen. Der Psychologe sagte, dass sich der heute 50-Jährige seit 2015 zunehmend radikalisiert habe. Anfangs sei es dem Angeklagten dabei um die Flüchtlingspolitik gegangen, seit dem Frühjahr 2020 habe sich seine Radikalisierung dann weiter verschärft.
Der Selbstmord des Vaters sei dafür der Auslöser gewesen, so der Gefängnispsychologe. Bevor sich der Vater getötet hatte, habe er außerdem die Mutter des Angeklagten angeschossen. Seit diesem Zeitpunkt habe sich der Angeklagte immer mehr in das Thema Corona-Maßnahmen hineingesteigert.
Selbstmordversuch in der Zelle
In den Gesprächen habe der Angeklagte aber auch Reue für die ihm zur Last gelegte Tat gezeigt. Die Motive dafür seien ihm bis heute nicht ganz klar. Im Januar habe der Angeklagte im Gefängnis einen Selbstmordversuch begangen, berichtete der Psychologe weiter.
Dem Angeklagten wird vorgeworfen, den 20-jährigen Tankstellenmitarbeiter im September vergangenen Jahres erschossen zu haben, weil dieser ihn mehrmals auf die Maskenpflicht hingewiesen hatte.