Genossenschaften und Vereine

Gegen das Kneipensterben: Wie Gemeinden in RLP ihre Gaststätte retten

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Das Kneipensterben ist in Rheinland-Pfalz vor allem im ländlichen Raum allgegenwärtig. Einige Orte stemmen sich erfolgreich dagegen: mit Genossenschaften und Vereinen.

Leere Holztische, trockene Zapfhähne und staubige Möbel, deren Polster jahrzehntelange Geschichte in sich tragen. Die Innenräume des Gasthauses "Zur Rose" erzählen von vergangenen Zeiten.

In Pfeddersheim, einem Stadtteil von Worms, war die "Rose" seit 1979 eine Institution: Treffpunkt für Vereine, Stammtische und festliche Anlässe. Doch im Oktober des vergangenen Jahres schloss sich die Tür des traditionsreichen Gasthauses. Womöglich für immer. 

Gaststättensterben Wie Orte in Rheinland-Pfalz ihre Kneipen retten

Das Kneipensterben ist in Rheinland-Pfalz vor allem im ländlichen Raum allgegenwärtig. Einige Orte stemmen sich erfolgreich dagegen: mit Genossenschaften und Vereinen.

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In vielen Orten in Rheinland-Pfalz gab es vor Jahrzehnten noch Dutzende Kneipen. Hier spielte sich das soziale Leben ab. Sie waren Dorfmittelpunkte, hier hatte man Spaß und tiefgründige Gespräche. Hier entwickelten sich Ideen, Freundschaften und Beziehungen fürs Leben. Doch häufig ist die letzte Kneipe im Dorf längst geschlossen: Weil sich ihr Betrieb nicht mehr lohnte, weil die Besitzer zu alt wurden. Die Gründe sind vielfältig.  

Kneipensterben in RLP

Die Zahl der Gastronomiebetriebe im Land ist in den letzten Jahren drastisch gesunken - von 10.604 im Jahr 2019 auf 8.301 im Jahr 2021, ein Rückgang von etwa 22 Prozent. Corona hat das Gaststättensterben beschleunigt. Und: Laut dem Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA wird die Situation wahrscheinlich noch schlimmer werden. 

Eine 14-köpfige Genossenschaft betreibt das "Christian's" in Herdorf

Machtlos zusehen und die liebste Lokalität ihrem Schicksal überlassen? Für manche Stammgäste kommt das nicht infrage.  

Herdorf im Westerwald. Holzgetäfelte Wände, rustikale Tische, Frischgezapftes aus dem Hahn. Die Gaststätte "Christian's" sollte 2020 schließen, als der Besitzer während der Corona-Pandemie aufgab. Doch einige Herdorfer weigerten sich, dies hinzunehmen. 14 Mitglieder gründeten eine Genossenschaft, um das "Christian's" gemeinsam weiterzuführen - weil die Kneipe ihre Leidenschaft ist, ganz ohne Interesse am persönlichen Profit. 

Man muss bereit sein, seine Freizeit ein wenig zu opfern.

"Mittlerweile ist das ein eingeschworener Haufen", sagt Peter Bohl, Mitglied der Kneipen-Genossenschaft Herdorf. Jeder mache das, was er kann. Die einen halten das Inventar in Schuss, andere schmeißen die Theke oder kümmern sich um die Abrechnungen. "Man muss bereit sein, seine Freizeit ein wenig zu opfern", so Bohl weiter. 

Deutschlandweit gibt es zurzeit etwa 30 genossenschaftlich geführte Kneipen, schätzt Joschka Moldenhauer. Der Soziologe von der Universität Köln forscht bereits länger auf dem Gebiet. Er weiß: Das Gaststätten-Modell steckt noch in den Kinderschuhen. Aber: Aktuell entstehen viele neue Genossenschaftskneipen, die meisten im ländlichen Raum, berichtet Moldenhauer. 

Wir haben keine Bäckerei, wir haben kein Geschäft. Jetzt wäre die letzte Kneipe auch noch weg.

In Hattert bei Hachenburg - ebenfalls im Westerwald - geht man einen ähnlichen Weg, allerdings mit einem anderen Modell. Das Gasthaus Weyer sollte hier ebenfalls schließen. "Wir haben keine Bäckerei, wir haben kein Geschäft. Jetzt wäre die letzte Kneipe auch noch weg. Und das wollte das Dorf verhindern und der Gemeinderat und der Bürgermeister auch", berichtet Peter Enders.

72 Mitglieder gründen Kneipen-Verein in Hattert

Gemeinsam mit 71 weiteren Mitgliedern gründete er den Kneipen-Verein Hattert. Die Mitglieder zahlen Beiträge, während die Gemeinde die Kosten für die Räumlichkeiten übernimmt. Das Modell funktioniert seit zwei Jahren sehr gut. 

Die Motive für Projekte wie in Hattert und Herburg seien oft die gleichen, erklärt Moldenhauer von der Uni Köln. "Für viele Dörfer spielt die Kneipe eine sehr große Rolle. Es ist häufig der letzte Ort, an dem Leute regelmäßig zusammentreffen." Der Experte beobachtet: Die Wiederbelebung der Gaststätten habe positive Effekte: Die Dorfgemeinschaft werde gestärkt, auch außerhalb der Schankräume. 

Ohne ein schon bestehendes Netzwerk funktioniert das meist nicht.

Vereinsgeführte und Genossenschaftskneipe haben eines gemein: Sie fußen auf einer starken Gemeinschaft. "Ohne ein schon bestehendes Netzwerk funktioniert das meist nicht", erläutert Experte Moldenhauer.

Zudem seien in Orten mit Genossenschaftskneipen vor allem zwei Dinge meist zu finden: Einwohner mit Geld, vor allem für den Erwerb von Anteilen an der Genossenschaftskneipe. Und zweitens: Zeit für den ehrenamtlichen Betrieb der Gaststätten. Beides sei in strukturschwächeren Gebieten eher weniger vorhanden, gibt Moldenhauer zu bedenken.   

Die Beispiele aus Herdorf und Hattert zeigen dennoch: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Ob der auch die Lösung für die kürzlich geschlossene Gaststätte "Zur Rose" in Pfeddersheim sein kann? Laut Ortsvorsteher Jens Thill werde das zurzeit geprüft.  

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