Monatelange Wartezeit bei Schuldnerberatung

Immer mehr Menschen in Rheinland-Pfalz sind verschuldet

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Die Überschuldung der Rheinland-Pfälzer steigt, sagen Fachleute. Immer mehr Menschen wenden sich an die Schuldnerberatungsstellen.

Bei den Schuldnerberatungen in Rheinland-Pfalz klopfen immer mehr Menschen an. "Der Bedarf steigt täglich", sagt der Geschäftsführer der Liga der Freien Wohlfahrtspflege, Daniel Kieslinger. Betroffen seien vor allem Menschen aus dem Mittelstand und ehemalige Selbstständige.

Bei der Schuldnerberatungsstelle des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Alzey im Kreis Worms beispielsweise sind 2023 rund zehn Prozent mehr Anfragen eingegangen als im Jahr zuvor. 2024 waren es bisher noch einmal etwa fünf Prozent mehr, wie Allegra Thomsen vom DRK sagt. "Immer häufiger spielen in den letzten Monaten existenzbedrohende Verbindlichkeiten, wie zum Beispiel Stromschulden oder Mietrückstände, aber auch Immobilienfinanzierungen bei den Beratungsanfragen eine Rolle."

Scheidung häufiger Grund für Überschuldung

Mit der Inflation seien viele Beratung suchende Menschen über ihre Machbarkeitsgrenze geraten, sagt Kieslinger von der Freien Wohlfahrtspflege. Wegen Kurzarbeit und Corona hätten sie zuvor ihre Ersparnisse aufgebraucht. Viele hätten eine Trennung hinter sich. Trennung und Scheidung gehörten zu den Hauptgründen für Überschuldung. 

"Der typische Verschuldete hat durchschnittlich 35.000 Euro Schulden und ist zwischen 35 und 45 Jahre alt und durch Arbeitslosigkeit, Krankheit, Unfall und/oder eine Trennung oder Scheidung in die Überschuldungslage gekommen", so Kieslinger. Das betreffe Männer und Frauen gleichermaßen. Die meisten Schuldner seien ledig, gefolgt von den Geschiedenen. Etwa 40 Prozent seien arbeitslos und etwa genauso viele erwerbstätig. Zumeist hätten sie jedoch nur ein Einkommen von weniger als 1.300 Euro im Monat. 

Monatelange Wartezeiten bei Schuldnerberatung

Auf einen ersten Beratungstermin müssten Betroffene im Durchschnitt allerdings einen Monat warten, für laufende Beratungen könne es auch mal ein halbes Jahr oder mehr sein.

Die neue Sozialministerin Dörte Schall sieht die Entwicklung. "Der Bedarf ist hoch", sagt die SPD-Politikerin. "Wir wollen, dass die Menschen schnell eine Erstberatung bekommen, dann wissen sie, was sie tun können und geraten nicht so leicht in eine Abwärtsspirale." Das sei zur Armutsvorbeugung und Verhinderung von Folgekosten sehr wichtig. 

RLP hat mehr Geld für Schuldnerberatung eingeplant

Im Doppelhaushalt 2025/26 ist nach Ministeriumsangaben eine Anhebung der Förderung der Schuldnerberatung und die Einführung einer "Dynamisierungsregelung" ab 2026 vorgesehen. Die Summe steigt zunächst um 400.000 Euro auf rund 2,7 Millionen Euro und dann noch einmal um rund 200.000 Euro auf 2,9 Millionen Euro im Jahr 2026. Zudem sei eine weitere Ausweitung der geförderten Stellen bis Ende 2026 geplant.

Aus Sicht der Freien Wohlfahrtsliga reicht die Aufstockung aber nicht: "Sie deckt die Personalkostensteigerung der vergangenen zehn Jahre nicht ab", sagt Kieslinger. "Die Personalkosten wurden zuletzt vor zehn Jahren angepasst. Zusätzlich wurden die Sachkosten nicht angepasst. Das ist auch dringend nötig." Zumal die Schuldnerberater ein Nachwuchsproblem hätten. 

Ministerin: Schuldnerberatung ist komplex und anspruchsvoll

Insgesamt gibt es 63 anerkannte Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen im Land, wie das Sozialministerium berichtet. Davon würden 53 mit mehr als 83 Vollzeitstellen aus Landesmitteln gefördert. Das Ministerium geht von zuletzt rund 22.000 Beratungsfällen pro Jahr aus. 

Die Aufgabe der Schuldnerberatungen sei sehr anspruchsvoll, sagt Schall. "Das ist schon sehr komplex, was die Beratenden leisten. Man muss tief in die individuelle Situation eintauchen." Manche Klienten machten ihre Post nicht mehr auf, wenn sie erst einmal in der Schuldenfalle säßen. "Da können dann ganze Haushalte und Existenzen dran hängen."

Es würden sicher mehr Beraterinnen und Berater gebraucht, um Wartezeiten abzubauen, sagt Kieslinger. Noch wichtiger sei eine bessere Finanzierung der bestehenden Stellen, da viele Träger den Eigenanteil jetzt schon nicht mehr leisten könnten. Notwendig seien auch Zuschüsse für Verwaltungskräfte, weil in der Schuldnerberatung sehr viel Verwaltung anfalle.

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