SWR Aktuell hat den SWR-Terrorismusexperten Holger Schmidt befragt, zugeschaltet aus Karlsruhe vor dem Bundesgerichtshof. Wie ordnet er die Pläne der so genannten Reichsbürger ein?
SWR Aktuell: Wie weit waren die Pläne denn ausgereift, das heißt, wie gefährlich war die Gruppe tatsächlich?
Holger Schmidt: Also Pläne gab es nach meinem Eindruck eine Menge, was man machen könnte, wie man es machen könnte. Es hat zum Beispiel auch Pläne gegeben, den Deutschen Reichstag auszuspähen und da eben etwas zu machen. Wenn die Frage aber jetzt ist, hätte das morgen losgehen können, dann ist mein Eindruck: So weit war das noch nicht. Das ist aber für die Ermittler gar nicht so entscheidend. Sie hatten eher das Problem, dass die Gruppe sehr groß ist, dass die Gruppe entschlossen war und dass man deswegen der Meinung war: Das reicht jetzt, um es strafrechtlich nachzuweisen. Und ein weiteres Risiko will man auch nicht eingehen. Es ist eigentlich eine klare Sache, und deswegen hat man sich heute Morgen zum Zugriff entschlossen.
SWR Aktuell: Gibt es einen Zusammenhang mit der Gruppe um eine ehemalige Mainzer Lehrerin, die Gesundheitsminister Lauterbach (SPD) entführen wollte?
Holger Schmidt: Ja und Nein. Es ist die gleiche Ideologie, es sind die gleichen Gedanken und es hat im Laufe dieses Jahres auch Kontakte zwischen diesen beiden Gruppen gegeben, sagen die Ermittler. Also Elisabeth R. und die Männer, die mit ihr zusammengearbeitet haben sollen, und die heute ausgehobene Gruppe, die haben miteinander diskutiert, die haben geguckt, inwieweit die Ziele ähnlich sind und haben dann aber wechselseitig beschlossen, dass man lieber getrennt weitermachen will. Also das ist ganz ähnlich, aber das sind juristisch und tatsächlich zwei unterschiedliche Gruppen.
SWR Aktuell: Was weiß man darüber, wie die Mitglieder dieser Gruppe, die jetzt ausgehoben wurde, in Kontakt gekommen sind und wie sie kommuniziert haben?
Holger Schmidt: Unterschiedlich.Teilweise haben sie sich wie viele dieser derartigen Gruppen über Messengerdienste, über das Smartphone kennengelernt. Aber dann hat es auch reale Treffen gegeben. Und man hat sich immer wieder an unterschiedlichen Orten getroffen und überlegt, was man miteinander tun soll. Und es hat ja auch eine ganze Reihe von praktischen Unternehmungen schon gegeben. So ist man zum Beispiel in russische Generalkonsulate gegangen, um sich dort der Unterstützung von Wladimir Putin zu versichern. Die russischen Generalkonsulate sagen allerdings, dass man das natürlich nie ernst genommen hat.
Das Interview führte Daniela Schick. Das Gespräch wurde vor der Sendung aufgezeichnet.
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