Weil es vom Land per Gesetz mittlerweile strengere Sicherheitsauflagen für Veranstaltungen gibt, stehen Vereine und Gemeinden in Rheinland-Pfalz vor Problemen. Die Erfüllung der Auflagen kostet viel Geld und vielerorts sind die traditionellen Fastnachtsumzüge zu Rosenmontag oder Veilchendienstag gefährdet. Können vor allem kleine Fastnachtsvereine und Dörfer das noch stemmen?
Hier können Sie nachlesen, wie der rheinland-pfälzische Innenminister Michael Ebling (SPD) auf die Kritik an den Auflagen reagiert und wie es in ihrer Region aussieht. Wie laufen die Planungen, wo gab es bereits Absagen?
Ebling: "Alles andere wäre grob fahrlässig."
Ebling verteidigt die Sicherheitsauflagen für Fastnachtsumzüge. Im SWR-Gespräch sagte er, es gebe gestiegene Sicherheitsanforderungen und deshalb müsse es für einen Umzug ein entsprechendes Sicherheitskonzept geben.
"Ein Umzug, auch in Frankenthal, zieht viele tausend Besucher an und die wollen natürlich auch die Gewähr dafür haben, dass sie das unbeschwert feiern können", sagte Ebling. Entschieden über die Auflagen werde vor Ort. Das Landesgesetz schaffe lediglich die Rahmenbedingungen.
Es wäre "grob fahrlässig", nicht für Sicherheitskonzepte zu sorgen. Teils sehr belastende Entwicklungen mit Blick auf die Sicherheit von Großveranstaltungen müssten berücksichtigt werden, so der Minister.
Koblenz und Umgebung
Im Norden von Rheinland-Pfalz ächzen die Karnevalsvereine unter den Sicherheitsauflagen für Fastnachtsumzüge. Nach Angaben der Rheinischen-Karnevals Korporationen mit Sitz in Koblenz kosten Absperrzäune, Parkplätze und Straßensicherungen die Vereine oft mehr als 10.000 Euro.
Wie die Möhnen aus Mülheim-Kärlich mitteilen, erarbeiten sie derzeit ein neues Sicherheitskonzept. Denn auch hier seien die Kosten für Sicherheitsdienste, Festzelt und Technik um mehrere tausend Euro gestiegen. In Wissen im Kreis Altenkirchen hat die Karnevalsgesellschaft nach eigenen Angaben wegen Sicherheitsvorkehrungen und Reinigungsaufwand die Zugstrecke bereits geändert.
Auch in Höhr-Grenzhausen im Westerwald würden die Sicherheitsauflagen das Komitee Fastnachtszug belasten. Laut des Komitees müssen rund 17 Zufahrtsstraßen während des Zugs mit Absperrgittern gesichert werden. Das steigere die Kosten für den Umzug. Zusätzlich leide der Umzug am Fastnachtssonntag in Höhr-Grenzhausen darunter, dass sich bisher deutlich weniger Fußgruppen und Motivwagen angemeldet hätten als in den Jahren vor der Corona-Pandemie.
In Ochtendung hat die Große Ochtendunger Karnevalsgesellschaft nach eigenen Angaben lange überlegt, ob sie die geforderten Auflagen erfüllen und der Umzug wie geplant stattfinden kann. Letzten Endes entschied der Vorstand, dass der Umzug doch planmäßig am Veilchendienstag durch die Straßen rollt. Auch in Koblenz, Neuwied und Linz finden die Fastnachtsumzüge nach aktuellem Stand wie geplant statt.
Rheinhessen-Nahe
Auch in Rheinhessen und entlang der Nahe beklagen viele Fastnachtsvereine die hohen Sicherheitsauflagen für Fastnachtsumzüge. Vor allem für kleine Vereine und Gemeinden könnte es deswegen in Zukunft schwer werden, weiter traditionelle Rosenmontagszüge zu veranstalten. Kurzfristige Zugabsagen gab es hier deswegen aber bislang noch nicht.
Einige Orte haben jedoch von vornherein keine Umzüge mehr geplant. In Ober-Flörsheim findet in diesem Jahr zum Beispiel kein Fastnachtsumzug statt, weil es im Nachbarort Flomborn am 11. Februar ein Jubiläumsumzug geben wird. Das grundsätzliche Problem sei, dass kleine Gemeinden die Kosten für Sicherheitsmaßnahmen selbst tragen müssen, sagt Bürgermeister Sascha Leonhardt. Polizei und Ordnungsamt kämen nicht "automatisch vorbei" wie beispielsweise in Städten wie Mainz. Leonhardt sagt aber auch, dass nicht nur die hohen Sicherheitskosten, sondern auch die fehlenden Helferinnen und Helfer problematisch seien.
In Alzey findet der Fastnachtsumzug wie geplant am 19. Februar statt. Die hohen Sicherheitsauflagen stellen jedoch zukünftige Umzüge infrage, so der Vorsitzende des Vereins Alzeyer Fastnachtsumzüge, Christian Hoffmann. Er kritisiert, dass die behördlichen Auflagen irgendwo aufhören müssten, sonst würden bald fast sämtliche Kulturveranstaltungen in der Region sterben.
Ein Umzug in Rheinhessen ist den neuen Regeln schon 2020 zum Opfer gefallen: der Bingen-Büdesheimer Nachtumzug. "Die behördlichen Auflagen wurden derartig angezogen - Thema Sicherheitskonzept - dass sich die Auflagen nicht mehr wirtschaftlich erfüllen lassen", sagt Hans-Jürgen Rothe vom TuS 1861 Bingen-Büdesheim, der den Nachtumzug veranstaltet hatte. In Bingen waren vor allem das Mehr an Sicherheitskräften, das erforderlich wurde, sowie die Abgitterung der Zugstrecke zentrale Probleme. Einige kleinere Umzüge in Bingen, zum Beispiel in Dietersheim, Kempten und Bingerbrück, finden weiterhin wie geplant statt.
In der Fastnachtshauptstadt Mainz findet der Rosenmontagsumzug in diesem Jahr ebenfalls wie geplant statt - nach zwei Jahren Corona-Pause. Der Präsident des Mainzer Carneval-Vereins, Hannsgeorg Schönig, rechnet mit etwa 150.000 bis 170.000 Euro Sicherheitskosten für den diesjährigen Rosenmontag in Mainz. 2015 seien es noch 40.000 Euro gewesen. Schönig berichtet, dass sich schon in den Jahren 2015 bis 2020 die Kosten für Sicherheit verdreifacht hätten.
Pfalz
In der Pfalz wurde wegen der gestiegenen Sicherheitskosten bereits der Fastnachtsumzug in Frankenthal abgesagt. Der Bürgermeister von Frankenthal, Bernd Knöppel, bezeichnete die höheren Kosten als "unverhältnismäßig". Statt des Umzugs am Fastnachtssamstag, den 18. Februar, soll auf dem Rathausplatz ein Fastnachtsdorf aufgebaut werden, so die Stadtverwaltung. Die Frankenthaler Narren hoffen, dass die Absage nicht das endgültige Aus für ihren Umzug bedeutet und 2024 unter anderem mit einer geänderten Strecke wieder ein Fastnachtszug stattfinden kann.
Auch die Umzüge in Mannheim-Ludwigshafen, Bellheim, Grünstadt, Bad Dürkheim, Gönnheim und Weisenheim am Sand sind für dieses Jahr abgesagt worden.
Pfalz: Immer mehr Karnevalsvereine sagen Fastnachtsumzüge ab
Trier und Umgebung
Auch Karnevalsvereine in der Region Trier kritisieren die neuen Sicherheitsauflagen. Die Umzüge in Trier, Traben-Trarbach, Wittlich, Bitburg und Hillesheim sollen nach aktueller Planung aber trotzdem stattfinden. Und auch in Idar-Oberstein gibt es 2023 einen Fastnachtsumzug.
Dahn, Zweibrücken und die Westpfalz
Die meisten Karnevalsvereine in der Westpfalz wollen ihre Fasnachtsumzüge in diesem Jahr durchführen. Die erhöhten Sicherheitsanforderungen - wie beispielsweise Streckenabsicherungen - können sie nach eigenen Angaben bewältigen. Allerdings nur, weil die Kommunen die Karnevalsvereine unterstützten, heißt es etwa vom Elwetritsche e.V. in Dahn. So werde das Umzugsgelände dank Stadt und Verbandsgemeinde mit Lastwagen abgesichert.
Auch der Karnevalverein Zweibrücken geht davon aus, dass sein Umzug stattfinden kann. Städtische Tochterfirmen stellten dafür Lkw zur Verfügung, außerdem gebe es vom Weihnachtsmarkt und dem Zweibrücker Stadtfest noch mobile Absperrungen. Der Karnevalverein Kaiserslautern beteiligt sich üblicherweise am Umzug in Mannheim und Ludwigshafen. Dieser wurde, genau wie Frankenthal, wegen der erhöhten Sicherheitsanforderungen, aber abgesagt.
Neues Gesetz, hohe Kosten Absage von Fastnachtsumzügen in RLP - Opposition verlangt Lösungen
Im Sommer 2022 waren es zahlreiche Weinfeste, nun - vor der heißen Phase der Fastnacht - sagen immer mehr Kommunen ihre Umzüge ab. Grund: Hohe Kosten durch gesetzliche Vorgaben.