Begrenzte Möglichkeiten der Hilfsorganisationen für das Ahrtal

Warum 187 Millionen Euro Spendengelder für Flutopfer noch nicht verteilt sind

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Autor/in
Michael Lang
Bild von SWR Multimediareporter Michael Lang aus dem Regionalbüro Bad Neuenahr-Ahrweiler

Die Aktion Deutschland Hilft und das Aktionsbündnis Katastrophenhilfe haben noch mehr als 187 Millionen Euro Spendengelder für die Opfer der Flutkatastrophe 2021. Das teilten die Organisationen auf SWR-Anfrage mit.

Ist es eine gute oder eine schlechte Nachricht, dass sich auf den Konten der Hilfsorganisationen für die Betroffenen der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen immer noch viele Millionen Euro Spendengelder befinden? Es gibt dafür gute Gründe, aber auch Kritik an den begrenzten Möglichkeiten der Hilfsorganisationen, Spenden an die Betroffenen schneller zu verteilen. Wir beantworten fünf Fragen zu dem Thema:

Ein Bagger verdichtet eine notdürftig geflickte Brücke über die Ahr.
Seit der Flutkatastrophe im Norden von Rheinland-Pfalz sind viele Millionen an Spendengeldern u.a. an "Aktion Deutschland Hilft" eingegangen.

Wie viele Millionen Euro liegen noch bei den großen Hilfsorganisationen?

Die Aktion Deutschland Hilft (Malteser, Johanniter, Arbeiter-Samariter-Bund, AWO, etc.) hat nach eigenen Angaben 118,2 Millionen Euro Spendengelder bis Ende vergangenen Jahres noch nicht ausgezahlt. Die Hilfsorganisation habe 282,2 Millionen Euro für die Opfer der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen gesammelt.

Das Aktionsbündnis Katastrophenhilfe und die drei Mitgliedsorganisationen Caritas international, Deutsches Rotes Kreuz und Diakonie Katastrophenhilfe haben zusammen nach eigenen Angaben insgesamt 163,63 Millionen Euro Spenden für die Flutopfer gesammelt. 69,33 Millionen Euro seien noch nicht ausgegeben worden.

Zusammengerechnet liegen also noch 187,53 Millionen Euro Spendengelder für die Opfer der Flutkatastrophe auf den Konten von Aktion Deutschland Hilft und Aktionsbündnis Katastrophenhilfe.

Container-Apotheke in Kalenborn
Durch die Flutkatastrophe im Ahrtal hat auch die medizinische Versorgung in der Region gelitten. Weil viele Gebäude langfristig nicht genutzt werden können, wurde als Übergangslösung in Kalenborn ein großer Apotheken-Container aufgestellt - finanziert mit Spendengeldern.

Woran liegt es, dass noch nicht alle Spendengelder ausgegeben wurden?

Dafür gibt es nach Angaben der Hilfsorganisationen viele Gründe. Das Aktionsbündnis Katastrophenhilfe schätzt nach eigenen Angaben, dass viele Spenden in den Wiederaufbau der zerstörten Wohnungen und Häuser fließen. Aber viele Betroffene hätten aus unterschiedlichen Gründen noch keine Anträge zum Wiederaufbau stellen können.

Gründe dafür seien zum Beispiel fehlende Baugutachter, fehlende Handwerker und Baumaterialien. Aber auch durch die Katastrophe entstandene Traumata, die die Menschen davon abhielten, Anträge zum Wiederaufbau ihrer Häuser und Wohnungen zu stellen.

Auch die Aktion Deutschland Hilft geht nach eigenen Angaben davon aus, dass für die Phase des Wiederaufbaus noch Spenden benötigt werden. Derzeit seien dafür eine große Zahl von Anträgen in Bearbeitung.

Was wird aktuell durch Spendengelder finanziert?

Bei der Aktion Deutschland Hilft liegt der Schwerpunkt der Hilfe nach eigenen Angaben derzeit besonders auf Einzelfallhilfen für Betroffene. Diese könnten zum Beispiel in den Fluthilfebüros der Malteser Anträge auf Unterstützung durch Spendengelder stellen. Der Arbeiter-Samariter-Bund würde unter anderem therapeutische Freizeitangebote - auch für Kinder und Jugendliche - unterstützen.

Bestehende Projekte würden durch Spendengelder weiterhin ausgebaut oder aufgestockt. Nach Angaben des Aktionsbündnisses werden zurzeit viele Spenden eingesetzt, um Betroffenen bei der Antragstellung - sowohl bei Versicherungen, bei staatlichen Stellen wie auch bei Organisationen - zu unterstützen und zu beraten.

Tinyhäuser in Bad Neuenahr-Ahrweiler
Die Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler hat 64 sogenannte Tiny Houses für Betroffene der Flut aufgestellt, die nach dem Hochwasser nicht mehr in ihren Häusern wohnen können. Sie wurden durch Spenden der "Aktion Deutschland Hilft" finanziert.

Warum werden die Spendengelder nicht schneller verteilt?

Der Deutsche Fundraising Verband (DFRV) fordert nach eigenen Angaben einen besseren Informationsaustausch und den Abbau von bürokratischen Hürden, damit vor allem höhere Spendensummen nach Katastrophen einfacher und schneller die Opfer erreichen können.

Der DFRV-Vorsitzende Martin Georgi kritisiert nach eigenen Angaben unter anderem, dass sich Hilfsorganisationen, Versicherungen und staatliche Stellen nicht gemeinsam darüber austauschen, welche Hilfen die Betroffenen beantragt und bekommen haben. Dabei sei dieses organisatorische Problem schon seit der Oderflut bekannt gewesen. "Wir müssen zusammen arbeiten", sagt Martin Georgi. Er fordere auch eine Modernisierung des Gemeinnützigkeitsrechts, das dann stärker auf Vertrauen in die Organisationen setzt und weniger auf Kontrolle durch die Finanzämter.

Bis wann werden die restlichen Spendengelder ausgezahlt?

Das Aktionsbündnis Katastrophenhilfe wie auch Caritas international, das Deutsche Rote Kreuz und die Diakonie Katastrophenhilfe gehen nach eigenen Angaben davon aus, dass der Wiederaufbau drei bis fünf Jahre dauern wird. Nach Angaben des Aktionsbündnisses Katastrophenhilfe können voraussichtlich noch rund 45 Millionen Euro für Hilfen beim Wiederaufbau ausgegeben und noch einmal rund 24 Millionen für besondere Härtefälle zurückgelegt werden.

Nach Angaben der Aktion Deutschland Hilft sei noch nicht klar, bis wann die restlichen 118,2 Millionen Euro verteilt seien. Generell gelte aber, sie würden so lange helfen, wie die Hilfe in den von der Flutkatastrophe betroffenen Gebieten nötig sei.

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