Badegül Elmas hat im Keller Fallen aufgestellt, gegen die Ratten, die sie dort gesehen hat. In einer Wohnung zeigt uns ein Mieter Schimmel an der Schlafzimmerwand. Viele Jalousien sind kaputt. Schon von außen hat man ein verwahrlostes Bild, weil die Gartenanlage offenbar seit langem nicht mehr gepflegt wurde.
Der Gebäudekomplex im Nelkenweg hat rund 100 Wohnungen und gehört der in München ansässigen Immobilienfirma Omega. Seit langem gibt es für die Mieter dort keinen Ansprechpartner mehr und es gibt auch keinen Hausmeister, der sich um den Schädlingsbefall kümmern würde.
Bei Igor und Irina Sibirski kommt kein warmes Wasser mehr aus den Leitungen. Zum Glück konnte ihnen ihr Sohn einen gebrauchten Durchlauferhitzer besorgen, sagen sie. Denn der Vermieter habe nicht reagiert.
Kein Licht im Treppenhaus
Weil der Vermieter offenbar die Rechnungen an den Energieversorger nicht bezahlt hat, wurde der Allgemeinstrom abgestellt. Im Dunkeln, nur im Schein von Taschenlampen, mussten die Bewohner die Treppen hoch.
Für Bibiana Borkowski ist das eine Herausforderung. Sie hat Probleme mit dem Gehen. Und auch für ihren Mann ist es oft nicht einfach, die Einkäufe nach oben in den vierten Stock zu tragen. Seit etwa acht Monaten schon funktioniere der Aufzug in ihrem Haus nicht mehr, sagen sie.
Eine andere Frau hatte uns angeschrieben und von einem medizinischen Notfall berichtet: Von einem Verwandten, der ebenfalls im vierten Stock wohnte und der kurz vor Weihnachten einen Herzstillstand hatte. Der Notarzt habe sich im Dunkeln nur mit dem Licht seines Smartphones den Weg durchs Treppenhaus gesucht.
Nach der Reanimation sei schließlich noch die Feuerwehr zu Hilfe gekommen. Mit einer Trage hätten mehrere Einsatzkräfte den Vater runter zum Rettungswagen getragen, andere hätten die medizinischen Geräte, an denen der Vater mittlerweile angeschlossen gewesen sei, festgehalten oder mit Taschenlampen geleuchtet. Im Januar wurde der Strom jetzt wieder angestellt.
Obwohl in Mainz händeringend Wohnraum gesucht wird, stehen in der Anlage in Finthen offenbar sogar Wohnungen leer und werden nicht neu vermietet. Andreas Borkowski sagt, der Vermieter kümmere sich einfach nicht darum. Eine Familie sei nach ihrer Kündigung im Sommer ausgezogen, es habe keine Wohnungs- und keine Schlüsselübergabe stattgefunden.
Brief an Mainzer Oberbürgermeister Nino Haase
Borkowski hat sich an den Mainzer Oberbürgermeister gewandt. Der hat geantwortet, die Stadt habe leider keine Befugnisse bei Privateigentum. Hinsichtlich der Ratten seien das Gesundheitsamt und das Ordnungsamt eingeschaltet worden.
Nach Angaben der Stadt ist das Problem bereits seit April 2023 bekannt. Es habe jedoch lange gedauert, seitens des Vermieters einen Ansprechpartner zu finden. Wie den Mietern erging es auch der Verwaltung: Keine Reaktion auf ein Anschreiben an die Omega AG.
Insolvenzverwalter eingeschaltet
Nachdem jetzt bekannt geworden sei, dass es einen Insolvenzverwalter gebe, schreibt die Stadt Mainz:
"Die Stadt Mainz hat diese Hausverwaltung nun mit Fristsetzung zur Äußerung bis 1.2. aufgefordert, der Müllbeseitigung / Reinigung im Außengelände nachzukommen, eine fachgerechte aktuelle Schädlingsbekämpfung zu beauftragen, Wartungsarbeiten dauerhaft zu übernehmen, zudem turnusmäßig auf längere Dauer eine wiederholte Sichtung möglicher notwendiger weiterer Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen durch eine Fachfirma zu beauftragen."
Ob sich für die Mieterinnen und Mieter jetzt etwas ändert, bleibt abzuwarten.
Vor zwei Wochen war bekannt geworden, dass die Münchner Omega AG insolvent ist. Sie soll mehrere Tausend Wohnungen besitzen. Einige davon sind auch in Bad Kreuznach und Worms. Die Zustände sollen dort für die Mieter ähnlich schlecht sein wie in Mainz.