"Die federleichten Zeiten sind vorbei", so der Mainzer Finanzdezernent Günter Beck (Grüne). Eine Kurskorrektur sei alternativlos, die Stadt müsse bei ihren Geldausgaben wieder stärker Prioritäten setzen.
2021 und 2022 hatte der Mainzer Pharmakonzern BioNTech mit seinem Corona-Impfstoff sehr gute Umsätze erzielt und dabei der Stadt Mainz Gewerbesteuereinnahmen von jeweils mehr als einer Milliarde Euro beschert. Inzwischen sind die Gewinne des Unternehmens geschrumpft.
Für das laufende Jahr hatte die Stadt Mainz im Haushalt mit einem Defizit von rund 90 Millionen Euro gerechnet, unter anderem wegen weniger Gewerbesteuereinnahmen als bisher angenommen.
Mainz muss Haushaltslage verbessern
So stand es auch im aktuellen Nachtragshaushalt, den der Mainzer Stadtrat im vergangenen Juni verabschiedet hatte. Den hat die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier nun beanstandet, bestätigte Finanzdezernent Beck am Dienstag. Unter anderem wohl auch, weil die Stadt es darin versäumt hatte, zu benennen, wie sie dieses Defizit ausgleichen wolle.
Am vergangenen Freitag fanden Gespräche der Stadt Mainz mit der ADD statt. Sie seien konstruktiv geführt worden, sagte die Sprecherin der ADD, Eveline Dziendziol, auf SWR-Anfrage. Über deren Inhalt könne sie nichts sagen, aber:
Was sich so freundlich und höflich anhört, ist die ganz klare Ansage an das Mainzer Finanzdezernat, Vorschläge zu machen, wie die Stadt ihre Finanzsituation verbessern kann.
Stadt Mainz kramt den Rotstift wieder raus
Die Stadt Mainz muss jetzt also wieder sparen. Dafür sollen laut Finanzdezernent Beck nun sämtliche Projekte und Investitionen auf den Prüfstand gestellt werden. Welche Projekte von Geldkürzungen oder Verzögerungen betroffen sein oder sogar ganz auf Eis gelegt werden könnten, sei noch unklar. Darüber müsse letztendlich der Mainzer Stadtrat beraten.
Wird die Wirtschaft zur Kasse gebeten?
Außerdem müsste wohl ab dem kommenden Jahr die Gewerbesteuer wieder auf Vor-Corona-Niveau erhöht werden. "Das ist alternativlos", sagte Beck. Durch den Geldsegen des Pharmakonzerns BioNTech hatte die Stadt den Gewerbesteuer-Hebesatz von 440 auf 310 Punkte abgesenkt. Damit hat Mainz aktuell gemeinsam mit der Stadt Ingelheim den niedrigsten Hebesatz in Rheinland-Pfalz.
Mainz geht es wieder so wie vielen anderen Städten
Die "fetten Jahre" sind damit endgültig vorbei, das sogenannte Wunder von Mainz ist vorerst Geschichte. Mit den Gewerbesteuereinnahmen des Corona-Impfstoffherstellers BioNTech hatte die Stadt Mainz ihre hohen Schulden abbauen können und kräftig in die Zukunft investiert.
Inzwischen hat Corona aber seinen Schrecken verloren, die Nachfrage nach dem Impfstoff von BioNTech hat deutlich nachgelassen. Die Milliardenumsätze des Mainzer Pharmaunternehmens sind eingebrochen. Und das wirkt sich nun auch auf den Haushalt der Stadt Mainz aus.
Nach Umsatzeinbruch im ersten Quartal Mainzer Finanzdezernent Beck bestürzt über Umsatz-Einbruch bei BioNTech
Der Mainzer Corona-Impfstoffhersteller BioNTech verzeichnet einen drastischen Umsatzeinbruch. Die Stadt Mainz wird deshalb deutlich weniger Gewerbesteuer einnehmen.
Haushalt wird Thema der Koalitionsverhandlungen
In diesen Tagen beginnen die Gespräche über eine künftige Koalition im Mainzer Stadtrat. Nach der Kommunalwahl hatte die bisherige Ampel-Koalition ihre Mehrheit verloren, ein neues Bündnis muss her.
Kommt eine Kenia-Koalition in Mainz?
Im Gespräch ist eine Zusammenarbeit von Grünen, CDU und SPD, die sogenannte Kenia-Koalition. Um die schwierigen Haushaltsprobleme zu lösen, braucht es im Stadtrat eine stabile und vor allem verlässliche Mehrheit. In den Gesprächen zwischen Grünen, CDU und SPD wird es deshalb auch ums Geld und den Haushalt gehen – vor allem jetzt, wo die ADD in Trier den Mainzern eine klare Ansage gemacht hat.