Auf den Videos von Verkehrsüberwachungsanlagen ist zunächst zweifelsfrei zu erkennen, dass der Mercedes des 25-jährigen Angeklagten auf dem Gustav-Stresemann-Ring bei rot über zwei Ampeln gefahren war. Bei der zweiten Ampel kreuzt ein entgegenkommender Golf. Darin saß das Unfallopfer. Der Mann hatte grün und wollte links abbiegen.
Auch auf den Videos deutlich zu erkennen sind der Aufprall, Funken und Rauch. Außerdem sehen die Zuschauer im Gerichtssaal, wie der dunkle Mercedes zur Seite geschleudert wird und auf dem Dach zum Liegen kommt.
Angehörige verließen weinend den Raum
Nachdem es bei vorangegangenen Prozesstagen teilweise zu heftigen Gefühlsausbrüchen der Angehörigen des Opfers gekommen war, verbat sich die Vorsitzende Richterin vor der Präsentation der Videoaufnahmen jegliche Störungen.
Sich immer wieder anzusehen, wie der Mercedes in den Golf rast, war für zwei Angehörige zu viel. Sie weinten und verließen den Gerichtssaal.
Simulationen des Unfalls mit Tempo 70 und 140
Neben den echten Aufnahmen des Unfalls ging es dem Gericht vor allem um die Frage: Was konnte man zu diesem Zeitpunkt, zu dieser Uhrzeit und der Jahreszeit aus Sicht des Unfallfahrers sehen? Dafür wurde der Unfall auf der vierspurigen Straße rekonstruiert und das Ergebnis jetzt vor Gericht gezeigt. Bilder einer Virtual-Reality-Brille zeigten in Großformat auf der Wand, was der Angeklagte bei verschiedenen Geschwindigkeiten im Blickfeld haben konnte.
Unfallraser wegen Mordes vor Gericht
Die Richter müssen entscheiden, ob der 25-Jährige wegen Mordes verurteilt wird. Für ein Urteil wegen "Mordes" müssen schwerwiegendere Vorwürfe durch ein Gericht bestätigt werden als bei "Totschlag".
Seit einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs im Jahr 2020 können Raser, die einen tödlichen Unfall verursachen, in einigen Fällen wegen Mordes verurteilt werden. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 25-Jährigen vor, "heimtückisch" und mit "gemeingefährlichen Mitteln" den Tod seines Opfers herbeigeführt zu haben.
Angeklagter sitzt in Untersuchungshaft
Der Angeklagte sitzt derzeit in Untersuchungshaft. Er war bei dem Unfall im vergangenen Herbst mit bis zu 140 Kilometern pro Stunde in der Innenstadt unterwegs. Dabei war das Opfer, ein Familienvater, ums Leben gekommen. Der Angeklagte und seine vier Beifahrer wurden bei dem Zusammenstoß schwer verletzt - darunter auch ein siebenjähriger Junge. Wann das Landgericht Wiesbaden zu einem Urteil kommt, ist noch unklar.