Acht Quadratmeter Privatsphäre

Mini-Holzhäuschen für Obdachlose in Wiesbaden

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Autor/in
Sabine Steinbrecher
Sabine Steinbrecher ist Reporterin im SWR Studio Mainz
Onlinefassung
Christiane Spohn
Christiane Spohn ist Reporterin im SWR Studio Mainz

„DachübermKopf“ heißt das Projekt, das es für Obdachlose in Wiesbaden gibt. Eine kleine Holzhütte mit Bett, einem Regal und einer Trockentoilette. Für Menschen, die sonst gar nichts haben, kann es eine Chance sein, in ein leichteres Leben zu finden.

Fünf Mini-Häuschen wurden seit März durch Spenden gebaut. Zu verdanken ist das Betina Weiler. Sie hat eine Boutique in der teuersten Gegend in Wiesbaden - in der Wilhelmstraße.

Ihr soziales Engagement kam durch einen Zufall. Als sie vor einigen Jahren mit einem Obdachlosen ins Gespräch kam, war das für sie eine schicksalhafte Begegnung: Sie beschloss etwas zu tun. Ab sofort wollte sie Menschen, denen es nicht gut geht, helfen.

"Es ist mir eine Herzensangelegenheit, Menschen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen, zu unterstützen.

Obachlosenfest und Holzhütten für Obdachlose

Seitdem organisiert sie einmal im Jahr ein Obdachlosenfest und gibt neuerdings auch Holzhütten in Auftrag, wenn genügend Spenden zusammenkommen. 12.000 Euro kostet ein Häuschen, entworfen und gebaut von Weilers Schreiner.   

Auf acht Quadratmetern alles zum Leben

Die Mini-Holzhäuschen sind acht Quadratmeter groß. Auf der einen Seite ist ein Regal für Habseligkeiten.

In dem Mini-Holzhaus ist Platz für ein Regal, in dem die Obdachlosen ihre Sachen unterbringen können.
In dem Mini-Holzhaus ist Platz für ein Regal, in dem die Obdachlosen ihre Sachen unterbringen können.

Gegenüber steht ein Bett. Hier können die Männer und Frauen geschützt schlafen.

So sieht das Bett im Mini-Holzhaus aus.
So sieht das Bett im Mini-Holzhaus aus.

Kirchengemeinden stellen Grundstücke zur Verfügung

Die acht Quadratmeter kleinen Häuschen stehen jeweils auf Grundstücken einer Kirchengemeinde. In den isolierten Holzhütten können Obdachlose maximal sechs Monate wohnen.

Damit soll den Bewohnerinnen und Bewohnern nicht nur Schutz vor Überfällen und klirrender Kälte im Winter gegeben werden, es soll ihnen damit auch der Weg zurück in die Gesellschaft ermöglicht werden.

Erster Obdachlose hat es geschafft

Andreas Hohmeier ist der erste Obdachlose, der in ein Mini-Holzhaus eingezogen ist. Und seine Geschichte ist eine Erfolgsgeschichte: Er bezog im März 2023 an der Luther-Kirche sein Holzhäuschen. Davor hatte er fünf Jahre lang auf der Straße gelebt.

Andreas Hohmeier ist der erste Obdachlose, der in einem Mini-Holzhaus von Betina Weiler eingezogen ist.
Andreas Hohmeier ist der erste Obdachlose, der in ein Mini-Holzhaus von Betina Weiler eingezogen ist.

Betreut wurde er von zwei Sozialarbeitern der Diakonie. Sie kennen die Bedürftigen von ihrer Arbeit in der Wiesbadener Teestube. Dort gibt es Notschlafplätze und täglich ein Mittagessen. Projektleiterin Elena Fusca sagt, viele alltägliche Dinge in den eigenen vier Wänden seien am Anfang zu viel für die Obdachlosen. Allein zu sein oder morgens aufzustehen.

Eigene Wohnung ist großer Erfolg

Besonders gefreut hätten sie sich, als Andreas vor einem halben Jahr eine eigene Wohnung gefunden und sein Mini-Häuschen für einen Nachfolger frei gemacht habe. Er habe sich so gut entwickelt, sagt Projektleiterin Elena Fusca, und das freue sie sehr.

In der Wohnung käme er jetzt bestens zurecht und er habe sogar eine Arbeit bei der Diakonie in der Teestube bekommen.

"Man hat einfach sehen können, wie er sich positiv entwickelt und er ist jetzt natürlich der King (...). Das packt einen selbst dann auch emotional, muss ich sagen.

Mini-Holzhäuser sind große Hilfe

Teilweise werden die Häuschen schon zum dritten Mal bewohnt. Rainer zum Beispiel schläft im Häuschen bei der Paul-Gerhardt-Gemeinde. Er lebt eigentlich auf den Philippinen. Er wurde aber ausgewiesen und muss in Deutschland seinen Rentenantrag durchbringen, bevor er zu seiner Frau zurück kann. In Wiesbaden hat er im Stadtpark geschlafen, Geld für eine Bleibe hat er nicht.

Nicht immer sei die Arbeit mit Obdachlosen eine Erfolgsgeschichte. Sie könne auch scheitern, so Elena Fusca. Suchtprobleme zum Beispiel könnten so dominant sein, dass die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter nichts erreichen.

Ganz wichtig sei es aber, den Obdachlosen zu helfen, einen Pass zu beantragen. Denn ohne den, könnten sie keine finanziellen Hilfen beantragen. "Wir werden immer versuchen, den Menschen ein würdiges Dasein zu ermöglichen", so Elena Fusca.

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