Der OB-Wahlkampf hat Mitte Januar auch den Mainzer Nachtclub "Schon Schön" erreicht. Der parteilose OB-Kandidat Nino Haase hat an diesem Mittwochabend eingeladen und will hier nicht feiern, sondern über Bürgerbeteiligung sprechen.
Und so kommt bereits vor der Veranstaltung eine ältere Frau auf ihn zu. Sie sei noch nie auf einer Wahlkampfveranstaltung gewesen, erzählt sie. Die Entwicklung in der Stadt sei aber eine Katastrophe. "Die etablierten Parteien werden nichts daran ändern." Deshalb setze sie nun auf Haase - einen unabhängigen, parteilosen Kandidaten. "Enttäuschen Sie mich nicht", sagt sie zu Haase. Er antwortet darauf nüchtern: "Ich hoffe."
Die Veranstaltung ist an diesem Abend gut besucht. Haase greift am Anfang kurz zum Mikrofon und sagt, dass er zeigen will, was mit Bürgerbeteiligung alles möglich ist. Ansonsten ist er aber oft in der Rolle des Zuhörers. Denn das Wort haben an diesem Abend unter anderem drei Projekte aus der Mainzer Bevölkerung, die sich den Menschen vorstellen. Haase sagt, dass er auch als Oberbürgermeister Ideen aus der Stadt gerne mehr Raum geben würde. "Wir müssen reinhören, was gerade in der Stadt los ist", ist Haase überzeugt. "Das hat in den letzten Jahren aber einfach nicht funktioniert."
2019 war Nino Haase gegen Michael Ebling in der OB-Wahl knapp gescheitert
Als Beispiel nennt der 39-Jährige unter anderem den Bibelturm, der 2018 nach einem Bürgerentscheid gescheitert war. Bekanntermaßen hatte Haase als Gründer und Sprecher der Bürgerinitiative gegen den Bibelturm großen Anteil daran. 2019 trat Haase dann als parteiloser Kandidat bei der Mainzer OB-Wahl an, scheiterte aber in der Stichwahl knapp an Amtsinhaber Michael Ebling (SPD). Nun also die zweite Kandidatur, bei der er von den Freien Wählern und der ÖDP unterstützt wird.
Haase arbeitet aktuell als angestellter Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens in Mainz. Für die beiden OB-Wahlkämpfe habe er bereits einen deutlich sechsstelligen Betrag ausgegeben, erzählt er.
Was konkret treibt Nino Haase an? "Ich mache das hier alles nicht wegen des Geldes, sondern aus Idealismus. Weil ich denke, es geht viel schöner und besser in Mainz", sagt er bei der Veranstaltung zur Bürgerbeteiligung und bekommt dafür großen Applaus.
Ortsbeiräte schimpfen über fehlende Informationen - Haase hört zu
Ein Beispiel dafür, das an diesem Abend vorgestellt wird, ist das Hafenschwimmbad "Heilige Makrele" im Mainzer Zollhafen. Nach der Präsentation spricht Haase von einem "fantastischen Projekt, das außerordentlich weit ist". Es gebe aber auch "Kräfte außerhalb der Politik, die Zugriff auf den Zollhafen haben". Konkreter wird er hier nicht, das Thema wird nicht weiter vertieft. Man hat trotzdem den Eindruck, dass die Aussage bei den Zuschauerinnen und Zuschauern gut ankommt.
Einigen von ihnen ist deutlich anzumerken, dass sie mit der Politik in Mainz unzufrieden sind. So sind auch Ortsbeiräte aus unterschiedlichen Mainzer Stadtteilen zu der Veranstaltung gekommen, die über fehlende Informationen aus der Stadtverwaltung schimpfen. Auch ihnen hört Haase zu und lässt sie an diesem Abend zu Wort kommen.
Ortswechsel: Im elften Stockwerk der Mainzer Stadtwerke gibt es am nächsten Tag wieder eine Veranstaltung. Die Bühne ähnelt aber eher einem "Mensch ärgere dich nicht"-Spiel. Denn der Mainzer Stadtverband des Deutschen Gewerkschaftsbundes hat die sieben OB-Kandidierenden an diesem Abend zur Wahlkampfveranstaltung "Mensch wähl mich" eingeladen. Es ist eine Bühne, auf der sich Haase sichtlich wohl fühlt. Er ist präsent und angriffslustig.
Haase sieht bei anderen Kandidierenden "relativ wenig Substanz"
Haase ist auch der Erste, der nach einer Aussage der SPD-Kandidatin Mareike von Jungenfeld zur Sozialpolitik die Möglichkeit nutzt, zu widersprechen. "Nur im Diskurs sieht man, ob jemand fest im Thema ist, darauf eingehen kann und versteht, was ihm gesagt wird." Eine Disziplin, in der er sich den anderen Kandidierenden offenbar überlegen fühlt. So erzählt Haase, dass er sich selbst vor der Veranstaltung drei Stunden in die Themen eingearbeitet habe. "Das gehört dazu. Wenn man nicht gut vorbereitet ist, kann man diese Stadt nicht führen." Bei anderen Kandidierenden merke er dagegen, dass dort bei Nachfragen "relativ wenig Substanz ist".
Zum Abschluss hat Haase noch Lacher auf seiner Seite
Die Moderatoren der Veranstaltung bitten zum Abschluss die Kandidierenden darum, eine witzige Geschichte zu erzählen, die man von ihnen noch nicht kennt. Nach ein paar Sekunden Überlegen sagt Haase, dass er nach dem Sänger Nino de Angelo benannt wurde. Schließlich sei in seinem Geburtsjahr 1983 das Lied "Jenseits von Eden" herausgekommen. Das Publikum lacht. Nach der Wahl hoffe er, dass die Menschen in Mainz jetzt - immer, wenn das Lied gespielt wird - daran denken, dass ihr Oberbürgermeister nach diesem Lied benannt wurde. Eine charmante Antwort - mit Kampfansage inklusive.