"Energie auf neuen Wegen". So lautet ein Werbeslogan, mit dem das Elektrizitätswerk Rheinhessen - kurz EWR - um Kunden wirbt. Derzeit befindet sich das Unternehmen allerdings eher auf Abwegen. Etwa 20.000 Kunden haben seit mehr als einem Jahr verspätete oder falsche Abrechnungen erhalten, sagte EWR-Vorstand Dieter Lagois im Gespräch mit dem SWR. Viel mehr, als bislang bekannt war.
Abmahnung durch Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz
Die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz mit Sitz in Mainz hatte EWR deshalb abgemahnt. Nach Angaben eines Sprechers waren 50 Beschwerden eingegangen. EWR gab daraufhin eine Unterlassungserklärung ab und versicherte, bis Ende September die Probleme zu lösen. Ob dies tatsächlich möglich ist, bleibt abzuwarten. Dem SWR liegen mehrere Dutzend Schreiben von EWR-Kunden vor, die über vielfältige Fehler berichten.
EWR-Kunden haben Rechtsanwalt eingeschaltet
Der Wormser Rechtsanwalt Mathias Machmer beschäftigt sich intensiv mit den Problemen bei EWR. Er vertritt gleich mehrere Mandanten, die für sie nicht nachvollziehbare Abrechnungen bekamen. So etwa ein Klient, der mehrere Jahre lang keinerlei Einspeisevergütung für seine Photovoltaikanlage bekommen haben soll. Etwa 9.000 Euro hätten ihm offenbar zugestanden, stattdessen bekam er eine Rechnung über 13.000 Euro.
Weiter sagte Stephan Wilhelm, Kunden kämen telefonisch nicht durch, Online-Termine seien über Wochen hinaus ausgebucht.
Kunde soll von Security am Kundencenter abgewimmelt worden sein
Klaus Beer aus Ober-Hilbersheim beispielsweise hat immer wieder versucht, einen Ansprechpartner zu erreichen, um seine Abrechnungsprobleme zu klären.
Weil das nicht funktionierte, fuhr er nach Worms, wurde dort nach eigenen Angaben von Mitarbeitern eines Security-Unternehmens abgewiesen. Er solle eine Mail schreiben, hätten die Männer ihm gesagt. Die hätte er Anfang Dezember verschickt und bislang keinerlei Antwort bekommen.
EWR-Vorstand sucht nach Erklärungen
Die beiden EWR-Vorstände Wilhelm und Lagois sagen, dass die Probleme mit den Abrechnungen gleich mehreren Aspekten geschuldet seien. Einer davon sei die Energiepreisbremse. Um diese - sowohl für Strom- als auch Gaskunden - umzusetzen, seien umfangreiche Änderungen in der firmeninternen Abrechnungssoftware notwendig gewesen.
Probleme sollen bis Herbst behoben werden
Zeitgleich habe EWR im Zusammenhang mit der Fusion mit dem Alzeyer Energieunternehmen e-rp Abrechnungssysteme zusammengeführt. Es gebe allerdings nur sehr wenige Firmen, die diese Arbeiten machen könnten - und diese hätten nicht genügend Personal. Deshalb sei die Software nach wie vor fehlerhaft. Statt Zählerstände zu berücksichtigen, würden zeitweise automatisiert Schätzungen vorgenommen, die völlig falsch seien. Ende September soll der Spuk den Angaben zufolge vorbei sein und die Kunden von EWR wieder ganz normale Abrechnungen bekommen.