Torsten Petermann aus Traisen im Kreis Bad Kreuznach nutzt die Bahn sehr gerne für Urlaubsreisen oder Ausflüge. Eine Bahnfahrt beispielsweise nach Mannheim bedeutet für ihn aber, gut zu planen und ein dickes Fell mitzubringen.
Für den Rollstuhlfahrer beginnt seine Bahnfahrt am Telefon. Spätestens bis 20 Uhr am Vortag der geplanten Reise muss er sich bei der Mobilitätsservicezentrale der Deutschen Bahn um Hilfe kümmern. Er meldet dort seine gewünschte Verbindung an und sagt, welche Hilfe er benötigt.
Bahnhof Bad Münster am Stein für Rollstuhlfahrer tabu
Der für ihn nächst gelegene Bahnhof im Bad Kreuznacher Stadtteil Bad Münster am Stein-Ebernburg kommt allerdings gar nicht in Frage. Er gehört zu den rund 20 Prozent der Bahnhöfe im Land, die laut Bahn noch nicht barrierefrei ausgebaut sind. Ursprünglich war geplant, mit dem Ausbau in diesem Jahr zu beginnen. Nach Angaben der Stadt hatten aber Voruntersuchungen ergeben, dass eine Modernisierung der Unterführung nicht möglich ist. Deshalb müsse diese erneuert werden, was den Baustart verzögere.
Nach Angaben einer Bahnsprecherin ist derzeit geplant, dass der Umbau des Bahnhofs in Bad Münster am Stein-Ebernburg ab 2026 starten soll. Die Arbeiten sollen dann etwa ein Jahr dauern. Mindestens bis 2027 sind damit die Bahnsteige dort für Menschen im Rollstuhl weiterhin gar nicht zu erreichen.
Auch wer mit Kinderwagen, Fahrrad oder Rollator unterwegs ist, muss irgendwie die Treppen überwinden. Jan Niklas Walter kann derzeit nur an Krücken gehen. Sein Zug steht schon am anderen Gleis. Deshalb muss er die Treppe einmal runter und auf der anderen Seite wieder hoch. "Gar nicht so einfach", sagt er. Er muss sich sputen, um den Anschluss nicht zu verpassen.
Rollstuhlfahrer Torsten Petermann fährt für seine Bahnreisen mit dem Auto zum Bahnhof nach Bad Kreuznach oder lässt sich fahren. Bei längeren Reisen will er sein Auto dort nämlich nicht stehen lassen, um die wenigen Behindertenparkplätze freizuhalten.
"Stolz wie Lottchen", wenn es ohne Hilfe geht
In Bad Kreuznach sind die Bahnsteige problemlos mit dem Rollstuhl zu erreichen. Auch den kleinen Spalt zwischen Bahnsteig und Regionalzug kann Torsten Petermann ohne Hilfe bewältigen. Es sei ein gutes Gefühl, wenn er dort angebotene Hilfen ausschlagen kann.
Seine nächste Station, den Regionalbahnhof am Flughafen Frankfurt kennt er und weiß, dass es dort vorbei ist mit dem selbstständigen Reisen. Es gibt eine Kante zwischen Zug und Bahnsteig, die ohne Hilfsmittel und Hilfe für ihn nicht zu schaffen ist. Der Zugbegleiter klappt dort also eine Alu-Rampe aus und schiebt den Rollstuhlfahrer aus dem Zug.
Hublift sorgt immer für Aufsehen
In Frankfurt geht es für Torsten Petermann im ICE weiter bis Mannheim. Und dort ist der Höhenunterschied so groß, dass ein Hublift an den Zug herangefahren wird. Wie eine Zirkusattraktion komme er sich dabei vor, wenn er unter den neugierigen Blicken so in den Zug verfrachtet werde. "Da muss man schon ein dickes Fell haben, sonst geht das nicht", sagt Petermann.
Auch wenn seine Bahnreisen etwas umständlich sind: Service und Personal der Bahn bekommen von ihm gute Noten. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien freundlich und hilfsbereit. Und zu 95 Prozent klappe auch alles bei seinen Bahnfahrten, trotz Rollstuhl.