Auf einer Obstplantage in Mainz-Finthen liegen reife Zwetschgen auf dem Boden. Sie werden nicht geerntet, verschimmeln auf dem Boden.

Aktion "Gelbes Band"

Warum Landwirte in Rheinhessen Obstbäume nicht zum Pflücken frei geben

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AUTOR/IN
Corinna Lutz
Sarina Fischer

Kostenlos und legal Obst pflücken: Beim Projekt "Gelbes Band" vom Bundeslandwirtschaftsministerium werden Bäume hierfür freigegeben. In Rheinhessen macht aber niemand mit.

Unter dem Motto "Zu gut für die Tonne" hat das Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung im Jahr 2021 das Projekt "Gelbes Band" ins Leben gerufen. Die ursprüngliche Idee kam von der Stadt Esslingen in Baden-Württemberg. Wer Obstbäume hat, sie aber selber nicht ernten kann oder möchte, meldet sich bei der Aktion an und bindet ein gelbes Band am Stamm fest. Dann darf jeder das Obst ganz legal und kostenlos mitnehmen. Eigentlich ein gutes Projekt, doch beim Blick auf die Karte der diesjährigen Aktionswoche findet sich kein einziger Teilnehmer aus Rheinhessen oder der Pfalz - weder Privatleute noch Landwirte.

Das gelbe Band an einem Baumstamm soll darauf aufmerksam machen, dass das Obst von allen gepflückt und verspeist werden darf.
Das gelbe Band an einem Baumstamm soll darauf aufmerksam machen, dass kostenlos gepflückt werden darf.

Während die Stadt Wiesbaden kürzlich sieben Apfelbäume freigebeben hat, die auf einem stadteigenen Grundstück im Wellritztal stehen, machen Obstbauern in Rheinhessen vorerst nicht an der Aktion mit. Und das obwohl dort reichlich Obst wächst: Es gibt Zwetschgen, Äpfel Aprikosen oder Kirschen. Nach Angaben des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz lohnen sich Aktionen wie das "Gelbe Band" aber nicht. Denn für Obstbauern, die mit dem Anbau ihr Geld verdienten, wäre die Teilnahme kontraproduktiv, sagt Andreas Köhr, Sprecher des Bauern- und Winzerverbandes. Sie könnten dann womöglich weniger eigenes Obst verkaufen.

Dennoch bleibt Obst auf dem Boden liegen

Dabei wundern sich Radfahrer und Spaziergänger jedes Jahr in Rheinhessen, dass jede Menge Äpfel, Pflaumen oder Mirabellen einfach auf dem Boden in den Plantagen liegen gelassen werden. Dort gammelt das Obst dann vor sich hin. Andreas Köhr erklärt, warum Landwirte das machen. Das habe mit Bequemlichkeit oder Verschwendung wenig zu tun. Denn Obst, das zum Beispiel einen Sonnenbrand habe oder von Schädlingen befallen sei, könnten Landwirte nicht verkaufen. Dieses Obst diene dann als natürlicher Dünger, so Köhr. Was Betriebe in Rheinhessen allerdings anbieten ist, dass man auf den Feldern ernten darf - das Obst wird dann gewogen und muss bezahlt werden.

Stadt Mainz sorgt sich um die Pflanzen

Auch die Stadt Mainz gibt nach eigener Auskunft keine öffentlichen Flächen zum kostenlosen Ernten frei, weil das zu Schäden führen könnte. In einigen Parks wachsen zum Beispiel Mirabellen oder Beeren. Bei der Stadt befürchtet man, dass Äste abgerissen werden könnten oder dass Wiesen, die Biotopflächen sind, mit Autos befahren werden.

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Corinna Lutz
Sarina Fischer