Draußen sind es knackige minus 6 Grad – drinnen gibt es heißen Kaffee, Tee, Brezeln und noch mehr Gebäck zum Frühstück. Etwa zehn Leute sitzen um den großen Tisch in der Sozialen Anlaufstelle in Speyer.
Einer von ihnen ist René Siebenhaar. Der 52-Jährige hat heute Nacht im Freien geschlafen: "Ich habe nicht gefroren - ich habe eine Liege und einen Schlafsack. Nur heute morgen ist es frisch geworden, da hätte ich mich schon nochmal gerne in den Schlafsack gekuschelt - aber irgendwann muss man halt mal aufstehen." Seit mehr als zwölf Jahren lebt René Siebenhaar auf der Straße.
Gute Schlafsäcke und Isomatten sind überlebenswichtig
Den "guten Schlafsack" hat der 52-Jährige von der Sozialen Anlaufstelle in Speyer bekommen. Die findet man in einem ehemaligen Kiosk am Rande des Festplatzes. Gute Iso-Matten und Schlafsäcke sind bei den aktuellen eisigen Temperaturen wichtig, sagt Stefan Wagner von der Sozialen Anlaufstelle – überlebenswichtig: "Die haben eine spezielle Beschichtung, das sind Mumien-Schlafsäcke, die man komplett zuziehen kann - und die Iso-Matten haben auch eine spezielle Beschichtung, die dämmend wirken auf dem Boden."
Sven, 52 Jahre, hat ein Jahr auf der Straße gelebt. Jetzt hat er eine eigene Wohnung. Auch er ist am Freitagmorgen zum Frühstück in die Soziale Anlaufstelle in das ehemalige Kiosk gekommen. Er erzählt, wie er sich früher bei Minusgraden auf der Straße geschützt hat: "Da habe ich mir eine Camping-Liege geholt, damit man etwas höher liegt auf der Straße. Eine anständige Isomatte und ein Schlafsack sind wichtig - und einen trockenen Platz mit zwei Seiten, die windgeschützt sind, das ist das wichtigste." So richtig tief schlafen, das konnte Sven nie, als er noch auf der Straße gelebt hat – nicht nur wegen der Kälte: "Sie können sich eigentlich nie erholen, weil man hat immer im Hinterkopf: Es könnte jemand kommen - Du bist einfach immer wachsam."
Ehrenamtliche kontrollieren bei Rundfahrten, ob es Obdachlosen gut geht
Auch die Ehrenamtlichen der Sozialen Anlaufstelle sind derzeit wachsam. Mit ihren privaten Autos machen sie regelmäßige Kontrollfahren, d.h. sie fahren die Schlafplätze der Obdachlosen ab und schauen, ob alles ok ist: "Es ist uns bei der aktuellen Wetter-Situation lieber, wenn man nachts oder morgens nochmal drüber schaut", sagt Projektleiter Stefan Wagner.
Obdachloser übt Kritik an Notunterkünften
Nochmal zurück zu René Siebenhaar, der ursprünglich aus Sachsen stammt. Er sagt: "Eigentlich müsste ich nicht draußen schlafen, es gibt ja genug Notunterkünfte. Aber die sind nicht das Beste von der Hygiene her - und deshalb bleibe ich lieber auf der Straße." Trotzdem: Irgendwann will auch er die Straße verlassen und in einer richtigen Wohnung leben. Sein Kumpel Sven hat das schon geschafft. Seit wenigen Tagen hat er eine eigene Wohnung. "Die erste Nacht wieder war ungewohnt, ruhig - ich bin froh drum", sagt Sven leise und dabei lächelt er zufrieden.