Stefan Wagner ist immer noch geschockt. Mitte Juli erhielt er ein Schreiben, dass die Stadt ab dem 1. Oktober sein Projekt anderweitig fortführt und sich darum kümmert, wie das im Sinne der Bedürftigen geschehen kann. Vor viereinhalb Jahren hatte Wagner das Projekt gemeinsam mit Speyers Oberbürgermeisterin Stefanie Seiler (SPD) ins Leben gerufen, unmittelbar nach ihrem Amtsantritt. Er arbeitet mit 15 ehrenamtlichen Mitstreitern zusammen.
Leiter hatte mehr Räume für die Anlaufstation gefordert
Die Gründe, warum Stefan Wagner in Ungnade fiel, sind vielschichtig. Er hatte sich seit Monaten darum bemüht, dass die Soziale Anlaufstelle Speyer ausgebaut wird. Die Stadt Speyer hat einen ehemaligen Kiosk am Festplatz von Speyer dafür hergerichtet - dem zentralen Platz in der Innenstadt, wo viele Touristen für ihren Besuch in Speyer parken.
In engen Räumlichkeiten bekommen die Wohnungs- und Obdachlosen dort etliche Hilfen: Sie können duschen, Wäsche waschen, es gibt eine Kleiderkammer, ein Café und vor allem unverbindliche Beratung zu weiteren Hilfsangeboten.
Öffentlicher Druck ging nach hinten los
Wagner hatte wegen der Enge mehr Platz gefordert, auch öffentlich: im Internet in den sozialen Medien und auch in Presse, Funk und Fernsehen. Dabei hat er in Kauf genommen, dass er damit auch aneckt. "Für mich stehen die Gäste der SAS im Vordergrund. Für sie habe ich auch viel erreicht", so Wagner. Sein letzter Versuch, öffentlich Druck zu machen, ist jetzt offenbar nach hinten los gegangen: Er hatte zunächst angekündigt, dass er die Einrichtung Ende September schließen muss, wenn es nicht mehr Platz gibt. Daraufhin bekam er von der Stadt Mitte Juli das erwähnte Schreiben, den "blauen Brief".
Stadt sagt: Vertrauensverhältnis sei zerrüttet
Als Begründung für die Trennung heißt es offiziell von der Stadt: Das Vertrauensverhältnis sei nach dieser Ankündigung zerrüttet. Es nutzte auch nichts, dass Wagner sofort zurückruderte und die angekündigte "Schließung" in "Notbetrieb" änderte. Oberbürgermeisterin Seiler sagte im SWR-Interview, es gehe um die bedürftigen Menschen und nicht um Einzelpersonen. Auf Nachfrage, ob sie nicht fürchte, dass die übrigen 15 Ehrenamtlichen im Projekt sich angesichts des Vorgehens der Stadt zurückziehen könnten, erwiderte Seiler: "Alle Ehrenamtlichen sind herzlich willkommen, sich weiter einzubringen." und es müsse ja von den Ehrenamtlichen als Erfolg gesehen werden, "dass eine Stadt sagt, das Projekt sei so wichtig, dass sie es professionalisiert."
Wie geht es weiter mit der Sozialen Anlaufstelle Speyer
Wie die Stadt das Projekt ab Oktober fortführen werde, sei noch unklar. Eine Möglichkeit sei, dass der künftige Leiter aus dem Umfeld der Verwaltung kommt. Es werde aber auch nach einem Träger gesucht, der das Projekt zukünftig leitet.
Die Obdachlosen und Bedürftigen in der Anlaufstelle sind offenbar verunsichert, was die Zukunft des SAS angelangt. Die Gründe dafür sieht Stefan Wagner im Verhalten der Stadt, die Verantwortlichen von Speyer allerdings eher im Verhalten von ihm selber.