Drei Jahre Haft hatte die Staatsanwaltschaft gefordert, am Ende wurden es sogar drei Monate mehr. Die Richterin des Amtsgerichts in Speyer begründete das Urteil am Mittwoch unter anderem damit, dass der Mann auf eines seiner Opfer eingestochen hat, obwohl es schon am Boden lag.
2023 über Umwege nach Deutschland gekommen
Der Angeklagte ist nach eigenen Angaben in Ägypten geboren und heute 32 Jahre alt. 2022 habe er sein Heimatland verlassen und dann in Libyen und Italien gelebt. Sein Asylantrag ist schon abgelehnt worden, als er noch in Italien war, berichtet er in der Verhandlung. Dort habe er ein paar Monate im Gefängnis gesessen, weil er sich mit Schleppern eingelassen habe.
Dem Gericht fällt es schwer, seine Angaben auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen. Über eine Haftstrafe in Italien wisse man nichts, so die Richterin. Deswegen gelte er in diesem Prozess auch als unbescholten.
Nicht der einzige Vorwurf dieser Art
Im Oktober 2023 ist der 32-Jährige dann nach Deutschland gekommen – in die Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende (AfA) in Speyer. Im Dezember ist er hier schon einmal auffällig geworden: Er soll einen Mitbewohner mit einem Messer angegriffen haben. Der soll sich einen Stuhl gegriffen haben, um sich zu verteidigen. Am Ende standen sie beide mit diversen Verletzungen da.
Eigentlich hätte dieser Vorfall gleich mitverhandelt werden sollen. Da aber keiner der Zeugen auftauchte, und es wohl schon damals kaum möglich war, den Hergang zu rekonstruieren, lässt das Gericht die Sache auf sich beruhen.
"Wenn ich wiederkomme, tue ich Euch weh!"
Umso ausführlicher geht es dafür um den Vorfall, der im März einen großen Polizeieinsatz in Speyer ausgelöst hat. Demnach hatte der Angeklagte Zahnschmerzen und bestand darauf, mit dem Taxi zum Zahnarzt gebracht zu werden. Weil der Arzt aber fußläufig zu erreichen gewesen wäre, wurde ihm das verweigert. Da rastete er der Aussage eines Sicherheitsbeamten zufolge so aus, dass die Polizei gerufen wurde, damit die ihn für ein paar Stunden in Gewahrsam nimmt. "Wenn ich wiederkomme, tue ich Euch weh!" habe er gesagt, als er bereits am Boden liegend fixiert wurde.
Bewaffnet zurück zur AfA
Am Nachmittag sei er dann wiedergekommen und habe seine Drohung wahrgemacht: Mit einem Küchenmesser sei er auf die Sicherheitsbeamten losgegangen, und habe mehrere von ihnen verletzt.
Diese Aussagen lassen sich heute nur schwer mit dem Mann zusammenbringen, der da auf der Anklagebank sitzt: Er sitzt seit Monaten im Gefängnis in Frankenthal, bekommt Medikamente, die unter anderem gegen Wahnzustände helfen sollen. Er gilt als stabil. Die ersten Worte, die er zur Verhandlung beiträgt, lauten: "Es tut mir leid!" Später nimmt er den Kopfhörer aus dem Ohr, über den sein Dolmetscher ihm alles übersetzt. Er könne das nicht mehr hören, es schmerze ihn zu sehr.
Richterin: Entschuldigung ist glaubhaft
Die Richterin betont zum Schluss, dass sie ihm seine Entschuldigung abnimmt. Aber sie erinnert auch noch einmal an den Mann am Boden, auf den er eingestochen hat. Eine zehn Zentimeter lange Wunde habe er ihm beigebracht: "Der hat den Rest seines Lebens eine Narbe ihm Gesicht, die ihn bei jedem Blick in den Spiegel an diesen Tag erinnern wird."