In einer Sondersitzung am Montagnachmittag stellte der Kämmerer der Stadt, Andreas Schwarz (SPD), den Fraktionen im Stadtrat die Pläne für den nötigen, zweiten Nachtragshaushalt vor. Anschließend stellte er sich den Fragen und den Einschätzungen des Rates. Alle anwesenden Franktionen zeigten sich erschüttert von den neuen Vorschlägen zum Haushalt.
"Ich sehe keine Möglichkeit mehr, hier irgendwas zu sparen", sagte Raik Dreher (Grünes Forum Ludwigshafen und Piraten) in der Sitzung. Mit dieser Meinung ist der Fraktionsvorsitzende nicht alleine. Für Peter Uebel (CDU) steht die Frage im Raum, was denn die ganzen kleinen Einsparungen überhaupt bringen sollen - bei einem Fehlbetrag in Höhe von mehr als 200 Millionen Euro.
Für Liborio Ciccarello (Linke) stand am Montag außer Frage, dass nur noch ein Schuldenschnitt durch Land oder Bund helfen kann: "Wir können nicht aus eigener Kraft aus den Schulden." Unter anderem die SPD schlug vor, rechtliche Schritte zu prüfen, inwiefern zum Beispiel Land oder Bund jetzt zur Rückzahlung von vorher erhaltenen Umlagen verpflichtet seien.
Am 6. November will der Stadtrat über den zweiten Nachtragshaushalt abstimmen.
Jahresdefizit bei mehr als 200 Millionen Euro
Der Stadt Ludwigshafen fehlen für dieses Jahr weitere 126 Millionen Euro. Das Jahresdefizit steigt damit für 2023 auf mehr als 200 Millionen Euro. Grund ist nach Aussage von Kämmerer Schwarz, dass der Stadt massiv Einnahmen wegbrechen. Die Stadt hatte im vergangenen Jahr für ihren Haushalt mit 150 Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen kalkuliert. Diese Steuer wird im Voraus bezahlt und Unternehmen können ihre Prognosen korrigieren und vorausgezahltes Geld zurückfordern. In diesem Fall kommt aber noch hinzu, dass einzelne Unternehmen Gewerbesteuer aus länger zurückliegenden Jahren zurückfordern. Die ältesten Forderungen stammen aus dem Jahr 2001.
Unternehmen fordern Gewerbesteuer zurück plus Zinsen
Wie Andreas Schwarz und sein Fachbereichsleiter Finanzen in einem Pressegespräch erläuterten, haben Unternehmen gegen die Gewerbesteuerzahlungen auch geklagt. Das habe sich hingezogen. Jetzt liegen laut Schwarz Entscheidungen vom Bundesfinanzhof vor. Ludwigshafen muss zahlen. "Ich war davon auch überrascht", sagte Schwarz. "Solche Auswirkungen von Sondereffekten hat es meines Wissens noch nie gegeben." Dass die Forderungen so hoch sind, dass Ludwigshafens Verschuldung um 201 Millionen anwachsen, habe er eine Woche nach dem Beschluss zum letzten Nachtragshaushalt Mitte September erfahren. Das läge auch daran, dass auf die Rückforderungen Zinsen gezahlt werden müssen. Da sei einiges zusammengekommen. Der Stadt bleiben nach den Rückzahlungen noch Einnahmen von 12 Millionen Euro. "Das sind die Einnahmen einer Kleinstadt", so Schwarz.
Ursprünglich "nur" 30 Millionen Euro Minus
Der aktuelle Nachtragshaushalt ist schon der zweite in diesem Jahr. Ursprünglich rechnete die Stadt mit einem Minus von nur knapp 30 Millionen Euro. Schon der erste Entwurf führte zu Diskussionen mit der zuständigen Aufsichtsbehörde. Im September wurde das Defizit zunächst auf 76 Millionen Euro beziffert.
Trotz Entschuldungsfonds bleiben 1,2 Milliarden Euro Schulden
Die Gesamtverschuldung der Stadt würde jetzt eigentlich von 1,5 Milliarden Euro auf insgesamt rund 1,7 Milliarden anwachsen. Wenn aber nach wie vor der Entschuldungsfonds des Landes greift, übernimmt das Land rund 500 Millionen Euro an Altschulden. Dann blieben an der Stadt Ludwigshafen allerdings immer noch 1,2 Milliarden Euro Gesamtschulden hängen. Die neuen Schulden von 201 Millionen Euro würden alleine dieses Jahr belasten. Die laufenden Investitionen sollen dadurch nicht berührt werden. Für das kommende Haushaltsjahr hofft Schwarz darauf, wieder einen halbwegs ausgeglichenen Haushalt präsentieren zu können.