Vor Gericht stehen die Eltern des Jungen: Sie sollen 2018 ihrem damals nur sieben Wochen alten Säugling in Ludwigshafen schwere innere und äußere Verletzungen zugefügt haben. 2019 waren sie dafür vom Landgericht Frankenthal zu einer Haftstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt worden. Beide Verteidiger hatten Revision eingelegt.
Im März dieses Jahres hat der Bundesgerichtshof das Urteil dann komplett aufgehoben. Seit Ende Oktober wird erneut verhandelt, diesmal in Landau.
Misshandeltes Baby aus Ludwigshafen: Notoperation rettete sein Leben
Die Mutter bestreitet nach wie vor, etwas mit den Verletzungen des Jungen zu tun gehabt zu haben. Der Vater des Kindes schweigt zu den Vorwürfen.
Fest steht aber, dass das Kind im Oktober 2018 mit so schweren Verletzungen ins Krankenhaus kam, dass es nur durch eine Notoperation gerettet werden konnte. Der heute Vierjährige lebt in einer Pflegefamilie.
Arzt aus Ludwigshafen: Kind geht es den Umständen entsprechend gut
Angesichts seiner massiven Verletzungen hätte sich das Kind gut gemacht, berichtete ein Ludwigshafener Arzt am Dienstag vor dem Landgericht. Er habe den Jungen in den letzten Monaten mehrfach untersucht.
Ein Bein mache dem Jungen Schwierigkeiten, aber er könne laufen, radfahren und klettern. Das Kind werde aber voraussichtlich nie in der Lage sein, Leistungssport zu machen. Auch werde es wohl keine "motorischen Leistungen auf hohem Niveau" erbringen können, so der Arzt.
Arzt des Babys: Geistige und sprachliche Entwicklung verzögert
Was die Sprache angeht, sei der Kleine deutlich zurückgeblieben und auf dem Niveau eines Zweijährigen. Er spreche nur in sehr einfachen Sätzen, die selten aus mehr als drei Wörtern bestünden.
Der Arzt vermutet, dass auch die geistigen Fähigkeiten des Kindes noch nicht so weit sind, wie sie es in dem Alter sein sollten. "Ich hätte größten Zweifel, dass er im Regelschulsystem bestehen kann. Trotzdem sind seine Fortschritte toll. Es muss auch nicht jeder durchs Regelschulsystem gehen und kann trotzdem ein gutes, ein wichtiges Leben führen."
Arzt aus Ludwigshafen: Misshandlung als Baby hat Folgen bis heute
Die Frage des Richters, ob die Probleme des Jungen auf die Misshandlungen zurückzuführen seien, bejahte der Arzt klar. Der Junge hätte damals Verletzungen an fast jedem Organsystem gehabt, mit teils schwersten Schädigungen: "Es wäre vollkommen abwegig, die Beziehung zwischen der Schädigung und seiner Entwicklung nicht sehen zu wollen."
Unterschiedliche Meinungen zur Entwicklung des Kindes
Der Anwalt der Mutter merkte in der anschließenden Befragung dagegen an, dass das Kind in seiner Pflegefamilie zum Teil zweisprachig erzogen würde, was ebenfalls zu einer verzögerten Entwicklung der Sprache führen könne.
Auch die Aussage einer Sozialarbeiterin aus Bad Dürkheim, die nun als Amtsvormund des Jungen fungiert, ließ sich nicht ganz mit der Aussage des Arztes zusammenbringen: Geistig ist das Kind ihrer Auffassung nach in vielen Bereichen auf dem Niveau seiner Altersgenossen. Allerdings meine sie, hier und da leicht autistische Züge bei dem Jungen festzustellen – was aber noch nicht fachlich überprüft worden sei.
Prozess in Landau: Urteil noch nicht in Sicht
Wie lange der Prozess dieses Mal dauern wird, ist nachwievor unklar: Weil mehrfach Zeugen krank geworden waren, wurden nun neue Verhandlungstermine für Januar und Februar 2023 vereinbart.
Zudem hat der Anwalt der Angeklagten erneut einen Befangenheitsantrag gegen den Richter gestellt. Er halte ihn für voreingenommen, unter anderem weil ihm als Verteidiger im bisherigen Prozessverlauf wichtige Dokumente vorenthalten worden sein. Ein solcher Antrag kann theoretisch dazu führen, dass der Richter ausgetauscht wird und die ganze Terminplanung erneut ins Wanken gerät.