Der städtische Hohenstaufensaal in Annweiler war nach der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Koblenz den ganzen Samstag für den sogenannten Bürgerdialog mit AfD-Chef Tino Chrupalla reserviert. Vor den Türen der Halle formierte sich jedoch Protest. Mindestens 500 Bürger und Bürgerinnen kamen, um der Partei Paroli zu bieten.
Ab Samstagmittag lief die Gegendemonstration vom "Verein für Toleranz und Menschlichkeit Südpfalz" (TOM) unter dem Motto: "Trifelsland bleibt bunt statt blaubraun". Es war eine bunte Mischung, die in Annweiler gegen Rechts aufgestanden ist. "Omas gegen Rechts" waren vor Ort und auch Familien mit Kindern. Sie buhten die ankommenden Besucher der AfD-Veranstaltung aus und wollten dem Annweiler Stadtrat den Rücken stärken. "Applaus so laut es geht für euren Stadtrat" war eine der Parolen. Auch Nazis-Raus-Rufe waren zu hören.
Die Kundgebung fand auf dem Platz und der Straße vor dem Hohenstaufensaal statt, "in direkter Hör- und Sichtweite", sagte die erste Vorsitzende von TOM, Tanja Sattler. Der Aufruf zur Kundgebung sei absichtlich nicht unter Mitwirkung von Parteien gestartet worden. Es gehe darum, mit der Veranstaltung den gesamten Stadtrat zu feiern.
"Saal nicht zum Hetzen überlassen"
"Unseren Saal einer Partei zum Hetzen zu überlassen, kam für uns nicht in Frage", stellte Christiane Huber, SPD-Stadträtin in Annweiler, bei der Demo klar. Damit liegt sie auf einer Linie mit CDU-Stadtrat Benjamin Burckschat, dem Ersten Beigeordneten der Stadt Annweiler. Unterschiedliche Meinungen und ihr Aufeinandertreffen seien die Grundlage einer Demokratie, so Burckschat. Er befürworte Toleranz gegenüber verschiedenen Meinungen, sehe aber derzeit keine Möglichkeit eines Dialogs mit der AfD. Die spiele eben nicht nach den Regeln unserer Demokratie. Sie sei wie ein Falschspieler mit gezinkten Karten.
SPD-Frau Huber benannte das Ziel des Gegenprotestes an diesem Samstag klar und deutlich: "Wir wollen das wahre Gesicht dieser Partei aufzeigen. Keinen Fußbreit diesen Faschisten."
AfD-Chef Chrupalla äußerte sich unterdessen vor Ort ebenfalls mit eindeutigen Worten. Zu dem vor Gericht ausgetragenen Rechtsstreit sagte er: "Ich wäre sowieso gekommen, egal wie das Ergebnis wäre."
Die Stimmung im Saal war vor allem contra: Contra Habeck, contra die Bundesregierung, contra Flüchtlinge, contra "die Anti-Demokraten draußen". Sebastian Münzenmaier, stellvertretender AfD-Fraktionschef im Bundestag, bemühte sich nicht, seine Ziele zu verklausulieren: "Die draußen haben Angst vor uns, deswegen sind die hier. Die schwitzen. Es geht darum, dass wir den Griff nach der Macht endlich vollziehen."
Der aus Rheinland-Pfalz stammende Münzenmaier war zuletzt in die Schlagzeilen geraten, weil er als Bundestagsabgeordneter einen Mitarbeiter aus dem rechtsextremen Milieu beschäftigen soll. Laut BR-Recherchen beschäftigt er John Hoewer, Vorstand des Vereins "Ein Prozent". Der Verfassungsschutz stuft den Verein als "gesichert rechtsextremistisch" ein.
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Der rheinland-pfälzische Landtag ändert seine Hausordnung, um Extremisten den Zutritt zu verwehren. Hintergrund sind Berichte, wonach die AfD-Fraktion auch in RLP Mitarbeitende mit rechtsextremen Hintergrund beschäftigt.
Auch Antifa unter den Demonstranten
Bereits vor der Versammlung hatte sich nach SWR-Informationen eine Gruppe von circa 50 Antifa-Mitgliedern versammelt. Die Polizei drängte die Anhängerinnen und Anhänger der Gruppierung von dem Eingang weg auf die Straße.