Sportlerin aus dem Iran beim AC Mutterstadt

Geflohene Iranerin: "Wenn ich Gewichte hebe, fühle ich mich stark"

Stand
Autor/in
Pauline Sachs
Leon Vucemilovic
Portrait Leon Vucemilovic

Die Gewichtheberin Yekta Jamali ist vor gut einem Jahr aus dem Iran geflohen. Jetzt trainiert sie beim AC Mutterstadt und hat ein Ziel: Die Olympischen Spiele 2024.

"Ich hatte keine Freiheit im Iran", sagt Yekta Jamali. "So wie alle Frauen dort. Deswegen bin ich nach Deutschland gekommen." Im Mai 2022 hat sich die heute 18-Jährige zu diesem Schritt entschlossen. "Ich weiß auch nicht, woher ich den Mut genommen habe", sagt sie. Zumal sie zum Zeitpunkt der Flucht streng überwacht wurde.

Bei der Junioren-Weltmeisterschaft in Griechenland war sie noch für den Iran angetreten. Erst holt sie Silber, nur Stunden später landet sie am Frankfurter Flughafen. Ihre iranischen Bewacher hatten einen Moment nicht aufgepasst. Für Yekta Jamali war es eine Flucht in ein neues Leben. "Erst hatte ich Angst, dass ich in den Iran zurückmuss. Aber jetzt, wo ich hier bin, geht es mir gut", sagt sie.

Systematische Unterdrückung von Sportlerinnen im Iran

Yekta Jamali ist nicht die einzige iranische Sportlerin, die sich zur Flucht entschlossen hat. 20 bis 30 iranische Sportlerinnen und Sportler sollen bei Wettkämpfen im Ausland die Gelegenheit zur Flucht genutzt haben. Jetzt leben sie in verschiedenen Ländern im Exil. Der Grund: Das Mullah-Regime kontrolliert die Sportszene.

Sportler im Exil berichten von einer Moralkommission, die den Athletinnen und Athleten vorschreibt, was sie zu tun haben. Die Sittenpolizei setzt beispielsweise die Kopftuchpflicht mit Gewalt durch und unterdrückt vor allem Sportlerinnen: keine ausreichenden Trainingsmöglichkeiten, unpraktische Kleidervorschriften und als Gehalt einen Bruchteil dessen, was männliche Athleten erhalten. Gleichzeitig sollen sie sich nach außen hin als „Vorzeigefrauen“ präsentieren – wie Yekta Jamali, die 2021 die erste Medaille im Gewichtheben überhaupt für den Iran gewann.

Angst um ihre Familie

Über ihre Flucht möchte Yekta Jamali lieber nicht zu detailliert sprechen. Sie weiß, dass der lange Arm der Mullahs bis nach Deutschland reicht und fürchtet Konsequenzen für ihre Familie, die weiter im Iran wohnt. Getrennt voneinander zu leben tut beiden Seiten weh. "Letztes Jahr war es richtig schwer", sagt Yekta Jamali. "Meine Mama hat immer geweint und gesagt: Ich habe dich vermisst. Jetzt ist es viel besser. Wir haben Kontakt."

Großer Traum von Olympia

Yekta Jamalis großes sportliches Ziel sind die Olympischen Spiele 2024 oder spätestens 2028. Stefan Mohr, stellvertretender Vorstitzender des AC Mutterstadt hat das junge Talent bei einem Wettbewerb entdeckt und traut ihr das zu. "Yekta ist ein absolutes Ausnahmetalent. Sie ist mit ihren 18 Jahren schon so routiniert und so cool auf der Bühne." 2024 würde sie für das sogenannte Refugee-Team antreten. Das ist ein Zusammenschluss aus geflüchteten Sportlerinnen und Sportlern, die nicht für ihr Herkunftsland kämpfen wollen. 2028 möchte sie dann eingebürgert und Teil des deutschen Nationalteams sein.

Gewichtheberin aus dem Iran
Yekta Jamali mit Stefan Mohr vom AC Mutterstadt. Der hat sie bei einem Turnier entdeckt und zum Pfälzer Traditionsverein geholt.

Die Hauptsache für sie ist aber, dass sie weiter unbeschwert Gewichte heben kann. "Wenn ich hebe, fühle ich mich richtig gut und sehr stark", sagt sie. "Meine Eltern haben mir immer gesagt, dass eine Frau stark sein muss. Deswegen macht mich das Gewichtheben sehr glücklich." Auch ihre privaten Ziele hat Yekta Jamali klar vor Augen: Besser Deutsch lernen, Abitur machen und dann als Krankenschwester oder Physiotherapeutin arbeiten. "Mal sehen", sagt sie und lacht. Sie hat sich ein Leben in Freiheit geschaffen, trotz der Angst, die immer präsent ist.

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