Ein Rücktritt als politisches Zeichen und als Hilferuf - stellvertretend für alle klammen Kommunen in Rheinland-Pfalz. So hatten der ehrenamtliche Bürgermeister und der Gemeinderat vor zwölf Wochen am 8. August ihren viel beachteten Rücktritt in Freisbach (Kreis Germersheim) begründet. Eine aktuelle SWR-Umfrage in der Lokalpolitik zeigt: mit ihrer Frustration sind sie nicht allein.
Rücktritt aus Protest gegen Landespolitik Freisbacher Bürgermeister erklärt Gründe für Rücktritt
In der Gemeinde Freisbach sind der Ortsbürgermeister Peter Gauweiler und der Gemeinderat aus Protest zurückgetreten. Nun erklärt Gauweiler seine Entscheidung.
Genehmigt: Freisbacher dürfen marode Sporthalle überprüfen lassen
Einen genehmigten Haushalt hat der 1.000-Einwohner-Ort Freisbach dieses Jahr immer noch nicht – aber: Die Freisbacher dürfen Geld für ein Gutachten ausgeben. Das soll zeigen, ob und wie die marode Sport- und Kulturhalle im Ort saniert werden könnte. Das hat ihnen die Kommunalaufsicht erlaubt, die beim Kreis Germersheim angesiedelt ist.
Kreis Germersheim: Haushalts-Vorgaben vom Land "abgeschwächt"
Die Kommunalaufsicht hatte den Haushalt 2023 von Freisbach mit deutlich mehr Ausgaben als Einnahmen nicht genehmigt – und gesagt: das liegt an zu strengen Vorgaben des Landes. Nun schreibt die Kreisverwaltung: Diese Vorgaben seien mittlerweile "abgeschwächt" worden. Der Kreis bezieht sich dabei auf ein Schreiben des Innenministeriums in Mainz vom September. Darin bekommen die Kommunalaufsichten im Land Hinweise, wie sie die kommunalen Haushalte 2024 genehmigen können.
Der Kreis Germersheim versteht die neuen Hinweise des Innenministeriums so: "Es ist nun wieder möglich, nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einen Haushalt unter bestimmten Voraussetzungen auch dann zu genehmigen, wenn eine Ortsgemeinde einen defizitären Haushalt einreicht."
Ehrenamtliche überfordert Bürgermeister in RLP frustriert – viele wollen aufhören
Eine SWR-Umfrage zeigt: Vielen ehrenamtlichen Bürgermeistern in RLP fehlt die Motivation weiterzumachen – für sie fehlt es an Geld und an Unterstützung anderer politischer Ebenen.
Freisbach: Wird Haushalt 2024 genehmigt?
Können die Freisbacher also darauf hoffen, dass ihr nächster Haushalt im Jahr 2024 genehmigt wird - auch wenn sie weiterhin mehr Ausgaben als Einnahmen haben? Vielleicht.
Der Kreis schreibt, die Freisbacher müssen überlegen, wie sie ihren Haushalt verbessern können. Dann werde das die Kommunalaufsicht des Kreises "wohlwollend prüfen".
Nur die "Freisbacher", die gibt es gerade nicht - der Ort hat keinen Gemeinderat und keinen Ortsbürgermeister. Die Ehrenamtlichen sollen am 26. November neu gewählt werden - viele auf der Wahlliste haben angekündigt, dass sie die Wahl in Freisbach nur annehmen, wenn sich die finanzielle Ausstattung ihrer Gemeinde verbessern wird.
ADD sieht Hoffnung für Freisbach
Auch die ADD, die sich als obere Kommunalaufsicht nach dem Freisbacher Protest-Rücktritt beratend eingeschaltet hatte, macht Hoffnung für den Haushalt 2024. Es müsse einen "langfristigen Maßnahmenplan" geben, der auflisten soll, wie ein ausgeglichener Haushalt langfristig erreicht werden könne.
Nach Rücktritt von Bürgermeister und Gemeinderat Freisbach nach Protest-Rücktritt: Hat sich was verbessert?
Drei Monate liegt der Protest-Rücktritt im südpfälzischen Freisbach zurück. Nun gibt es erste Anzeichen für eine Lösung. Der Kreis macht Hoffnung für den Haushalt 2024.
Grünes Licht für den nächsten Freisbacher Haushalt? Das wäre wichtig für den Ort - die Hauptforderung der Ehrenamtlichen aber wäre damit nicht erfüllt. Mit ihrem Protest-Rücktritt wollten sie eigentlich erreichen, dass das Land Rheinland-Pfalz die Kommunen noch besser mit Geld ausstattet, damit sie ihre Aufgaben auch bezahlen können.