In Frankenthal vor der Kinderarztpraxis von Dr. Lothar Maurer standen Eltern und Patienten am Montag die ganze Straße entlang, berichtet eine Praxishelferin dem SWR. Das habe sie in ihren 40 Arbeitsjahren in der Praxis noch nie erlebt. Allein zwischen 8 Uhr morgens und 13 Uhr hätten mehrere Ärzte 140 Patienten behandelt. Bis zum Montagabend seien es 205 gewesen.
Mehr als doppelt so viele Patienten bei Kinderarzt
Normalerweise werden in der Praxis pro Tag 60 bis etwa 100 Kinder und Jugendliche behandelt. Am Dienstag stand der Zähler am Empfang auch bereits wieder auf 82 Patienten, während bereits erneut das Telefon klingelte. Im Flur und im Wartebereich versuchen Väter und Mütter ihre hustenden und weinenden Kinder zu beruhigen.
Es seien zwar jeden Tag auch Fälle dabei, die aus medizinischer Sicht nicht hätten kommen müssen, sagt Dr. Lothar Maurer, aber er verstehe die Sorgen der Eltern. Viele der Eltern würden es auch lange zuhause versuchen und bringen ihr Kinder erst nach mehreren Tagen Fieber bei ihm vorbei. Die schweren Krankheitsfälle unter allen zu entdecken, sei das wichtigste, so der Kinderarzt:
Warten vor der Praxis: Eltern ins Sorge
Überall in und vor der Praxis sitzen gegen halb 12 noch die Eltern und Kinder. Ins Wartezimmer werden wenn es voll wird, erstmal nur "gesunde" Kinder gelassen. Diejenigen, die für notwendige Vorsorgeuntersuchungen oder Impfungen da sind oder nur wegen des Verdachts einer Blasenentzündung. Wer hustet oder andere Erkältungssymptome hat, muss erstmal im Raum vor der Praxis oder bei Platznot gar auf dem Gehweg warten.
Das besorgt die Eltern. "Mein Kind hat seit letzter Woche Fieber und ich steh hier draußen in der Kälte. Da hab ich natürlich Angst, dass es das verschlimmern könnte", sagt eine junge Mutter aus Lambsheim.
Dass man etwa eine Dreiviertelstunde warten muss, sei meistens so, berichtet ein Vater aus Freinsheim. Die Praxis von Kinderarzt Maurer sei auch sehr beliebt. Trotzdem sei es natürlich ungünstig mit dem kranken Kind draußen zu stehen.
Kinderarzt behandelt alle Fälle
Jemanden buchstäblich "auf der Straße stehen lassen" oder abzuweisen, das kommt für Kinderarzt Lothar Maurer auf keinen Fall in Frage. Da würde aktuell dann eben die Praxiszeiten verlängert und als Arzt durchgearbeitet, wenn es sein muss.
Nicht mit so einer frühen Infektionswelle gerechnet
Mit einer Infektionswelle habe er gerechnet, sagt Maurer. Nachdem viele der Kinder in den vergangenen beiden Jahren durch Maskenpflicht und Abstandsgebote eher von Krankheiten verschont geblieben seien, sei ihr Immunsystem natürlich nicht auf alle Viren und Bakterien vorbereitet. Schulen und Kitas seien gerade reinste "Seuchenherde". Aber dass sich die Infektionen derarzt häufen und gleichzeitig auftreten würden damit habe er nicht gerechnet. Auch nicht mit der frühen Infektionswelle, die bereits im Oktober begonnen hat.
Kinderarzt versucht Krankheiten abzufedern - Kliniken voll
Weil die Kinderkrankenabteilungen in Kliniken ebenso wie die Kinderarztpraxen immer voller werden, versuche er die Eltern dabei zu unterstützen, die Kinder so lange wie möglich zuhause gut zu behandeln. Wegen des für Kleinkinder gefährliche RS-Virus verschreibe er deshalb beispielsweise gerade sprunghaft mehr Rezepte für elektrische Inhaliergeräte.
Zu viele Patienten Kinderstationen in Speyer und Ludwigshafen nehmen keine kranken Kinder mehr auf
Die Speyrer Kinderklinik nimmt seit Mittwoch keine Patienten mehr auf. Ähnlich angespannt ist die Lage in der Kinderklink in Ludwigshafen und bei pfälzer Kinderärzten.
Denn Maurers Patientenliste wird immer länger. Nicht nur wegen der akuten Infektionswelle. Eine neue Bestimmung sieht vor, dass Jugendliche bis zur Vollendung ihres 18. Geburtstages zum Kinderarzt müssen und nicht mehr wie früher nur bis zum 12. Lebensjahr.
Kinderarzt: Aktuelle Welle ist kaum noch zu bremsen
Lothar Maurer wünscht sich sehr, dass es bis zur nächsten Infektionswelle auch mehr Personal in der Kindermedizin gibt und mehr Wertschätzung für die kleinen Arztpraxen. Aktuell könne er nur versuchen, alle kleinen Patienten zu versorgen, damit es nicht schlimmer wird. Die aktuelle Welle könne zwar kaum noch gebremst werden. Aus seiner Sicht könne es aber helfen für die nächste Saison mehr oder alle Kinder gegen Influenza etwa impfen zu lassen, damit sie weniger Viren erkranken lassen.