Am Anfang des Montagebandes in der Produktionshalle in Wörth steht ein stählerner Rahmen. Ob aus ihm ein E-Lastwagen oder ein klassischer Verbrenner wird, lässt sich jetzt noch nicht sagen: Beides ist möglich. Daimler Truck hat seine Montagelinie tatsächlich so umgerüstet, dass theoretisch abwechselnd ein Diesel-Lkw oder ein batterielektrischer Lastwagen vom gleichen Band rollen könnten. "Das war unser Ziel, dass wir sagen können: Mir ist es egal, was jetzt an Bestellungen reinkommt", sagt Andreas Bachhofer, Leiter des Werks in Wörth: "Ich kann im Grunde alle Fahrzeuge nacheinander in die Produktionslinie laufen lassen."
Ganz egal dürfte ihm die Zahl der Bestellungen nicht sein. Welche Stückzahlen Daimler Truck auf lange Sicht anpeilt, möchte Bachhofer nicht sagen. Das hängt auch damit zusammen, dass es nicht allein in seinen Händen liegt, wie sich der eActros 600 entwickelt: Die Ziele, die man sich gesetzt hat, könne man erst erreichen, wenn es auch die nötige Infrastruktur gibt, sagt er.
Es braucht mehr Ladesäulen
"Job #1" steht auf der Scheibe des eActros 600, der am Freitagnachmittag unter Gejubel von Angestellten und geladenen Gästen in eine Werkshalle in Wörth rollt. Es hat Tradition in der Branche, das erste Serienfahrzeug so zu benennen, erläutert ein Sprecher. Man könne es als "Job done - Arbeit getan" übersetzen. Man könnte es vielleicht auch weiter fassen: "Wir haben unseren Job gemacht, jetzt seit Ihr dran."
Denn: Wenn es nach Daimler Truck geht, soll dieser Lastwagen "langfristig die Mehrheit der Diesel-Lkw im Fernverkehr ablösen können." Mit 40 Tonnen Gewicht hintendrauf sei der eActros in Tests 500 Kilometer weit gekommen – ohne zwischenzuladen. Theoretisch könnte der Lkw laut Unternehmen noch viel weiter fahren, das Problem seien aber die fehlenden Lademöglichkeiten. Heißt: Wenn der Fernverkehr wirklich mal C02-Neutral sein soll, braucht es flächendeckend Ladesäulen für Lkw.
Das ist das Thema, das sich wie ein roter Faden durch den Nachmittag zieht, egal ob man sich mit Logistikern unterhält, das Grußwort der Landesverkehrsministerin Daniela Schmitt (FDP) hört, oder mit Werkschef Bachhofer spricht: Die Infrastruktur ist in Deutschland noch nicht so weit, wie die Technik, die in Wörth vom Band rollt. Bisher habe man da immer in Richtung der Hersteller geschaut, sagt Bachhofer: "Dem Thema stellen wir uns auch. Aber: Wir haben ja auch bei den Diesel-Fahrzeugen keine Verantwortung für die Infrastruktur." Da müsse die Politik aktiv werden.
Daimler Truck: 2.000 Vorbestellungen für de eActros 600
Aber auch so seien die Kunden schon jetzt gespannt auf den eActros, sagt Daimler Truck: Von mehr als zweitausend Bestellungen war zuletzt die Rede. Und der Betriebsrat geht davon aus, dass der Neuzugang auf lange Sicht viele Arbeitstplätze in Wörth sichern wird: Mit 10.000 Beschäftigten gilt das Werk als zweitgrößter Abeitgeber im Land.
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Beim Thema nachhaltige Mobilität denken viele sofort an Elektroautos und Batterien. Doch es gibt es auch noch weitere alternative Antriebsstoffe, die die Zukunft gestalten werden.
Daimler Truck tut sich schwer damit, einen genauen Preis für den eActross 600 zu nennen. Die Lkw würden auf die Wünsche des Kunden zugeschnitten, da gebe es viel Spielraum. Sicher ist: Die Anschaffung wird für interessierte Logistiker deutlich teurer. "Wir rechnen immer etwa das zwei- bis zweieinhalbfache eines herkömmlichen Lkw", so ein Sprecher.
Millionen für den Brennstoffzellen-Lkw
Nicht der einzige wichtige Termin bei Daimler Truck in Wörth in dieser Woche: Am Montag wurde im Werk ein Förderbescheid überreicht: Mit 229 Millionen Euro unterstützen der Bund und die Länder Rheinland-Pfalz und Baden Württemberg die Entwicklung eines Brennstoffzellen-Lkw, der mit Wasserstoff angetrieben wird. Einen testfähigen Prototypen gibt es bereits. Auch er soll es zur Serienreife bringen und auch er soll ein großer Schritt sein, dass Waren irgendwann mal komplett CO-2-neutral durch die Welt gefahren werden können.