Emotionale Landtagsdebatte um Fastnachtsumzüge

"Frust statt Frohsinn" - Opposition fordert mehr Hilfe für Fastnachter

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Dirk Rodenkirch
Dirk Rodenkirch

Die Absage von Fastnachtsumzügen wegen der Sicherheitsauflagen hat für Aufregung und Enttäuschung in Rheinland-Pfalz gesorgt. Auch im Landtag lieferten sich die Abgeordneten eine emotionale Debatte.

Mächtig Stimmung im Saal, als der Landtag über die Absage von Fastnachtsumzügen debattiert - und echte Fastnachter auf der Tribüne. Die Oppositionsfraktionen warfen der Landesregierung vor, die Vereine im Stich zu lassen. Laut CDU-Fraktionschef Christian Baldauf herrscht "Frust statt Frohsinn" bei den Fastnachtern. Überall im Land seien Umzüge reihenweise abgesagt worden. In dieses Problem sei die Landesregierung "sehenden Auges hineingeschlittert", behauptete Baldauf unter dem Beifall seiner Fraktion.

Der CDU-Fraktionschef fordert unter anderem einen Hilfsfonds, der Fastnachtsvereinen und Kommunen die Finanzierung von erhöhten Sicherheitsauflagen ermöglichen soll. Baldauf warf Innenminister Michael Ebling (SPD) vor, nur eine Gesprächsrunde mit Fastnachtsvereinen organisiert zu haben: "Aber ein wirkliches Ergebnis gab es nicht."

Bätzing-Lichtenthäler: CDU zeichnet Zerrbild

Die SPD-Fraktionsvorsitzende Sabine Bätzing-Lichtenthäler hielt dagegen: Vielen Kommunen und Vereinen in Rheinland-Pfalz gelinge es auch in dieser Session, tolle Fastnachtsumzüge zu organisieren. Es gebe eine lange Liste von mehr als 100, etwa in Traben-Trarbach, Koblenz oder Höhr-Grenzhausen. Aber natürlich schmerze jede Absage. "Das ist ein Zerrbild, das hier gezeichnet wird, das stimmt einfach nicht", warf sie Baldauf vor.

Sie stellte zudem klar, dass die konkreten Sicherheitsauflagen vor Ort eine Sache der Kommune und nicht vom Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (POG) des Landes vorgegeben seien. "Fastnacht gehört zur rheinland-pfälzischen Identität - aber Safety First", so Bätzing-Lichtenthäler.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, Carl-Bernhard von Heusinger, ergänzte, dass die Veranstalter auch früher für die Sicherheit verantwortlich gewesen seien. Das sei nicht neu. Es gebe dafür aber jetzt einen gesetzlichen Rahmen.

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Innenminister Ebling - aktiver Fastnachter - ging in die von seiner Fraktion umjubelte Offensive: "Die Schwarzredner sitzen auf der Oppositionsbank", rief er in den Saal. Es fänden annähernd 150 Umzüge und wunderbare Feiern im Land statt, die erwähne die Opposition nicht. "Sie schauen nur dahin, wo es leider zu Absagen gekommen ist", so Ebling. Mit dem Liedrefrain "Ui-jui-jui-au-au-au" der Mainzer Bänkelsänger reagierten Abgeordnete der Regierungsfraktionen auf Eblings Vortrag.

Der Innenminister vertrat die Haltung: Wenn Menschen zu Veranstaltungen eingeladen werden, müssten die Veranstalter auch für deren Sicherheit sorgen. Im diskutierten Gesetz stünden für Großveranstaltungen angemessene Konzepte, die weiterhin notwendig seien. Er spiele gerne weiter "im Team Frohsinn - so Ebling, aber nicht "beim 1.FC Leichtsinn" der Opposition.

Streit: Ich stehe hier als Exprinz

"Es ist klar, wo mein Herz schlägt", erklärte Joachim Streit, Fraktionschef der Freien Wähler und ehemaliger Karnevalsprinz. Seine Forderung: "Es geht nicht um Sicherheit über alles, sondern um angemessene Sicherheit bei Veranstaltungen." Die Politik könne nicht jeden Punkt der Sicherheit vorher regeln, das Leben bestehe aus Unsicherheit. Die Vorgaben an die Karnevalisten bezeichnete er als "völlig überzogen".

Der stellvertretende Landtagspräsident Matthias Lammert (CDU) begrüßte eine Abordnung des Koblenzer Karnevals - samt Prinz und Confluentia - auf der Zuschauertribüne: "Normal hätten wir uns erheben müssen, aber wir sind jetzt hier nicht in der Karnevalssitzung."

Fernis: Problem liegt bei den Kommunen

Das Polizei und Ordnungsbehördengesetz beinhalte keine wesentliche Änderung der Rechtslage, hielt Philipp Fernis der Opposition entgegen. Auch der FDP-Fraktionschef verwies darauf, dass die Veranstalter schon immer für Sicherheit verantwortlich waren. Das Problem liege bei den Kommunen und wie sie die gesetzlichen Vorgaben umsetzten. Der Opposition warf er vor, dies "zu einem landespolitischen Problem" zu machen. Unter großem Beifall sagte Fernis: Wenn etwas passiere, schaue die Opposition ständig, wen sie dafür verantwortlich machen könne.

Bollinger: "Absagen harter Schlag für Fastnachter"

Wegen der Sicherheitsauflagen und der hohen Kosten steht "der Karneval in Rheinland-Pfalz dieses Jahr unter keinem guten Stern", orakelte Jan Bollinger. Der stellvertretende AfD-Fraktionsvorsitzende forderte die Landesregierung auf, das Gesetz schnellstmöglich zu überarbeiten und die zusätzlich anfallenden Sicherheitskosten der Fastnachter zu übernehmen.

Lustige Episode am Rande: Bollinger warf der CDU vor, die Idee, über die Probleme der Fastnachter im Landtag zu debattierten, von der AfD geklaut zu haben. Das hatte schon einen Hauch von Büttenrede.

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