Lukas Henrich und seine Familie sind Landwirte in Steinfeld (Kreis Südliche Weinstraße). Sie bauen auf 200 Hektar Mais an, Zuckerrüben, Weizen, auch Wein. Das passiert teilweise auf gepachtetem Land - das die Familie Henrich aber nicht mehr lange nutzen kann. Grund ist eine so genannte Freiflächen-Photovoltaikanlage (PV):
Im Gemeinderat von Oberotterbach, dem Nachbarort von Steinfeld, sei lange über das Für und Wider einer Freiflächen-PV diskutiert worden, sagt Ortsbürgermeister Heinz Oerther (FWG). Nun könnte die Anlage 2026 gebaut und ans Netz gebracht werden. Zuständig ist ein Projektentwickler aus Alzey, hinter dem die Mainzer Stadtwerke und die Energieversorger Pfalzwerke und EWR stehen.
Es ist ein umstrittenes Thema, das in den kommunalen Verwaltungen in Rheinland-Pfalz gerade besonders oft auf den Schreibtischen landet: Freiflächen-Photovoltaikanlagen (PV), die meist auf Feldern örtlicher Landwirte errichtet werden sollen. Das fordert die Gemeinden heraus - auch in der Westpfalz.
Kritik von Landwirten Kommunen in RLP wollen Freiflächen-Photovoltaik besser steuern
Viele Photovoltaik-Investoren fragen derzeit Gemeinden in RLP wegen Flächen an. Derweil spüren Landwirte in der Pfalz schon die Konsequenzen des Booms.
Landwirtschaft fordert: Photovoltaik erstmal auf Dächer
Beim Thema Freiflächen-PV wird von vielen Seiten an den Gemeinden im Land gezerrt. Projektentwickler klopfen an. Die Gemeinden selbst können am Betrieb einer solchen Anlage finanziell beteiligt werden - das ist gut für die oft klammen kommunalen Haushalte.
Für die Energiewende braucht es mehr PV-Anlagen: Ein Teil der Landwirtschaft will das auf landwirtschaftlichen Flächen unbedingt verhindern - Solar-Befürworter fordern einen schnelleren Ausbau.
"Die Konkurrenz durch Freiflächen-PV ist eines der drängendsten Probleme unserer Mitglieder", heißt es beim Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd. Der Verband fordert, erstmal Dächer und versiegelte Flächen wie Parkplätze für die Energiewende zu nutzen. Wenn PV, dann bitte auf Standorten, die wenig Ertrag bringen.
Solar-Befürworter Wolfgang Thiel von der "Initiative Südpfalz-Energie" kennt die Argumente der Bauern und Winzer und sagt: "Wir möchten eine gemeinsame Lösung finden, um den Energiebedarf zu decken, ohne dass Landwirte einen Schaden davon haben."
Er fordert, dass finanzielle Schäden, die den Landwirten bei der Energiewende entstehen, ausgeglichen werden. Dazu brauche es eine EU-weite Regelung. Außerdem rechnet Thiel vor: Eine Photovoltaik-Anlage erzeugt auf einem Hektar Land 44-mal mehr Energie als Mais, mit dem in einer Biogasanlage Strom erzeugt wird.
Agri-Photovoltaik an der Südlichen Weinstraße - Lösung mit Modellcharakter?
Für das Problem "Landwirtschaft oder Energiewende" hat ein Biolandwirt in der Südpfalz seine ganz eigene Lösung gefunden: Agri-PV. Also Solarmodule über Gemüsefeldern. So etwas hat Ralf Gensheimer zusammen mit einem Geschäftspartner in Offenbach (Kreis Südliche Weinstraße) gebaut. Der Bauer sagt: "Ich wollte kein Land verlieren."
Bei der Agri-PV-Anlage in der Südpfalz wurden zwei Hektar Feld mit Solarmodulen überdacht. "Darunter bauen wir hitzeempfindliche Sorten an wie Kohl, Fenchel und Spinat", erklärt Gensheimer. Durch den Schatten könnten diese Pflanzen im Sommer gut wachsen - wahrscheinlich sogar besser. Die Besonderheit: Regenwasser wird aufgefangen und in großen Tanks gelagert - zur Bewässerung.
Obwohl fast fertig, ist die rund eine Million Euro teure Agri-Photovoltaik-Anlage noch nicht am Netz. "Ich war vielleicht zu euphorisch", sagt Bio-Landwirt Ralf Gensheimer. Die Gemeinde Offenbach an der Queich stand direkt hinter dem Projekt, erzählt der Landwirt.
Doch noch fehlt die baurechtliche Genehmigung des zuständigen Kreises Südliche Weinstraße, der sich zum ersten Mal überhaupt mit einer Agri-PV-Anlage beschäftigen muss. Immerhin: durch das Mitte April beschlossene Solarpaket der Bundesregierung kann Gensheimer nun mit einem Strompreis rechnen, mit dem er die Anlage gut betreiben könnte.