Als Gerhard Frey aus Asbach an einem Januarmorgen auf seine Weide am Ortsrand kam, traf ihn fast der Schlag. Neun Schafe waren tot. "Der Anblick war schon schlimm", erzählt der Hobby-Tierhalter dem SWR und zeigt auf ein Foto. "Vor allen Dingen hier dieses Muttertier, was so aufgerissen war. Was die Tiere für eine Gewalt gehabt haben müssen, so ein Fell aufzureißen."
Seine Herde war von einem oder mehreren Wölfen angegriffen worden, nicht weit von seinem Haus. Insgesamt gab es in Rheinland-Pfalz seit Anfang 2021 fast 60 Angriffe, bei denen mehr als 120 Nutztiere getötet wurden, die meisten davon im Westerwald. Beim Bürgermeister der Verbandsgemeinde Asbach, Michael Christ (CDU), gehen immer mehr Beschwerden von Landwirten ein, aber auch von besorgten Bürgern. Alle sind überrascht, dass die Wölfe offenbar so nah an die Wohnhäuser kommen.
Gemeinderat Asbach will Wolf 1896 loswerden
Der Gemeinderat hat eine Resolution verabschiedet und an die Landesregierung geschickt. Man hat nämlich herausgefunden, dass vor allem ein Wolf für die Angriffe verantwortlich ist. Wolf 1896! Von 23 toten Tieren in diesem Jahr gehen 20 auf sein Konto, bestätigt die rheinland-pfälzische Landesregierung. Der Gemeinderat Asbach fordert, dass der Wolf abgeschossen oder umgesiedelt wird.
Doch das Umweltministerium hält das für verfrüht. Noch seien nicht alle Präventionsmaßnahmen ausgeschöpft. Zum Beispiel sollen die Tierhalter geeignete Elektroschutzzäune aufstellen.
Rinderhalter im Westerwald sieht Zäune kritisch
Doch manche Viehhalter sehen diese Schutzmaßnahmen für ihre Tiere kritisch. Hans-Peter Hallerbach, der Bio-Rinder im Westerwald hält, erklärt, seine Weiden lägen teils in unwegsamem Gelände, wo solche Zäune gar nicht aufgestellt werden könnten. Und auch aus Naturschutzgründen hat er ein Problem mit den Elektrozäunen. "Wir würden ja den Lebensraum der anderen wild lebenden Tiere auch abschneiden. Das geht nicht. Das sind ja Tiere, die schon seit Jahrhunderten hier laufen und das würde man auch mit kaputtmachen."
Wölfe in ganz Europa vom Aussterben bedroht
Der Wolf zählt zu den gefährdeten Tierarten in Europa und ist streng geschützt, um sein Überleben zu sichern. Aber welchen Nutzen haben Wölfe überhaupt für die Natur und das Ökosystem?
Das sei weniger eine biologische als eine ethische Frage, sagt die Wolf-Expertin des Naturschutzbundes Deutschland, Marie Neuwald. "Der Wolf gehört einfach grundsätzlich in unser Ökosystem. Und haben wir das Recht ein Tier, das von allein wieder in unseren Lebensraum gekommen ist, auszurotten?" Generell könnte der Wolf aber helfen, den Wildbestand in Schach zu halten, der ja auf einem historischen Hoch sei, erklärt Neuwald. Ob das dann auch dem Wald nutze, weil weniger Baumschößlinge abgefressen würden, dazu gebe es bisher aber keine Daten.
Wolfsforum im Norden von RLP
Wie Mensch und Wolf besser zusammenleben können, damit hat sich auch die Fachtagung "Wolf und Weidetierhaltung" des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau (BWV) am Donnerstag in Koblenz befasst. Dabei haben viele Tierhalter nochmal bekräftigt, dass Zäune allein als Schutz nicht ausreichen. Stattdessen sei es endlich an der Zeit, die Wolfspopulation in Rheinland-Pfalz durch Bejagung zu regulieren.
Dafür sprach sich auch ein Experte aus Brandenburg aus. Dort gibt es derzeit die meisten Wölfe in Deutschland. Der Experte sagte, es sei an der Zeit festzulegen, wie viele Wölfe in Deutschland leben könnten. Vertreter des Landes hingegen hatten erneut dafür geworben, dass die Tierhalter ihre Weidetiere mit Zäunen oder Herdenschutzhunden schützen sollen.
GPS-Sender für den Wolf im Westerwald?
Das rheinland-pfälzische Umweltministerium will den "Problem-Wolf" im Westerwald zunächst mit einem GPS-Sender ausstatten, um seinen Weg verfolgen zu können und Tierhalter gezielt zu warnen. Und Hobby-Schäfer Gerhard Frey hat seine Schafherde mit einem Elektrozaun geschützt.