Neubaugebiet im Ahrtal

FAQ zu Versicherungen bei Elementarschäden

Forderungen aus dem Ahrtal: Müssen sich Hauseigentümer bald gegen Hochwasser versichern?

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Johannes Baumert

Fast drei Jahre ist die Flut im Ahrtal her. Nach erneuten Unwettern kommt nun wieder die Frage nach einer Pflichtversicherung auf. Die Ahrweiler Landrätin ist dafür.

Zerstörte Straßen, Brücken und Häuser: Die Bilder der Ahr-Flut vor knapp drei Jahren sind noch immer präsent. Rund 9.000 Häuser wurden damals zerstört. Fast jedes fünfte Haus im Kreis Ahrweiler war betroffen. Etwa 60 Prozent der Häuser im Ahrtal sind inzwischen gegen Schäden wie Hochwasser oder Erdbeben versichert. Den Ländern reicht das aber nicht, sie fordern eine Pflichtversicherung. Bei einem Treffen zwischen Bund und Ländern ging es am Donnerstag erneut um das Thema. Eine Einigung gab es nicht.

Worum geht es in der Debatte, um eine Pflicht zur Elementarschadenversicherung?

Es geht um die Frage, ob sich Hauseigentümer in Zukunft gegen Elementarschäden versichern müssen. Eine solche Versicherung deckt Schäden ab, die durch Naturgewalt entstanden sind. Das können beispielsweise Überschwemmungen sein, wie sie an Rhein, Mosel und Ahr häufig vorkommen. Aber auch Schäden, die durch Erdbeben, Erdrutsche oder Schnee entstehen, können über eine solche Versicherung abgedeckt sein.

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Nach Angaben des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) sind deutschlandweit 54 Prozent der Häuser gegen Elementarschäden versichert. In Rheinland-Pfalz liegt der Anteil demnach bei etwa 46 Prozent.

Was denkt man im Ahrtal über eine solche Pflicht?

Die Landrätin des Kreises Ahrweiler, Cornelia Weigand (parteilos), hat sich gegenüber dem SWR für eine verpflichtende Elementarschadenversicherung ausgesprochen. "Die Risiken steigen, auch bei uns", sagte sie in Ahrweiler.

"Nur weil wir krankenversichert sind, hören wir ja nicht auf was Gesundes zu essen, uns zu bewegen oder die Zähne zu putzen."

Dass Menschen gerade dann in gefährdeten Gebieten ihre Häuser bauen, glaube sie nicht. "Nur weil wir krankenversichert sind, hören wir ja nicht auf was Gesundes zu essen, uns zu bewegen oder die Zähne zu putzen." Das gelte auch für eine mögliche Pflichtversicherung gegen Schäden durch Sturm oder Hochwasser. Allerdings müsse eine solche Versicherung für Hauseigentümer auch bezahlbar bleiben. Weigand schlägt deshalb vor, auch Verursacher des Klimawandels, wie beispielsweise Industrie-Unternehmen in die Pflicht zu nehmen.

Wie steht die Politik zu einer Elementarschadenversicherung?

Bereits im März 2023 hatten sich die Länder für eine Versicherungspflicht ausgesprochen. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sagte, eine solche Pflicht trage dazu bei, die Folgekosten von Katastrophen solidarisch zu verteilen. Vergangene Woche hatte der Bundesrat die Bundesregierung dann erneut aufgefordert, eine solche Pflicht anzugehen. In der Begründung heißt es, dass mit einer Pflichtversicherung auch der Staat und die Steuerzahler entlastet werden sollen.

Die rheinland-pfälzische Umweltministerin Katrin Eder (Grüne) sagte Anfang des Monats, es müssten nun Vorschläge auf den Tisch. Im Ahrtal etwa habe sich gezeigt, dass einige Menschen gar keine solche Versicherung bekämen oder die Preise dafür durch die Decke gingen.

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Im Bund ist in der Ampelkoalition die Forderung nach einer Pflichtversicherung für Elementarschäden aber umstritten. Vor allem Politiker der FDP haben sich dazu skeptisch geäußert.

Was spricht gegen eine Versicherungspflicht?

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) äußert sich skeptisch zu einer Pflichtversicherung für Elementarschäden. Anja Käfer-Rohrbach, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des GDV sagte im Ahrtal: "Eine Pflichtversicherung löst kein einziges Problem, sie verhindert keinen Schaden." Sie warnt vor höheren Kosten. Denn mit den Folgen des Klimawandels nehme die Zahl der Schäden zu. In zehn bis 15 Jahren könnten sich so die Kosten für eine Versicherung verdoppeln.

Die Versicherer fordern deshalb einen besseren Hochwasserschutz und eine bessere Anpassung an die Klimafolgen. Konkret fordern sie beispielsweise Flächen zu entsiegeln, damit Wasser versickern kann und den Baustopp von Neubauten in Überschwemmungsgebieten.

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Welche Möglichkeiten gibt es noch?

Statt einer Pflichtversicherung schlägt der GDV eine andere Lösung vor: Wer bisher eine Gebäudeversicherung abschließt, ist meist nicht automatisch auch gegen Schäden durch Regen oder Überschwemmungen versichert. In der Regel muss eine solche Elementarversicherung gesondert gebucht werden. Bei dem neuen Modell könnten solche Schäden aber in der normalen Gebäudeversicherung mit drin sein. Hausbesitzer müssten die Versicherung dann aktiv abwählen.

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"Wir rechnen damit, dass wir so die Versicherungsdichte erhöhen können", so die stellvertretende GDV-Hauptgeschäftsführerin Käfer-Rohrbach. Auch bei dieser sogenannte Opt-Out-Lösung brauche es aber bessere Prävention, beispielsweise vor Schäden durch Hochwasser, so der GDV.

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